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1603 - Der Geistertänzer

1603 - Der Geistertänzer

Titel: 1603 - Der Geistertänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schaute ich noch einmal hoch und sah, dass sich die Gestalt noch immer in der Mitte der Eisfläche aufhielt.
    Sie tanzte dort und schien sich dabei nach einer Musik zu bewegen, die nur für sie zu hören war. Ihre Bewegungen waren wunderbar gleichmäßig.
    Dieser Tänzer hatte sich die Eisfläche als seine Bühne ausgesucht, auch wenn es so gut wie keine Zuschauer gab.
    Ich wollte näher an ihn heran und wusste, dass es ein Problem geben würde. Denn ein normales Gehen war auf dem Eis nicht möglich. Ich schob abwechselnd meine Füße vor und schlitterte so auf den Tänzer zu.
    Er musste mich gesehen haben. Nur nahm er mich nicht zur Kenntnis.
    Er vollführte weiterhin seine Figuren, er drehte die Runden und zeigte, wie geschmeidig sein Körper war. Die Arme schwangen hin und her, wurden bis weit über den Kopf gestreckt, wo sich dann die Hände fanden, bevor die Arme wieder nach unten sanken.
    Ich war ihm egal. Er ließ mich herankommen, ohne dass er sich durch einen Blick oder eine Geste um mich kümmerte. Ich hatte mich leicht gebückt und hielt die Arme ausgebreitet, denn ich wollte auf keinen Fall das Gleichgewicht verlieren.
    So legte ich Meter für Meter zurück und kam dem Eistänzer immer näher.
    Ab und zu legte er eine Pause ein. Dann war sein Gesicht besser zu erkennen.
    Man hätte davon ausgehen können, einen Zombie vor sich zu haben.
    Wenn ja, dann einen besonderen, denn diese Gestalt hatte nichts von der Aura ah sich, die Zombies normalerweise verbreiten. Der Vergleich passte zwar nicht richtig, aber ich sah ihn schon als klinisch rein an. Wie ein männlicher Engel ohne Flügel.
    Ich achtete auch auf mein Kreuz, ob es sich meldete. Das war bisher nicht geschehen. Nicht einmal den schwächsten Wärmestoß hatte ich verspürt.
    Dieser Tänzer schien keine böse Gestalt zu sein. Er war eben nur anders.
    Die Entfernung, die noch zwischen uns lag, betrug kaum zwei Meter, und noch immer nicht hatte die engelhafte Gestalt meine Gegenwart zur Kenntnis genommen.
    Aber sie tanzte jetzt langsamer. Ihre Bewegungen waren schwankend.
    Sie kamen mir vor, als würden sie im Zeitlupentempo ablaufen. Die Arme streckte sie nicht mehr so weit vom Körper weg. Die Drehungen wurden langsamer, und in den folgenden Sekunden froren alle Bewegungen bei ihr ein.
    Der Geistertänzer stand plötzlich still und sah so aus, als würde er mit seinen Füßen auf der Eisfläche kleben.
    Ich ging nicht mehr weiter. Obwohl ich mit beiden Füßen fest auf dem Eis stand, war ich mir der trügerischen Sicherheit bewusst, in der ich mich befand. Nur keine zu schnelle und auch heftige Bewegung. Alles musste genau abgestimmt werden, wobei ich auf keinen Fall aggressiv auf die Gestalt wirken wollte.
    Wir schauten uns an.
    Man konnte von Blicken sprechen, die sich ineinander bohrten. Niemand tat etwas, keiner sprach, und ich versuchte, das einzusaugen, was mir von dem Tänzer entgegenkam.
    Bei den Gestalten, mit denen ich es oft zu tun habe, kann man das Böse spüren. Das traf hier nicht zu. Ich hatte den Eindruck, ein neutrales Wesen vor mir zu sehen.
    Ein graublauer Körper. Von den Füßen bis zum Kopf. Er sah nicht feinstofflich aus, trotzdem war ich der Meinung, dass ich ihn nicht anfassen konnte wie einen normalen Menschen.
    Wenn ich genau hinschaute, sah ich auch das leichte Zittern an den Konturen seiner Gestalt.
    Ich schaute weiterhin in seine hellen Augen und versuchte es mit einer Frage.
    »Wer bist du?«
    Er gab mir keine Antwort.
    »Bitte, wenn du reden kannst, dann…«
    Er schüttelte den Kopf. Jetzt sah ich deutlich, dass tatsächlich Haare auf seinem Kopf wuchsen, was ich ebenfalls nicht so richtig begriff. War er harmlos? Spielte er mir nur etwas vor?
    Ich hatte keine Ahnung, und ich glaubte auch nicht, dass er unbedingt Kontakt mit mir haben wollte. Aber da dachte ich anders. Wäre der Untergrund normal gewesen, hätte ich ihn mit einem langen Schritt erreichen können. Das war bei dieser Glätte nicht möglich, und so musste ich sehr vorsichtig sein.
    Ich ging auf ihn zu. Das heißt, ich rutschte mehr nach vorn, um an ihn heranzukommen. Er hatte seine Arme nicht ausgebreitet, sie lagen dicht an seinem Körper, den ich eine Sekunde später umschlang. Das hatte ich nicht gewollt, aber die spiegelglatte Eisfläche hatte mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.
    Ich griff zu - und rutschte weg.
    Im letzten Augenblick packte ich zu. Ich bekam ihn auch zu fassen, aber das war auch alles. Das Fallen konnte ich nicht

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