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1597 - Abschied von der Unsterblichkei

Titel: 1597 - Abschied von der Unsterblichkei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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keinen Ärger ertragen. Um seinen Frieden zu haben, kam er nach spätestens einer Stunde angekrochen und bat sie um Verzeihung, wo nichts zu verzeihen war. Für ein einziges unbedachtes Wort zum Beispiel. Noch schlimmer war das dort, wo er als Touristenberater in einem großen Reiseunternehmen am Rand des Parks arbeitete. Er litt unter dem ständigen Konkurrenzkampf, und schon manchmal hatte er kündigen wollen.
    Noro hatte ihn dann immer wieder aufgerichtet, ihm neuen Mut gemacht, ihn zurück in den täglichen Kampf geschickt.
    Als er wirklich am Ende gewesen war und nur noch von Drogen lebte, hatte sie ihn dazu gebracht, diesen Psychologen aufzusuchen. Eine Freundin hatte ihn ihr empfohlen und ihr gesagt, daß er keiner von der Sorte war, die gerade gängige Theorien herunterbeteten und ihre Patienten in erster Linie als Versuchskaninchen betrachteten.
    Kurzzeitig hatte er Jeth auch geholfen. Jeths Zustand konnte er mit anderen, angeblich besseren Medikamenten kurzfristig bessern. Antworten auf die Probleme, die in Jeths Seele verborgen lagen, hatte er nicht.
    Und so ging es weiter mit Jeth. Er hatte in Grenzen gelernt, mit sich und seinen Schwierigkeiten besser umzugehen, und eigentlich waren er und Noro wirklich glücklich. Sie nahm ihn, wie er war, und er hatte in ihr einen Anker in der stürmischen See seiner Gefühle.
    Und nun knallte etwas in ihn hinein, das Noro verzweifeln ließ.
    Das Seltsame war dabei, daß es noch andere Marsbewohner traf.
    Der Schrei, den Noro beim Verlassen des Parks gehört hatte, war tatsächlich der Todesschrei eines Marsianers gewesen, der seine Qualen nicht mehr ertragen konnte und seinem Leben lieber ein schnelles Ende gesetzt hatte, als sie weiter auszuhalten.
    Und es geschah überall.
    Marsianer brachen wie vom Blitz getroffen zusammen und blieben zuckend am Boden liegen, wo auch immer es sie gerade erwischt hatte - auf den Straßen, in Parks, in ihren Wohnungen oder bei der Arbeit.
    Es dauerte unterschiedlich lange, bis sie wieder auf die Beine kamen. Wer gerade in ihrer Nähe war, der hörte sie etwas von einem Loch flüstern, einem Nichts, in das alles hineinstürzte, einem alles verschlingenden Moloch ...
    Und dazu kamen Depressionen, so schrecklich wie die, die der Mann gehabt hatte, der sich lieber umbrachte, als sie weiterhin auszuhalten.
    Es waren, so hatte sich einer der Betroffenen in einer Marskom-Sendung geäußert, Gefühle wie vom Ende der Zeit und allen Lebens, wo nur noch grenzenlose Leere und Einsamkeit im Universum herrschten.
    Es war das absolute Alleinsein, in dem es nicht einmal mehr ein Medium gab, in das man seine Verzweiflung und seinen Schmerz hinausschreien konnte.
    Als Noro dies hörte - Jeth schlief noch nach seiner unruhigen Nacht -, kam ihr das auf eine makabre Weise irgendwie vertraut vor, so als hätte sie es selbst erlebt. Aber das hatte sie nicht.
    Die kurze Depression im Park, ja. Aber das war für sie noch lange nicht so dramatisch gewesen.
    Jetzt wachte Jeth auf und stieg aus dem Bett, und das lenkte sie für den Augenblick von ihren bangen Fragen ab.
    Er hatte keinen Appetit. Nur durch ihr Zureden brachte sie ihn dazu, einige Happen zu essen. Der Erfolg war, daß er keine drei Minuten später in die Hygienezelle rannte und es wieder von sich gab.
    Jeth rief das Touristikbüro an und meldete sich für diesen Tag krank. „Sieht so aus, als wäre ich nicht der einzige", sagte er, als er zum Tisch zurückkehrte. „Grogh hat sich jedenfalls so angehört, als wüßte er schon im voraus, was ich ihm mitzuteilen hatte."
    Grogh war der Leiter des Büros.
    Ist das so verwunderlich? dachte Noro.
    Sie sah ihren Gefährten an, das eingefallene, graue Gesicht mit den erschreckend leeren Augen, und wurde selbst von einer tiefen Traurigkeit ergriffen. Sie fühlte sich ausgelaugt, kraftlos, ohne Antrieb und Ziel. Der Tag lag vor ihnen. Was sollten sie damit anfangen? Was lohnte sich überhaupt zu tun? „Wir müssen raus", sagte sie heftig und schüttelte dabei den Kopf, daß ihre langen schwarzen Haare flogen. „In die frische Luft, unter Leute, Jeth. Sonst werden wir verrückt!"
    Er starrte sie entsetzt an. „Hinaus?" fragte er. „Unter andere Leute? Was glaubst du, warum ich Grogh angerufen habe?
    Ich will allein sein. Ich ... muß allein sein. Hier bin ich sicher und geschützt. Draußen lauern sie alle nur darauf, daß es mir wieder passiert. Und dann ..."
    „Alle haben dieselben Probleme, Jeth!" fuhr sie ihn an. Im nächsten Moment bereute sie

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