Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1603 - Der Geistertänzer

1603 - Der Geistertänzer

Titel: 1603 - Der Geistertänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
konnte sie. Sie war gefangen in ihrer eigenen Angst, die sie wie eine Klammer umgab und zur Bewegungslosigkeit verdammte.
    Und es war still geworden. Beklemmend ruhig, denn von Paula war nichts mehr zu hören. Nur die eigenen Atemzüge bekam Isabel Kessler mit.
    Sie traute sich kaum, den Blick zu wenden und ihn auf den leblosen Körper ihrer Freundin zu richten. Sie fühlte sich wie ein Fremdkörper, der am Tisch saß und dort nicht wegkommen würde.
    Irgendwann war die Starre gebrochen. Da drehte sie den Kopf und stellte fest, dass sich Paula Ashley nicht bewegt hatte. Sie lag noch immer an derselben Stelle. Sie war so ungewöhnlich starr, und Isabel kam automatisch ein bestimmter Gedanke.
    »Nein«, flüsterte sie, »nein, bitte nicht…«
    Niemand hörte sie. Keiner kam, um ihr Beistand zu geben. Sie drückte sich vom Stuhl hoch und schlich auf die am Boden liegende Garderobiere zu.
    Bevor sie sich bückte, schaute sie sich im Zimmer um. Da war niemand zu sehen. Sie hörte auch keine Stimmen mehr und verspürte auch nicht den fremden Einfluss.
    Es war alles wieder normal geworden. Bis eben auf die Frau, die vor ihr lag.
    Isabel zitterte, als sie in die Knie ging.
    Paula lag auf dem Bauch. Das wollte Isabel ändern. Sie wollte sehen, was mit ihr geschehen war, und deshalb wollte sie den leblosen Körper auf den Rücken drehen. Noch immer wollte sie nicht wahrhaben, dass Paula nicht mehr am Leben war.
    »Bitte, du - du - darfst nicht sterben. Das habe ich nicht gewollt. Bitte, beweg dich doch. Tu mir den Gefallen…«
    Ihre Stimme erstickte in einem Jammerlaut. Dann hatte sie sich so weit gefangen, dass sie den Körper anfassen konnte. Es war nicht leicht, die Frau auf den Rücken zu drehen, denn sie hatte schon ihr Gewicht.
    Sie rollte herum - und Isabel bereute in dieser Sekunde ihre Tat.
    Es war einfach zu grauenhaft, was sie zu sehen bekam. Sie starrte in ein Gesicht, das nichts Menschliches mehr an sich hatte. Da waren die Augen aus den Höhlen gedrückt worden. Sie hingen noch an feuchten Fäden. Das Gesicht zeigte nicht mehr die normale Haut. Überall waren kleine Wunden zu sehen, aus denen Blut tropfte. Als wäre die Haut von einem Schnitzelwerk malträtiert worden.
    Das alles nahm sie wahr, aber sie dachte daran, dass sie keinen Gegner gesehen hatte. Der oder die waren im Unsichtbaren geblieben. Sie hielten sich dort auf, wo sich auch Julius befand. Das war für sie nicht zu begreifen, aber es musste zutreffen.
    Dass Isabel nach dem Puls und auch nach dem Herzschlag fühlte, überraschte sie selbst. Sie hatte das Gefühl, ihrem Leben entrissen worden zu sein und in einer anderen Welt zu stecken.
    Da war nichts mehr zu fühlen.
    Isabel saß auf ihrem Platz wie eine Statue. Sie schaute nach vorn, sah aber nichts, weil sie einfach nur ins Leere starrte. Sie merkte kaum, dass sie aufstand. Sie bekam auch nicht richtig mit, dass sie in den Flur ging und dort ihren gefütterten Mantel an sich nahm, um ihn anzuziehen. Den Schal ließ sie liegen.
    Dann öffnete sie die Wohnungstür. Die kühle Luft aus dem Hausflur schlug ihr entgegen. Es war nicht so kalt wie an der frischen Luft, aber kälter als in der Wohnung.
    Die Tänzerin musste drei Treppen hinabgehen, um den Ausgang zu erreichen. Bis zu den Stufen ging sie normal. Der innere Druck hielt sie fest. Urplötzlich war es mit ihrer Beherrschung vorbei. Sie schrie, als sie die Treppe nach unten stolperte…
    ***
    Ich hatte ja nichts gegen Kälte, aber es gibt auch Grenzen. Schließlich lebten wir nicht in Sibirien, sondern in London. Was uns das Hochdruckgebiet aus dem Norden allerdings brachte, das war eine sibirische Kälte, bei der sich alles zusammenzog, weil wir sie einfach nicht gewohnt waren.
    Paula Ashley wohnte in einer Siedlung, in der es noch preiswerte Wohnungen gab. Wir hatten einen Parkplatz gefunden und waren ein Stück zurückgelaufen, um das vierstöckige Haus zu erreichen, in dem Paula Ashley wohnte.
    Es standen hier vier Wohnhäuser zusammen. Ältere Bauten mit glatten Fassaden, die nur durch die Fenster unterbrochen wurden.
    Die Tür des Hauses, das uns interessierte, stand offen, als hätte man gewusst, dass wir kamen.
    Geöffnet hatte sie ein Mann, der dabei war, Säcke mit Streusalz ins Freie zu schleppen. Überall gab es Glatteisfallen, vor denen auch wir uns vorsehen mussten.
    Der Mann trug eine Wollmütze auf dem Kopf. Unter seinem Kittel trug er einen dicken Pullover. Als wir in seine Nähe kamen, schaute er hoch.
    »Wollen Sie jemanden

Weitere Kostenlose Bücher