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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dieses Oberhaupt uns erblickte, erhob er den Arm, deutete auf uns und rief:
    „Ergreift sie! Haltet sie fest! Sie sind die Brandstifter!“
    Ich war über diese Frechheit mehr erstaunt als erzürnt. Der Mensch besaß eine geradezu verblüffende Unverschämtheit. Die Anwesenden, welche alle wußten, wie ich ihm heute mitgespielt hatte, beeilten sich natürlich gar nicht, seinen Befehl auszuführen.
    „Habt ihr's gehört?“ fuhr er sie an. „Ergreifen sollt ihr die Brandstifter!“
    Da geschah etwas, dessen er sich wohl schwerlich versehen hatte. Der kleine Halef trat nämlich auf ihn zu und fragte:
    „Ne mi iz sewgülüm – was sind wir, mein Liebling?“
    „Harakadsc hilarsiz – Brandstifter seid ihr“, antwortete er.
    „Du irrst, Kodscha Bascha. Wir sind etwas ganz anderes. Wir sind Gerber, und um dir das anschaulich zu machen, werden wir dir jetzt ein wenig das Fell gerben, nicht das ganze Fell, denn dazu haben wir keine Zeit, sondern nur denjenigen Teil, über dessen Festigkeit du dich dann königlich freuen wirst, da du ihn zum Sitzen brauchst. Osco, Omar, kommt herbei!“
    Die beiden Genannten ließen sich das nicht zweimal sagen. Zwar warfen sie zunächst einen fragenden Blick auf mich, um zu erfahren, wie ich mich zu der Absicht des streitbaren Kleinen verhalten werde; aber da ich weder dafür noch dagegen sprach, sondern mich ganz neutral verhielt, so packten sie den alten Wackelkopf mit kräftigen Armen und legten ihn auf den Boden nieder.
    Er merkte, was da vorgehen solle, und erhob ein angstvolles Geschrei.
    „Allah, Allah!“ rief er. „Was wollt ihr tun? Wollt ihr euch an der göttlichen und menschlichen Obrigkeit vergreifen? Allah wird euch vernichten, und der Padischah wird euch in alle seine Kerker stecken. Man wird euch die Köpfe abschlagen und dann eure Leiber an den Toren aller Städte und Dörfer aushängen.“
    „Schweig!“ befahl ihm Halef. „Der Prophet hat seinen Anhängern geboten, jedes Schicksal geduldig hinzunehmen, weil es im Buch des Lebens verzeichnet steht. Gestern habe ich darin gelesen, daß du Hiebe bekommen sollst, und weil ich ein gläubiger Sohn des Propheten bin, so werde ich dafür sorgen, daß dieses schöne Kismet an dir in Erfüllung geht. Legt ihn auf den Bauch, wenn er überhaupt einen hat, und haltet ihn fest!“
    Osco und Omar befolgten pünktlich diesen Befehl. Zwar wendete der Kodscha Bascha seine ganze Kraft auf, um sich seinem Verhängnis zu widersetzen, aber die beiden kräftigen Männer waren ihm jedoch so überlegen, daß sein Widerstand ihm ebensowenig nützte wie sein fortgesetztes Geschrei.
    Gern gestehe ich, daß ich der Sache nicht gar sehr sympathisch gegenüberstand. Prügel auszuteilen, ist nichts Ästhetisches; auch waren wir hier fremd und konnten nicht wissen, wie die anwesenden Einheimischen sich dazu verhalten würden. Es waren ihrer viele da, und es kamen immer mehr. Aber dieses unwürdige Oberhaupt hatte sich überhaupt sehr feindselig gegen uns verhalten; sein Handeln war ungesetzlich gewesen, und nun gar seine Beschuldigung, daß wir die Brandstifter seien, war eine so freche, daß ihm ein Denkzettel gar nichts schaden konnte. Vielleicht wirkten die Hiebe dahin, daß er später ein besserer Ausleger der Paragraphen des Gesetzes wurde.
    Was die Leute betraf, welche sich neugierig herbeidrängten und einen Kreis um uns schlossen, so fürchtete ich sie nicht. Der Kodscha Bascha hatte wahrscheinlich keinen Freund, der sich für ihn hätte opfern mögen.
    Er wurde also in die bezeichnete Lage gebracht. Osco hielt ihn an den Schultern nieder, und Omar kniete ihm auf die Beine. Als nun der kleine Halef seine Peitsche aus dem Gürtel nahm, ließ sich doch eine laute Stimme vernehmen.
    „Wollt ihr es dulden, daß unser Oberhaupt geprügelt werde? Verteidigt den Kodscha Bascha!“
    Von einigen Gleichgesinnten, die sich zu dem Sprecher drängten, ward ein drohendes Murmeln erhoben. Sie schoben sich näher heran.
    Ich schritt langsam auf sie zu, stieß den Kolben des Gewehres auf den Boden, legte die Arme gekreuzt auf die Mündung und sah ihnen in die Gesichter, ohne ein Wort zu sagen. Sie wichen zurück.
    „Hakk, tamam, wuryniz onu, kesyniz onu – recht so, recht so, haut ihn, haut ihn!“ riefen mehrere uns freundliche Stimmen.
    Halef nickte überaus huldvoll nach der Seite hin, von welcher die Stimmen erschollen waren, und begann sein mildtätiges Werk. Er gab sich demselben mit rührendem Eifer hin. Als er seine Peitsche aus

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