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1605 - Besucher aus dem Irgendwo

Titel: 1605 - Besucher aus dem Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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erreichen?"
    Nora Bierer deutete auf die Zeichnung, die sie angefertigt hatte. Früher hätte man diese Aufgabe vom Syntron erledigen lassen, in so winzigen Bruchteilen von Sekunden, daß man sie mit menschlicher Wahrnehmung nicht hätte erfassen können. Unter den gegenwärtigen Umständen dieses Tages - man schrieb den 2. März 1200 NGZ - hatte Nora fast zwei Minuten dafür gebraucht, und bei anderen Tätigkeiten, die nicht mehr vom Syntron geleitet, organisiert und überwacht wurden, war der Zeitverlust noch viel größer. „Dies ist der Rumpf der NEPTUN ORBITER", sagte Nora halblaut. Die Gruppe hatte sich so eng um sie geschart, daß sie die Stimme nicht zu heben brauchte. „Ein Rotationsellipsoid, zweihundert Meter lang, fünfzig Meter dick. Die Dicke ist dabei besonders wichtig, denn sie gibt uns eine Chance."
    Tyler Danning ließ die Kommandantin ruhig ausreden. Er hatte sich in einem der fest am früheren Boden montierten Sessel angeschnallt, ein großer, kräftiger Mann mit dunkler Haut und dunklen Augen, der sich langsam und vorsichtig bewegte und auch so sprach. Er hörte Nora aufmerksam zu, und seine Freunde spürten: Es kam ihm auf die Sache an, nicht darauf, die Position der Kommandantin zu untergraben.
    Tyler Danning war ein Xeno-Biologe von Ruf und Rang, ein erstklassiger Gen-Ingenieur und Terraforming-Spezialist und gehörte eigentlich nicht zur regulären Besatzung der NEPTUN ORBITER IX. Er war erst vor einigen Wochen zur Mannschaft gestoßen, als Vertretung für einen Erkrankten; anfänglich hatte er die Reise hinaus an den Rand des Solaren Systems als eine Art Urlaub betrachtet, aber nun saß er in der gleichen gnadenlosen Todesfalle wie alle anderen auch.
    Mit anscheinend unerschütterlichem Gleichmut betrachtete er gelassen Nora Bierers Werk.
    Auf der groben Handzeichnung war die NEPTUN ORBITER als eine Art Riesenzigarre zu erkennen, an den beiden Enden versehen mit Andockmöglichkeiten für Raumschiffe. Die NEPTUN ORBITER konnte Raumschiffe der Merz-Klasse bis zu einem Durchmesser von 500 Metern anlegen lassen. Zur Zeit waren diese Positionen frei; man befand sich im Frieden, und die NEPTUN ORBITER wurde vornehmlich für wissenschaftliche Zwecke genutzt. Ansonsten stellten die vierundzwanzig Raumstationen der NEPTUN ORBITER-Reihe einen Teil des Frühwarnsystems für den solaren Raum dar. Erbaut worden waren die Stationen im letzten Vierteljahrhundert, mit der modernsten Technik, die zu haben war - und die jetzt ausnahmslos nicht funktionierte. „Wenn wir unsere Antriebsdüsen zur Feinkorrektur zünden", erklärte Nora Bierer eindringlich, „von Hand gewissermaßen und in der richtigen Reihenfolge, dann können wir die NEPTUN ORBITER in Drehung versetzen."
    „Um welche Achse?"
    „Um die Längsachse, also einer Linie von einer Dockschleuse zur anderen, die mitten durch die Zentrale geht. Wenn sich das Schiff um diese Achse zu drehen beginnt, werden wir dadurch eine Art Pseudo-Schwerkraft erleben. Die Zentrifugalkraft, die durch die Drehung hervorgerufen wird, wird uns ein ähnliches Gefühl geben wie eine normale Schwerkraft. Und das heißt, daß wir wieder voll arbeitsfähig sein werden und nicht ständig mit der Schwerelosigkeit zu kämpfen haben."
    „Das wurde aber auch langsam Zeit", ließ sich Kiraah Hulvyn vernehmen, das Nesthäkchen der Gruppe; sie lächelte schüchtern. Ihre langen blonden Haare umgaben ihr schmales Gesicht mit einem goldschimmernden Halo. „Ich mag die Schwerelosigkeit überhaupt nicht."
    Nora lächelte zurück; es war eine von Kiraahs Eigenschaften, daß man ihr Lächeln kaum unerwidert lassen konnte; sogar unter den gegenwärtigen Bedingungen wirkte es ansteckend, aber nurmehr für kurze Zeit. Vielleicht lag es daran, daß der Gedanke an blondgelockte Engel zur Zeit eher beängstigende Assoziationen bei allen Anwesenden hervorrief. „Das kann ich mir vorstellen", sagte Nora Bierer. „Ich weiß, wie unangenehm das ist."
    „Geradezu unnatürlich!" rief jemand. „Genau das ist es nicht", warf Tyler Danning ruhig ein. „Wir kennen es nur einfach nicht anders als so, daß wir überall künstliche Schwerkraft vorfinden. Aber früher war Schwerelosigkeit normal und wurde sogar simuliert." Er lächelte dünn. „Perry Rhodan hat die Schwerelosigkeit ausgiebig trainiert, bevor er zum Mond geflogen ist."
    „Das liegt ein paar Jahrtausende zurück", konterte Nora Bierer. „Zurück zum Thema: Wenn wir die NEPTUN ORBITER in Drehung um ihre Längsachse versetzen,

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