1605 - Besucher aus dem Irgendwo
„Eine sechsfach stärkere Schwerkraft als gewohnt würde die Kinder zermalmen", sagte er betroffen. „Und bei den Erwachsenen wird es nicht anders sein, langfristig."
„Auf dem Mars, auf Titan, auf den anderen besiedelten Planeten und Monden des Solsystems wird es nicht anders sein", fuhr Bully fort. „Von den Raumstationen ganz zu schweigen."
„Können wir die Leute nicht zur Erde bringen?" überlegte Julian Tifflor halblaut. „Dafür reicht unsere Kapazität nicht", gab Bully zurück. „Jedenfalls nicht im Augenblick. Es wird ein Wettlauf mit der Zeit werden. Und unsere Chancen, diesen Wettlauf für die Menschen zu gewinnen, sind nicht besonders gut."
Die drei Männer kannten sich seit einer mittleren Ewigkeit, und so wußten sie auch in der Sekunde, in der Reginald Bull geendet hatte, woran die anderen gerade dachten: an die zahllosen Krisensituationen und Gefahren, die es in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden gegeben hatte. Und an den Mann, der in nahezu jedem dieser Krisenfälle entscheidend dazu beigetragen hatte, die Probleme zu lösen. „Perry war mit der ODIN gerade in den Überlichtflug gegangen", murmelte Julian Tifflor. Er warf einen Blick auf den Wissenschaftler. Der breitete in einer vielsagenden Geste die Hände aus. „Man kann nichts Genaues sagen", gestand Myles. „Ich habe ausgerechnet, daß Perry mit der ODIN gestrandet sein könnte, vielleicht drei bis vier Lichtjahre von Sol entfernt."
„Dann brauchen wir allein drei bis vier Jahre, um auch nur eine Botschaft von der ODIN zu bekommen", rechnete Bully aus. „Günstigstenfalls."
„Es ist auch möglich", setzte Myles Kantor seine Überlegungen fort; er zögerte, brachte den Satz nur zögernd zum Ende, „daß die ODIN beim Einsetzen der Hyperraum-Parese oder beim Wiedereintritt in den Normalraum beschädigt worden ist. Oder zerstört."
Reginald Bull ließ langsam die Luft aus den Lungen strömen. „Wir werden es erleben", sagte er.
Jemand pochte an die Tür, auch das war eine Art der Anpassung an die neuen Verhältnisse.
Auch die Kommunikationsmittel waren auf den Stand einer 4-D-Technik zurückgefallen.
Eine junge Frau trat auf Bulls Befehl ein. „Das Schiff ist jetzt da", sagte sie. „Die Arbeiten sind abgeschlossen worden."
„Prächtig!" lobte Bully. „Ein Schiff?"
Reginald Bull beantwortete die Frage von Myles Kantor mit einem breiten Lächeln. „Ein Museumsstück", sagte er. „Aus den Beständen des Titan-Museums. Wollt ihr euch das Schmuckstück ansehen? Und dann mit mir dem Mars einen Besuch abstatten - dort ist unsere Hilfe dringend vonnöten."
Myles Kantor wiegte den Kopf. „Ich weiß nicht", sagte er. „Am liebsten würde ich mich in die Labors von Titan zurückziehen."
„Dazu hast du später noch Gelegenheit", entschied Reginald Bull. „Kommt, Freunde, sehen wir uns das neue Flaggschiff der Solaren Flotte an."
*
„Heilige Albedo", stieß Myles Kantor beim Anblick des Schiffes hervor. „Wie alt ist dieses technologische Fossil?"
Reginald Bull grinste. „Baujahr 3428", sagte er.
Myles Kantor schluckte heftig. Die Erschütterung war ihm anzusehen. „Dann ist dieses Ding mehr als dreizehnhundert Jahre alt?" rief er aus. „Richtig", stimmte Reginald Bull zu. „Wir haben allerdings hineingebaut, was wir an moderner, funktionierender Technik finden konnten. So betrachtet ist dieses Ding der letzte Schrei."
Julian Tifflor lächelte dünn. „Und nach diesem letzten Schrei kommt dann wohl der letzte Atemzug?" erkundigte er sich zweifelnd.
Bully schüttelte den Kopf. „Ich kann mich an Zeiten erinnern", sagte er versonnen, „da bist du mit noch viel primitiveren Modellen als dieser Space-Jet durch die Galaxis gesaust und warst sehr zufrieden damit. Aber damals warst du noch jung, ich war dein Vorgesetzter und du hattest noch Respekt und Achtung vor mir."
„Das ist mehr als zweieinhalb Jahrtausende her", antwortete Tifflor grinsend, „und damit verjährt. Immerhin, das Ding hier sieht nicht schlecht aus. Hat es einen Namen?"
„Victoria Penelope?" schlug Bully vor. „Etwas prosaischer, wenn es geht", meinte Tifflor. „Machen wir es kurz, nennen wir das Ding einfach SJ
3428.
Einverstanden?"
„Einverstanden", gab Bully zurück. Er wandte sich an einen der Techniker. „Ist die Maschine startklar?"
Der Mann blickte Bully aus müden, leicht geröteten Augen an. Aber er grinste. „Du brauchst nur einzusteigen und loszufliegen", sagte er und deutete auf die
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