16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren
mir zu sagen.“
„Aber du wirst nicht davon sprechen?“
„Kein Wort! Mein Mund wird sein ein Buch mit sieben Siegeln, in welchem nicht geblättert werden kann, und wie eine eiserne Truhe, zu welcher der Schlüssel abhanden gekommen ist.“
„Das rate ich dir auch an. Und nun beeile dich!“
„Ich werde fliegen, wie der Gedanke des Gehirns, welcher in einer Sekunde um die Erde läuft!“
Er wendete sich um und schritt würdevoll und gemessenen Schrittes zur Tür hinaus.
„Das ist noch niemals dagewesen“, sagte der Wirt. „Kein Mensch wird allen Männern des Dorfes zu trinken geben, ein Fremder aber gar nicht. Herr, man wird euch rühmen lange Jahre hindurch und eurer Namen gedenken lebenslang!“
„Wie viel wird das Bier kosten?“
„Fünfzig Piaster.“
Das waren zehn Mark.
„Und wie viele Männer werden kommen?“
„Vielleicht gegen zwanzig.“
„Und was kostet hier ein fetter Hammel?“
„O, der ist hier weit billiger als in Stambul oder Edreneh, woher du kommst. Du hast nur fünfzehn Piaster zu zahlen.“
„So kannst du den Leuten sagen, daß sie sich, wenn sie tapfer sind, zwei Hammel draußen in deinem Hof am Spieße braten dürfen.“
„Herr, du rufst den Segen des Dorfes auf dein Haupt herab! Die Leute werden – – –“
„Schon gut!“ unterbrach ich ihn. „Du selbst hast fette Hammel; so suche zwei aus und sorge dafür, daß auch wir eine tüchtige Abendmahlzeit erhalten.“
„Du sollst mit mir zufrieden sein. Ich werde für euch sorgen, als ob der Kalif selbst bei mir zu Gast sei!“
Er eilte hinaus.
„Jetzt hat er gute Laune!“ lachte Osco.
„Ja, aber dieser Frohsinn gefällt mir nicht. Er scheint nicht im mindesten mehr um das Leben und um das Wohl seiner streitbaren Männer besorgt zu sein. Das kommt mir verdächtig vor. Er wird irgend eine Vorkehrung getroffen haben, welche ihm Sicherheit gewährt, daß ihnen nichts geschehen kann.“
„Er wird uns doch keinen Schaden machen!“
„Das ist unmöglich. Er vertreibt unsere Feinde. Das ist das Einzige, was er fertig bringen wird.“
Es dauerte lange, sehr lange, bis der erste der streitbaren Helden anlangte. Als dieser endlich ankam, machte der Wirt die Tür zu der Vorderstube auf und meldete:
„Effendi, sie beginnen bereits zu kommen. Soll ich schon Arpa suju geben?“
„Nein. Erst mögen sie zeigen, daß sie tapfer sind.“
Nach und nach kamen noch andere. Jeder trat an die Verbindungstür, welche offen war, machte uns eine Verneigung und betrachtete uns mit neugierigem Blick.
Aber in diesen Blicken spiegelte sich noch etwas anderes als bloße Neugierde oder die Freude über den Schmaus, der ihrer wartete. Es waren so pfiffige Augen! Diese Leute hatten irgend ein Geheimnis, welches ihnen Vergnügen machte. Bewaffnet waren sie alle: mit Flinten, Pistolen, Säbeln, Beilen, Messern, Sicheln und sonstigen Werkzeugen.
Später hörten wir ein lautes Hallo dieser Kriegerschar. Wir sahen den Polizeiwächter eintreten und hinter ihm mehrere Männer. Auch sie waren bewaffnet, doch trug jeder außerdem noch ein musikalisches Instrument bei sich.
Er kam stramm und in würdevoller Haltung zu uns hereingeschritten, die andern folgten ihm.
„Herr“, meldete er, „die Krieger sind versammelt und harren eurer Befehle.“
„Gut! Was bringst du denn da für Leute?“
„Das sind die Tschalgydschylar (Musikanten), welche erst die Tschenk makami (Kriegsmusik) und dann die Makam er raks en nagmeh (Musik des Tanzes und des Gesanges) machen werden. Dadurch werden die Truppen zur höchsten Tapferkeit begeistert werden.“
„Ah, ihr wollt mit Musik gegen die Feinde ziehen?“
„Natürlich! Es ist das so Gebrauch in jedem Heer. Beim Sturm wird trompetet.“
Das war wunderbar lustig. Die vier Räuber sollten still umzingelt und gefangen werden, und dieser Wächter der Polizei wollte mit Musik gegen sie ziehen. Da er aber vom Sturm, von Kriegsmusik sprach, mußte er den Kriegern bereits gesagt haben, um was es sich handle. Er hatte also mein Gebot übertreten, doch sagte ich jetzt nichts dazu. Er ließ mich auch gar nicht zu Wort kommen, denn er faßte den einen, der ein trommelähnliches Ding vorgeschnallt und zwei Stöcke in den Händen hatte, bei der Brust, schwenkte ihn vor mich hin und erklärte:
„Dieser schlägt die Dawul (Trommel). Er ist Meister dieses Instrumentes.“
Ihn fortschiebend, zog er einen zweiten herbei, welcher einen Reifen trug, über welchen ein Fell gespannt war.
„Dieser klappert
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