Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1603 - Der Geistertänzer

1603 - Der Geistertänzer

Titel: 1603 - Der Geistertänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
verhindern, und es gelang mir auch nicht, mich an ihm festzuhalten.
    Was ich in diesen Sekunden des Fallens spürte, das war eine Kälte, wie ich sie selten wahrgenommen hatte. Sie drang in meinen Körper ein, sie schien mich von innen her vereisen zu wollen. Und nach dem nächsten Atemzug landete ich am Boden.
    Ich merkte nicht, dass ich heftig aufschlug. Ich hatte nur das Gefühl, steif geworden zu sein.
    Aus weiter Ferne hörte ich den Ruf meines Freundes Bill Conolly und drehte mich auf den Rücken.
    Der Tänzer stand über mir und glotzte mich an. Seine Augen schimmerten so hell wie gelb eingefärbtes Eis, als läge darin das Todesurteil für mich.
    So harmlos war er nun doch nicht.
    Ich lag auf dem Rücken, und die Sekunden vergingen. Es war zwischen uns ein gegenseitiges Belauern. Für einen Moment hatte ich ein Gefühl, als würde mich der Tod anstarren.
    Was tat mein Kreuz? Ließ es mich im Stich? Wollte es, dass die andere Seite siegte?
    So sah es aus. Aber um dies in die Tat umzusetzen, hätte der Geistertänzer etwas unternehmen müssen, und danach sah es nicht aus.
    Ich lag auf dem Rücken, er stand neben und auch über mir, wobei er mich aus seinen gelben pupillenlosen Augen anglotzte, als sollte mich das kalte Licht darin durchbohren.
    Nein, es geschah nicht.
    Die Gestalt kam mir vor, als wäre sie auf der Eisfläche noch zusätzlich eingefroren. Und diese Kälte drang nicht nur von außen auf mich ein, ich spürte sie auch in mir, denn sie hatte sich in meinem Körper festgesetzt.
    Aber das war nicht die Kälte, die das Eis gefroren hielt, also keine natürlich. Es war diese Kälte, die ich bei der Umarmung dieses Wesens verspürt hatte.
    Für mich war die Gestalt ein Geistwesen, auch wenn sie sich mir in menschlichen Umrissen präsentierte. Als einen normalen Menschen konnte ich sie nicht ansehen.
    Plötzlich fing sie an zu zucken. Das erreichte zuerst die Schultern, danach die Arme, und ich ging davon aus, dass es so etwas wie ein Vorspiel war, das in einer Gewalttat enden konnte.
    Ich lag noch immer auf dem glatten Eisboden, und es war mir nicht möglich, normal aufzustehen. Ich wäre sofort wieder weggerutscht.
    Aber ein langsames Aufstehen konnte den Tänzer provozieren. Noch hielt er sich zurück.
    Aus der Ferne hörte ich wieder Bill Conollys Ruf. Jedenfalls kam er mir wie aus weiter Ferne vor.
    Auch der Tänzer hörte ihn.
    Er drehte sich mit einer geschmeidigen Bewegung um, um die ich ihn beneidete. Jetzt konnte er in Bills Richtung schauen. Eine Tatsache, die mich zwar nicht auf die Beine brachte, doch eine leichte Drehung schaffte ich auf der glatten Fläche.
    Ich sah Bill kommen.
    Es ging ihm wie mir. Ein normales Vorankommen war nicht möglich.
    Sein Laufen konnte man schon als Eiertanz bezeichnen. Er schwenkte dabei seine Arme und versuchte alles, um nicht auszurutschen, was er auch schaffte.
    Wie würde der Tänzer reagieren?
    Ich hoffte nicht, dass mein Freund angegriffen wurde. Ausschließen konnte ich es nicht.
    Um mich kümmerte er sich nicht mehr. Er war jetzt auf den Reporter fixiert, und ich rechnete damit, dass er auf ihn zu gleiten würde.
    Das tat er nicht. Mit einer eleganten Drehung wandte er sich von mir ab und lief davon. Ich war nicht mehr wichtig für ihn und Bill ebenfalls nicht.
    Ich verfolgte ihn mit den Blicken. Und wieder sah es so aus, als würde er auf Kufen dahingleiten. Es war mit einem Surfen auf dem Eis zu vergleichen, das ihn bis in die Nähe der Bande brachte, wo er sich festhielt, sich dann hinüberschwang.
    Und während er das tat, löste er sich vor unseren Augen auf.
    »Bist du verletzt?«
    Bill hatte mich erreicht und beugte sich behutsam nach vorn. Er wollte nicht fallen.
    »Nein, ich denke nicht.«
    Bill nickte. Er blickte über mich hinweg und auch er konnte den Tänzer nicht mehr entdecken. »Der hat sich aufgelöst, John, oder so ähnlich.«
    Ich kniete mittlerweile und drückte mich behutsam in die Höhe. Es klappte. Ich rutschte nicht weg und richtete mich so weit auf wie möglich.
    Bill stand neben mir. Und wir beide sahen aus wie die begossenen Pudel oder wie Männer, denen man die Butter vom Brot genommen hatte.
    »Jetzt bin ich gespannt, was du sagst, John.«
    Ich wusste natürlich, worauf Bill hinauswollte. Den Gefallen tat ich ihm nicht.
    »Ich will erst mal runter vom Eis.«
    »Gute Idee.«
    Wir nahmen den kürzesten Weg zur Bande und atmeten erst mal auf, als wir sie erreicht hatten. Dann kletterten wir darüber hinweg. Bill musste

Weitere Kostenlose Bücher