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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Saburo einmal fragen musste, was diese ganzen Kniefälle in seinem Land zu bedeuten hatten. Hier kniet man nur vor Königen, dem Adel, vor seinem Herrn. Man kniet, um etwas zu erbitten oder um sich zu unterwerfen. Man kniet in der Kirche. Doch der Nihonese fiel nicht nur auf die Knie, sondern drückte auch noch seine Stirn auf den Boden – oder in diesem Fall auf die Planken.
    »Mylord Cecil.« Ich ließ es dabei bewenden, den Hut auszunehmen und mich auf ein Knie niederzulassen, wodurch ich noch immer einen Zoll größer war als er. »Monsieur Earl of Salisbury, nicht wahr?«
    Monsieur de Sully und dieser Mann hatten sich bei unserem letzten Besuch zerstritten und waren einander mit einer derartigen Unhöflichkeit begegnet, wie es zwischen dem Obersten Minister des einen und dem königlichen Sekretär des anderen Landes möglich ist. Hass erzeugt Hass, wie es im Sprichwort heißt.
    »Master Tanaka Saburo.« Cecil winkte, und der Nihonese setzte sich auf die Fersen auf. Der Minister des Königs ignorierte mich, als wäre ich in der Tat Saburos Diener – was unter den gegebenen Umständen wohl auch nicht anders zu erwarten war.
    Ich stand auf in der Annahme, dass die Aufforderung, sich zu erheben, auch für mich gegolten hatte. Robert Cecil, Erster Minister und Sekretär von König James, reichte mir nur bis zur Brust; er war höchstens einen Zoll über fünf Fuß groß. Aber ich nahm an, dass es genug Kriecher bei Hofe gab, die sich bei dem Versuch, sich tiefer zu verbeugen, als der ›Zwerg‹ des Königs groß war, zum Narren machten.
    Cecil sprach betont und deutlich zu dem Samurai. »Es ist mir eine Freude, Euch erneut begrüßen zu dürfen, Gesandter. Dies ist die königliche Barke. Sie fährt gerade die Strecke ab, die sie auch bei der Investitur unseres jungen Prinzen als Prince of Wales fahren wird. Ein Ritual, das die ältesten Söhne eines Königs schon seit Urzeiten machen müssen. Wenn Ihr es sehen möchtet, nachdem Ihr mehr über Euer fernes Land für King James niedergeschrieben habt, werde ich es Euch gerne zeigen.«
    »Hai!« Saburos Grunzen war nicht zu deuten.
    »Bitte, erweist mir die Gunst, und erzählt meinem Sekretär mehr über dieses Land Nihon«, sagte Cecil. Ein Mann kam über das Deck gerannt, als er die Hand hob. »Ich danke Euch, Master Saburo.«
    Der Sekretär drückte Cecil ein Stück Papier in die Hand, bevor er den Samurai fortführte.
    Robert Cecil, der mächtigste Mann Englands, hatte leicht hängende Schultern. Sein langes Gesicht wirkte traurig und war stets von ungewöhnlich weißer Farbe, und er besaß die Augen eines Spaniels. Ich hegte keinerlei Zweifel, dass er es mit meinem Herrn, dem Herzog, aufnehmen konnte, wenn es darum ging, leidenschaftslos Todesurteile zu unterzeichnen.
    »Ich muss mich dafür entschuldigen, Mylord Cecil«, ich verneigte mich auf englische Art, die ich – so bilde ich mir ein – recht gut beherrsche, »dass ich unter dem Schutz eines falschen Namens erschienen bin.«
    Cecil hielt eine Kopie meines Berichts in der Hand; so viel konnte ich auf diese Entfernung auf dem Papier lesen. Ich achtete jedoch darauf, nicht genauer hinzusehen, als er es zusammenfaltete und den Blick hob.
    »›Ein spanisch aussehender Mann von gut sechs Fuß Größe‹.« Der englische Minister sprach, als würde er zitieren – und vermutlich tat er das auch. Ich wage zu behaupten, dass er sich sechs Jahre zuvor Berichte über jeden von Sullys Männern besorgt hatte.
    »›Rochefort‹ wäre dann Euer Name, Monsieur Herault. Ist das korrekt?«
    »Auf diesen Namen bin ich getauft worden, Mylord.« Ich konnte einen ehrlichen Eindruck erwecken, wenn ich ihm die Wahrheit sagte, obwohl genaugenommen auch noch ›Cossé Brissac‹ in den Kirchenregistern hinter dem Namen stand.
    Wir sprachen viel zu leise miteinander, als dass man uns über das Rumoren der Arbeiter und das Rauschen des Windes hinweg hätte hören können. Die Barke schaukelte hin und her, während sie weiter flussaufwärts glitt und der Bootsführer die Ruderer anschrie. Kein Mann wurde an Bord gelassen, ohne dass das Büro des Ministers ihn vorher überprüft hatte, und niemand, der nicht eingeladen war, durfte sich der Barke über das Wasser auch nur nähern. Monsieur Cecil war offenbar genauso versiert im Umgang mit Spionen wie mein eigener Herr Sully.
    Er sagte: »Der Tod Eures Königs ist nun zwei Wochen her. Warum seid Ihr nicht an der Seite von Monsieur de Rosny? Hat er Euch zu mir geschickt?«
    Ich

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