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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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steckst, werde ich die Augen schließen oder wenigstens zur Seite blicken.“
    Der Bewirtende legte vor: den Schinken, die Würste, Brot, Pfeffer und Salz. Er zog sein Messer aus dem Gürtel, und ich folgte diesem rühmlichen Beispiel. Nachdem er sich ein tüchtiges Stück von dem Schinken abgeschnitten hatte, tat ich dasselbe, und der Schmaus begann. Nie hat mir ein Schinken besser geschmeckt, als damals in Rumelia.
    Halef saß seitwärts hinter mir; ich konnte nicht sehen, ob er mich beobachtete, aber ich kannte den Kleinen und wußte, daß ihm der Appetit bis in die Zungenspitze ging. Er sah, wie es mir schmeckte, und daß ich mir ein zweites Stück abschnitt.
    „Hajde scheütani – Pfui Teufel!“ rief er aus. „Sihdi, willst du denn, daß ich alle Achtung und Ehrfurcht vor dir verlieren soll! Wenn ich nach dem Gebot des Propheten gehe, darf ich dich nie wieder anrühren.“
    „Das tut mir leid, mein lieber Halef, aber jetzt gehorche ich dem Wohlgeschmack und nicht dem Koran.“
    „Schmeckt es denn wirklich so ausgezeichnet?“
    „Es gibt nichts Schmackhafteres.“
    „Allah! Warum hat da der Prophet den Schinken verboten?“
    „Weil er gewiß niemals ein Stück von dem geräucherten Hinterteil des Schweines gegessen hat; sonst hätte er den Gläubigen diese Speise auf das wärmste anempfohlen.“
    „Vielleicht hat er sie wegen der Bandwürmer verboten.“
    „Es sind ja gar keine drin; das kann ich dir zuschwören.“
    „Also meinst du, daß man es wagen könnte?“
    „Ohne Zagen!“
    Ich hörte es seinem Ton an, daß ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Die Sache machte auch unserem Wirt Spaß, aber er ließ es nicht merken, sondern kaute behaglich weiter, gab sich jedoch Mühe, ein Gesicht zu schneiden, als ob seine Begeisterung mit jedem Bissen wachse.
    Halef stand auf und trat vor die Tür hinaus. Ich wußte wohl, daß er nach Osco und Omar sehen wollte. Als er wieder hereinkam, machte er ein sehr befriedigtes Gesicht. Er schien die beiden nicht bemerkt zu haben. Sie standen auf dem Damm, um die Lokomotive anzustaunen, welche eben einen Bauzug vorüberschleppte. Sie hatten keine Zeit, sich um uns zu kümmern.
    Der Hadschi setzte sich wieder nieder und sagte:
    „Sihdi, ich weiß, daß du nicht gern über den Glauben redest; aber meinst du nicht, daß der Prophet zuweilen ein ganz klein wenig Unrecht hat?“
    „Ich weiß es nicht. Aber er hat doch den ganzen Koran vom Erzengel Gabriel diktiert erhalten.“
    „Kann sich nicht auch der Engel irren?“
    „Wohl nicht, lieber Halef.“
    „Oder hat der Prophet den Engel nicht richtig verstanden? Wenn ich genau nachdenke, so scheint es mir, daß Allah die Schweine doch nicht erschaffen hätte, wenn wir sie nicht essen sollten.“
    „Ich bin da in diesem Fall freilich ganz und gar deiner Meinung.“
    Er holte sehr tief Atem. Mein zweites Stück war verschwunden, und ich griff nun auch, dem Beispiel des Wirtes folgend, nach der Wurst. Halef mochte einsehen, daß wir fertig sein würden, bevor es ihm gelang, seine Bedenken zu überwinden.
    „Sage einmal aufrichtig, Sihdi, schmeckt es denn wirklich gar so ausgezeichnet, wie ich aus euren Gesichtern schließen muß?“
    „Noch viel besser, als es in meinem Gesicht geschrieben steht.“
    „So laß mich wenigstens einmal riechen.“
    „Willst du deine Nase verunreinigen?“
    „O nein. Ich halte sie dabei zu.“
    Das war freilich drollig. Ich schnitt ein Stückchen Schinken ab, spießte es auf die Messerspitze und reichte es ihm hin, ohne ihn dabei anzusehen. Auch der Aufseher war so klug, ihn nicht anzublicken.
    „Ah! Oh! Das ist ja beinahe ein Geruch des Paradieses!“ rief der Kleine. „So kräftig, würzig und einladend! Schade, daß der Prophet es verboten hat! Hier hast du dein Messer wieder, Effendi.“
    Er reichte es mir zurück – das Stückchen Fleisch war verschwunden.
    „Na, wo ist denn das Schinkenstück?“ fragte ich erstaunt.
    „Na, am Messer!“
    „Es ist weg.“
    „So ist es heruntergefallen.“
    „Das ist jammerschade – aber, Halef, ich glaube, du kaust.“
    Ich sah ihm jetzt offen ins Gesicht. Er machte eine pfiffige Miene und antwortete:
    „Ich muß ja kauen, da mir das Stück grad in den Mund gefallen ist. Oder meinst du, daß ich es ganz verschlingen soll?“
    „Nein. Wie schmeckt es?“
    „So ausgezeichnet, daß ich eine Bitte aussprechen möchte.“
    „So rede!“
    „Erlaubst du, daß ich die Tür zuriegle?“
    „Glaubst du, wir können überfallen

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