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1614 - Beauloshairs Netz

Titel: 1614 - Beauloshairs Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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drangen zu ihm herüber, aber er beachtete sie nicht. Die meisten starben lautlos, ohne einen Ton der Klage. Sie wußten, worum es ging, und fügten sich.
    Und irgendwann würde es schließlich jeden von ihnen treffen. Es waren junge und alte, die den Weg beschritten, der für das Volk der Hoas den einzigen Ausweg darstellte.
    Der Spiegel der flüssigen Ätze stieg immer weiter, jeden Atemzug ein paar Kieselsteine höher, und die gefährliche Brühe leckte dicht unter den Gräben.
    Vielleicht hunderttausend Opfer noch, bis der See derart an Masse zugenommen hatte, daß er überlief und die Ätze sich in die Kanäle ergoß.
    Es war höchste Zeit, wußte Pred. Ätze als Waffe.
    Die Kanäle führten in den südlichen Bereich des Waldlandes, wo es an den Ozean stieß. Dort bestand die größte Gefahr für einen Angriff, und die Zeichen mehrten sich immer mehr.
    Anfangs hatte man versucht, die Krubis zu melken, jene schlingenden Pflanzen, die sich auf tierische Beute spezialisiert hatten und diese mit einer ätzenden Flüssigkeit zersetzten, um sie zu verdauen. Der Versuch war wegen zu geringer Mengen eingestellt worden, und die letzten Krubis waren einer hungernden Horde junger Hoas zum Opfer gefallen. Sie hatten sich damit selbst zum Tode verurteilt, aber das hatten sie in Kauf genommen. Die Befriedigung ihres Hungers nahm einen größeren Stellenwert ein.
    Pred musterte den Venro, verfolgte Ghawws Bahn voraus und richtete das linke Augenpaar auf den Horizont, an dem die ersten glühenden Strahlen Skals auftauchten. Der Stern stieg steil in die Höhe und übergoß den Kraterwall mit seinem Licht. Irgendwann erreichte er seinen höchsten Stand, ging dann aber nicht unter, sondern versteckte sich hinter Ghaww, der Kugel, die oben am Venro klebte, als habe sie ein verrückter Künstler dort befestigt.
    Die Ströme der Hoas in Richtung Krater nahmen noch immer kein Ende. Sie zogen sich bis weit in das kahle Land hinein.
    In Gedanken überschlug Pred, wieviel dieser tödlichen Flüssigkeit sie benötigten, wenn sie das gesamte Waldland in eine uneinnehmbare Festung verwandeln wollten. Die Zahl, die herauskam, raubte ihm schier den Verstand. Er entfernte sich ein Stück von dem seine Opfer zersetzenden Krater und brachte sich in eine günstige Position zu den Kanälen diesseits des Walls.
    Zunächst bildeten sich an den Einschnitten nur dunkle Flecken von der Feuchtigkeit. Dann begann die Ätze zu fließen, langsam erst, dann immer schneller. Wie eine leicht dickflüssige Suppe wälzte sie sich bergab, und je höher im Krater der Spiegel der Flüssigkeit stieg, desto dünner und schneller wurde sie. Sie rann in die verschiedenen Richtungen davon, erreichte den Fuß des Feuerbergs und lief in die großen Rinnen, die sie an ihr Ziel brachten.
    Zufrieden kehrte der Lehrer zur Burg seiner Sippe zurück, verzehrte die Brut einer Kollegin und verstrickte sich in einen Kampf mit zwei Frauen, die eifersüchtig ihre Nester bewachten. Er verlor ein Bein dabei, aber das störte ihn wenig. Sein Körper war überzogen von Narben und Furchen, die er sich bei verschiedenen Kämpfen eingehandelt hatte. Er war Lehrer und Wissenschaftler, alles andere besaß bei ihm eine untergeordnete Bedeutung. Manchmal erinnerte er sich nicht daran, daß er soeben bereits Nahrung zu sich genommen oder eine Frau begattet hatte. Wenn ihn die Lust dazu überkam und er mit einer Frau kämpfte und ihre Ungeborenen oder die Geborenen fraß, dann hatte er meist keine Ahnung, ob es sich um ein fremdes Nest oder ein eigenes handelte. Es besaß keinerlei Bedeutung.
    Niemand störte sich daran, daß Männer und Frauen von großen geistigen Fähigkeiten sich zu ausgesprochenen Brutfressern entwickelten. Sie brauchten es zur Stärkung ihres regen Geistes und zum Ausbau von dessen Fähigkeiten. Pred berechnete alle Wanderungen der Gestirne, was früher niemand eingefallen wäre, weil der dichte Wald den Venro verborgenhielt. In den modernen Zeiten jedoch ragten die meisten Stämme kahl empor und dienten als unverrückbare Merkmale der Orientierung.
    Dazwischen hingen die riesigen, kunstvoll gewobenen Netze der Hoas. Sie glichen großen Blüten oder Schirmen, und sie erstreckten sich in alle Richtungen. Sie wirkten wie Siebe, in denen sich selbst winzige Insekten verhedderten und nicht mehr entkamen. Aber die meisten der kunstvollen Gebilde waren vertrocknet und versagten ihren Dienst. Neue Netze zu weben, ergab keinen Sinn.
    Zudem waren die meisten Hoas inzwischen

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