16 Science Fiction Stories
Chefastrophysiker, durchquerte den Raum mit einem Zettel in der Hand, den er Neresenko reichte. Dvinski war ein großartiger Wissenschaftler. Aber als Mensch war er nervös und ließ sich zu unerwarteten Äußerungen hinreißen. »Das ist der schnellste Termin, zu dem wir ihn herunterholen können, Genosse«, sagte er. Er zog eine Grimasse. »Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, daß wir ihn nicht gern in Nordamerika ‘runterkommen lassen möchten – oder inmitten des Ozeans.«
Ohne einen Blick darauf geworfen zu haben, reichte Neresenko den Zettel an Jumascheff weiter. Er liebte solche Gesten; Desinteressiertheit deutete auf Selbstkontrolle hin, Abstand und Selbstkontrolle waren die Vorbedingungen für einen Führer; folglich war er, Neresenko, eine Führernatur.
»Zweiundzwanzig Uhr vierundvierzig«, sagte Jumascheff. »Noch zwei Stunden. Wenn Sie mich entschuldigen wollen, Genosse, dann würde ich jetzt gern die Zeit an Jurko durchgeben.«
»Ich werde Sie begleiten«, sagte Neresenko.
Im Senderaum ließ sich Feodor Jumascheff neben einem Mikrofon nieder. Einer der Techniker gab ihm mit dem Daumen ein Zeichen. »Hallo!« rief Jumascheff. »Jurko! Hier ist Feodor. Kannst du mich hören?«
Es kam keine Antwort. Jumascheff runzelte die Stirn. Noch einmal versuchte er es: »Hallo, Gamma. Jurko! Jurko! Hallo, Jurko! Ist alles in Ordnung, Jurko? Kannst du mich hören?«
Keine Antwort. Jumascheff wandte sich dem diensthabenden Offizier zu. »Er antwortet nicht. Könnten seine Batterien versagt haben?«
»Nein, Genosse Doktor. Wir erhalten seine automatischen Signale.«
»Könnte es sein, daß sein Sender kaputt ist?«
»Ja, das wäre möglich.«
»Lesen Sie ihm einfach den Zeitpunkt vor«, schlug Neresenko vor. »Es ist möglich, daß er selbst empfängt, aber nicht antworten kann.«
»Hallo, Jurko«, sagte Jumascheff langsam und deutlich in das Mikrofon. »Wir holen dich herunter, Jurko. Hörst du mich? Wir bringen dich herunter. Um zehn Uhr vierundvierzig wirst du beginnen, abzusteigen. Ich wiederhole. Um zehn Uhr vierundvierzig wird das Landemanöver eingeleitet.«
Plötzlich erscholl Jurkos Stimme aus einem Lautsprecher. Sie klang laut – vor Erregung, nicht durch die technischen Übertragungsmittel. Jumascheff zuckte zusammen.
»Nein«, sagte Jurko mit schwacher, aber erregter Stimme. »Nein, Feodor, noch nicht.«
»Warum nicht, Jurko?« fragte Jumascheff. »Sag mir, warum du es nicht willst.«
Neresenko lächelte. Jumascheff hatte den Beginn dieses Lächelns bemerkt und spürte es zwischen den Schulterblättern.
Schweigen.
Wieder fragte Jumascheff: »Jurko! Warum sollen wir dich nicht herunterholen? Du hast mich doch darum gebeten, Jurko. Erinnerst du dich nicht daran?«
»Es ist schwer zu erklären«, antwortete Jurko. Seine Stimme klang seltsam. Jumascheff runzelte die Brauen und stieß eine Verwünschung aus.
»Ich habe etwas zu tun«, fuhr Jurkos Stimme fort. »Ich kann es nicht erklären. Es ist sehr wichtig. Es hat etwas mit dem Universum zu tun, Feodor. Es ist sehr wichtig. Ich kann es nicht erklären. Nicht jetzt. Später. Später …«
Jumascheff war aufgesprungen und blickte Neresenko an. »Er muß trotzdem heruntergeholt werden«, rief er. »Haben Sie nicht seine Stimme gehört? Ich bestehe darauf. Als Chefpsychiater mache ich meine Autorität geltend.«
»Aber er hat doch darum gebeten, nicht heruntergebracht zu werden, Feodor«, protestierte Neresenko. »Seien Sie doch vernünftig …«
»Was ist Ihnen lieber? Heute ein geistig normaler Mann oder morgen ein Wahnsinniger?« Ärger klang in Jumascheffs Stimme mit. »Das ist die Wahl, Neresenko! Was wird Ihnen den größeren Ruhm verleihen? Denken Sie doch nach!«
Neresenko dachte nach. Er runzelte die Stirn und warf die Unterlippe auf. Dann zuckte er die Schultern. »Ich überlasse es Ihnen, Jumascheff«, sagte er. »Wenn Sie die Verantwortung übernehmen wollen …«
Im Raum falteten sich die Antennen von Gamma zusammen. Preßluftdüsen drehten die Kapsel um 180 Grad, bis ihre spitze Nase genau in die entgegengesetzte Richtung ihrer Kreisbahn zeigte. Auf die Millisekunde genau wurde in Turkmenistan ein Kreis vollzogen, der von den Rechenautomaten vorherbestimmt war. Raketen zischten aus dem viereckigen Schwanz des Satelliten.
Jumascheff beobachtete den Vorgang von der Kara-Kum-Wüste aus. Er drückte das Auge fest auf die Linse eines mächtigen Teleskops. Plötzlich richtete er sich auf und wandte sich abrupt ab. Der
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