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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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weniger auffällig als Monsieur Saburo oder ich. Würde es Euch etwas ausmachen, meine Börse zu nehmen und uns eine entsprechende Unterkunft zu suchen? Ich nehme an, dass auch Ihr keine weitere Nacht auf dem kalten Kirchhof verbringen wollt.«
    Sie hatte das Wehrgehänge vollständig angelegt. »Ihr habt Geld? Und das wollt Ihr mir anvertrauen? Messire, seid Ihr sicher, dass Ihr nicht im Mondlicht geschlafen habt?«
    »Ich habe zwischen viel zu vielen Flöhen geschlafen, Mademoiselle, selbst für Southwark, und deshalb hätte ich gerne eine neue Unterkunft.« Und wer weiß schon, wie schnell Fludd von dieser Unterkunft erfahren wird? »Aber wenn Ihr nicht wollt …«
    Sie zeigte mir ihre Zähne. »Oh, ich bin durchaus bereit, mir Euer Geld zu nehmen.«
    Ich tat so, als würde ich die Börse nur widerwillig vom Gürtel nehmen und ihr geben. Sie enthielt nicht mehr als ein Viertel dessen, was Robert Fludd mir gegeben hatte. Den Rest hatte ich gleichmäßig auf meine Stiefel, meine Wamsfutter und die Seiden- und Lederhandschuhe verteilt, die ich extra zu diesem Zweck gekauft hatte.
    »Nennt uns einfach einen Ort, den Ihr hier kennt«, sagte ich, »damit wir uns später dort treffen können.«
    Dariole zuckte mit den Schultern – eine Bewegung, die sowohl ihre Gefühle ausdrückte, als auch das Wehrgehänge zurechtrückte. Sie steckte die Börse in die Brust ihres – oder besser meines scharlachroten Wamses.
    »Eines der Speisehäuser oben bei den Bullenkämpfen. Ich bin halbverhungert. Ich werde Euch schon finden!«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und rannte über das nasse Gras des Kirchhofs. Saburo machte ein knurrendes Geräusch, das ich nicht deuten konnte. Seine seltsamen schwarzen Augen wanderten von ihr zu mir.
    »Rochefort-san.« Saburo hatte meinen richtigen Namen benutzt, wie er es schon auf dem Schiff einmal getan hatte. »Verschwörung. Verrat. Ihr und ich, wir müssen reden, Ronin. Es ist nicht so einfach, wie … wie Ihr es vor Dari-oru-sama klingen lasst.«
    »Es ist ganz und gar nicht einfach«, pflichtete ich ihm bei, »und ich wäre gerne weg von der Straße, bevor ich mit Euch darüber rede. Kommt.«
    Wir – oder besser, ich – aßen das Tagesgericht in dem Speisehaus, das der Bullenkampfarena am nächsten gelegen war. Wie bei allen englischen Gerichten fragte ich mich, ob sie schlicht die Überreste des unterlegenen Tieres zu einem Eintopf verarbeitet hatten.
    »Meine Angelegenheit ist inzwischen dringend geworden, Roshfu-san. Ich darf nicht eher ruhen, bis ich mit Kaiser-König James gesprochen habe.« Saburos Aussprache des Namens war inzwischen wenigstens erkennbar. Ich hätte gewünscht, es wäre anders gewesen. Zum Glück sprach er als Möchtegern-Gesandter. Hoffentlich besaß er auch genügend Verstand, nicht von Verschwörung zu reden, während wir Ellbogen an Ellbogen mit anderen Gästen saßen.
    Saburo erklärte unvermittelt: »Ich schwöre! Ich werde weder essen, schlafen noch baden, bevor ich mich nicht vor diesem König auf den Boden geworfen und mich bei ihm im Namen des Shogun Hidetada entschuldigt habe.«
    Ein wenig verblüfft blickte ich von dem Essen auf. »Ich würde auf solch übereilte Schwüre verzichten, wenn ich an Eurer Stelle wäre, Monsieur. Wenn das letzte Mal, da ich hier war, typisch ist, dann kann es einige Zeit dauern, eine Audienz beim König zu bekommen. Vielleicht ist er ja noch nicht einmal in London. Der Hof könnte genauso gut in Newmarket oder Hatfield sein.«
    Saburos Gesichtsausdruck war wieder einmal nicht zu deuten. »Dann werde ich essen und schlafen, da ich den Kaiser ja lebend erreichen muss.«
    Untröstlich stocherte er in den Überresten seines Essens herum, und da er nichts zu seiner Zufriedenheit fand, nahm er sich schließlich ein Stück Brot.
    »Ich werde jedoch nicht baden«, verkündete er. »Das ist mein Schwur. Ich werde stinken wie ein Gaijin.«
    Er konnte so viele fremdartige Schwüre leisten, wie er wollte, doch ich war nicht bereit, ihm gewisse Ungenauigkeiten durchgehen zu lassen.
    Ich ignorierte die Blicke der Engländer am Tisch und sagte steif, aber leise: »Ihr werdet herausfinden, dass Franzosen nicht stinken. Was diese Engländer betrifft, so habt Ihr jedoch Recht. Sie stinken. Aber sie sind ja auch Barbaren.«
    »Ihr Männer und Frauen von Franz esst Fleisch.« Saburo zuckte mit den breiten Schultern. »Ihr stinkt wie ein Friedhof toter Tiere.«
    Möglicherweise nahm ich ihm noch immer übel, dass er auf den Friedhof so

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