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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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der Bastille gelandet, wo er die Nacht verbracht hat.«
    Mir zog es die Brust zusammen. Eine Nachricht. Gott segne den Lehrjungen oder Lassels! Oder falls das nicht meine Nachricht gewesen sein sollte, dann segne Gott den Mann, der sie geschrieben hat.
    Ich beherrschte mich. »Das war vor gut vierzehn Tagen. Ist er noch immer dort?«
    »Rosny war …« Cecil legte eine rhetorische Pause ein. »Es ging ihm gut genug, um am nächsten Tag wieder loszureiten. Es heißt, er sei in Begleitung von dreihundert Männern zum Palast geritten, habe mit der Königin geweint und König Ludwig umarmt – entweder um sich neue Gunst zu erwerben, oder aber weil er sich geschämt hat, am Tag zuvor so übereilt verschwunden zu sein. Am darauffolgenden Samstag ist dann das Parlament zusammengekommen, und Königin Maria hat ihren Sohn gekrönt und sich selbst zur Regentin ernannt. Anschließend sorgte sie dafür, dass sich all ihre Feinde zum Frieden verpflichteten. Rosny entschuldigte sich als krank, doch sie ließ ihn holen. Dann ist er wieder ins Arsenal zurückgekehrt, wo er sich seitdem aufhält.«
    Cecil blickte mir in die Augen. Ich achtete sorgfältig darauf, nicht zu schaudern. Seine trockensachliche Ausdrucksweise schien typisch für ihn zu sein.
    »Die Regentschaft blüht unter der königlichen Mutter Seiner Majestät Ludwig. Natürlich habt Ihr Recht damit, Monsieur Rochefort, dass sie nicht gerade eine gute Freundin von Monsieur Rosny ist. Monsieur Rosny gehört jedoch nach wie vor dem Ministerrat an – allerdings hört man immer weniger auf ihn. Die unteren Räume des Palais' sind eine Art innerer Hof, und dort haben nun andere Männer Zutritt: de Sillery, Villeroi, Monsieur le Président Jeannin …«
    »Jeannin!«, rief ich.
    »Die Menschen lieben die aufgehende Sonne«, bemerkte Cecil in einem Tonfall, als säßen wir in einer Taverne beisammen.
    Vor vielen Jahren hatte er sein eigenes Spionagenetz aufgebaut. Plötzlich sah ich, dass er das gerne noch einmal tun würde, angefangen mit einem Franzosen, der über keinerlei Verbündete verfügte. Heute war Samstag, und hier war Monsieur Cecil: Von seinen Verpflichtungen befreit, beaufsichtigte er die königliche Barke und vergnügte sich damit, die Berichte ausländischer Spione entgegenzunehmen …
    »Die Menschen lieben die aufgehende Sonne«, wiederholte Cecil, »und Königin Maria ist das sicherlich. Es heißt nun, dass es die strengen Regeln von Monsieur Rosny gewesen seien, welche die Menschen davon abgehalten hätten, wahren Reichtum zu erwerben … Wie es aussieht, haben ihn viele seiner Anhänger im Stich gelassen, kleine wie große, von Jeannin bis Arnaud.«
    ›Kleine wie große‹ in der Tat. Es gelang mir, einen gleichmütigen Gesichtsausdruck zu bewahren. Arnaud war einer von uns, einer von Sullys Männern, Maignans Freund, ein Angehöriger des niederen Adels. Der Herzog hat ihn mehr wie einen Sohn denn wie einen Diener behandelt!
    Wenn ich wieder in Paris und frei wäre, der Mann zu sein, der ich einst war, würde Arnaud seine strahlende Zukunft an der Seite der Königin rasch wieder verlieren … zusammen mit seinem Leben. Doch so einfach war mein Leben nicht mehr.
    Cecil zuckte mit den missgestalteten Schultern. »Rosny war König Heinrichs rechte Hand. Wie es einem Minister auch ansteht, hat er mit seinem König regiert. Nun ist er nur noch eine Hand, aus der sie das Geld des verstorbenen Königs pressen wollen. Ich glaube, seine Zeit bei Hofe ist zu Ende, es sei denn, er sammelt möglichst rasch Unterstützer um sich oder stellt sich mit der Königin und ihren Favoriten gut. Es tut mir Leid, Master Rochefort.«
    Ich konnte mir kaum jemanden vorstellen, der weniger für die Ränkespiele bei Hofe geeignet war, als Messire de Sully. Seinem ernsten, zynischen Blick nach zu urteilen, was Minister Cecil der gleichen Meinung.
    »Frankreich sollte dankbar dafür sein, dass die Machtübergabe so glatt vonstatten geht«, fügte der Engländer hinzu. »Wenn ein großer Herrscher stirbt, folgt stets eine Zeit der Unsicherheit und der Furcht. Favoriten und Edelleute denken an Rebellion. So heißt es von Eurem Kanzler Villeroi, dass er Heinrichs Siegel behalten habe, das eigentlich nach dessen Tod hätte zerbrochen werden sollen. Damit soll er dann ein paar Edikte zum Vorteil von Monsieur Concini signiert haben. Es bedarf einer starken Hand, den nächsten Herrscher auf den Thron zu führen.«
    So wie Cecil James nach dem Tod von Elisabeth Tudor auf den Thron

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