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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tust, als ob du unverletzlich seiest und tausend Schuts nicht zu fürchten hättest.“
    „Das ist auch der Fall“, antwortete ich, indem ich mit der Hand auf das Knie schlug, daß es klatschte. „Wir sind nur vier Männer. Wir haben eine Abrechnung mit dem Schut zu halten. Er und seine Verbündeten müssen uns fürchten, nicht aber wir sie. Ich blase alle diese Kerle mit einem Hauch von meiner Hand herunter in den Staub!“
    Dabei blies ich über meine emporgehobene flache Hand. Es fiel mir gar nicht ein, zu bramarbasieren oder den Maulhelden zu spielen. Indem ich mich so ungeheuer in Kraft warf, verfolgte ich eine bestimmte psychologische Absicht. Ich wollte den Kleinen in Wut bringen, damit er seine Selbstbeherrschung verlöre und sich durchschauen ließe. Aber das Bürschlein zeigte sich mir überlegen. Er blinzelte mich lustig an und meinte:
    „So blase immer zu, bis du selbst fortgeblasen bist. Ich bin dein Freund. Du hast den armen Schneider freundlich aufgenommen und bewirtet. Dafür bin ich dir dankbar und möchte dich vor Üblem bewahren; daher warnte ich dich. Du aber hörst nicht auf mich und bist also nicht zu retten. Du bist hier fremd; ich aber kenne das Land ganz anders als du. Ich habe versprochen, dich nach Kakandelen zu bringen; aber ich bin nun überzeugt, daß du diese Stadt nie in deinem Leben sehen wirst, denn dein Leben ist viel zu kurz zu dieser Reise.“
    „In zwei oder höchstens drei Tagen bin ich dort.“
    „Nein, sondern du bist in der Stadt der Toten!“
    „Das weißt du so bestimmt? Fast klingt es, als ob du mit dem Schut ganz außerordentlich vertraut seist!“
    „Das ist nicht dein Ernst. Ich sage nur so, weil ich aus ähnlichen Beispielen ersehen habe, daß der Schut nicht mit sich scherzen läßt.“
    „O, ich werde mit dem Schwager Deselims keinen Spaß machen!“
    „Herr, wer hat dir das verraten?“ rief er hastig.
    Jetzt hatte ich ihn gefaßt – trotz seiner ungemeinen Schlauheit und großen Verstellungskunst. Er kannte Deselim und wußte, daß dieser der Schwager des Schut war; er hatte sich verraten. Aber ich ließ mir nichts merken, denn sobald er wußte, daß ich ihn durchschaue, konnte ich keinen Nutzen mehr aus ihm ziehen.
    „Er selbst hat es mir gesagt“, antwortete ich.
    Es traf mich ein funkelnder Blick, der aber gedankenschnell an mir vorüberglitt. Das war ein Blick des Hasses gewesen. Er wußte, daß Deselim durch mich den Hals gebrochen hatte. Das hatte ich diesem Blick angemerkt. Dieser kleine, höfliche, untertänige Mensch war mein Todfeind.
    „So war das sehr unvorsichtig von ihm“, bemerkte er freundlich. „Aber weiß denn Deselim, was sein Schwager treibt – und daß derselbe der Schut ist?“
    Ah, er hatte seinen Fehler erkannt und versuchte nun, denselben gutzumachen, indem er eine kindliche Unbefangenheit heuchelte.
    „Natürlich weiß er es, sonst hätte er es mir nicht gesagt“, erwiderte ich.
    „Wie hast du es ihm denn entlockt?“
    „Durch List.“
    „Bei Allah, du bist ein höchst gefährlicher Mensch! Wäre ich der Schut, so müßtest du augenblicklich sterben; da ich aber nur ein armer Schneider und ein ehrlicher Mensch bin, so freue ich mich, daß es auch kluge Leute gibt, welche imstande sind, die Bösen zu überlisten. Aber wenn du das weißt, so ist es ein höchst gefährliches Geheimnis für dich. Der Schut muß dich ja töten lassen, um dasselbe für sich zu retten.“
    „Pah! Ich habe schon öfters getötet werden sollen in der letzten Woche. Erst gestern wieder zweimal, vorgestern auch und ehegestern ebenso. Heute will mich der Miridit mit gehacktem Blei erschießen oder mit dem Beil erschlagen!“
    „Wie konntest du nur wagen, ihm nachzureiten?“
    „Ich bin noch ganz anderen Burschen nachgeritten!“
    „Wenn er sich umdrehte, wärst du verloren!“
    „Nein, er!“
    „Denke das nicht! Er ist ein Miridit, ein Tapferer!“
    „Und was ich bin, wirst du heute sehen. Als ich ihm folgte, hatte ich ihn stets vor mir. Konnte ich ihm da nicht in jedem mir beliebigen Augenblick eine Kugel geben? War er in meiner Gewalt oder ich in der seinigen?“
    „Du hattest ihn diesmal in der Hand, wenn du nämlich ein guter Schütze bist; aber wenn ihr euch heute wiederseht, so bist du in seiner Gewalt.“
    „Das glaube ich nicht.“
    „O gewiß! Er lauert dir auf und wird auf dich schießen, wann und wo und wie es ihm beliebt, ohne daß du es ahnst. Du wirst ihn gar nicht sehen und eine Leiche sein.“
    „Und ich sage dir:

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