1614 - Beauloshairs Netz
mehrere Millionen, und es wurden immer mehr. Wenn sich alle Grwan aus dem Ozean versammelten, dann überrannten sie alles, was auf dem Festland existierte.
Doch die Gräben und Kanäle mit der Ätze warteten, gefüllt bis zum Rand. Und noch immer floß aus dem fernen Kratersee Flüssigkeit nach, und die Hoas sorgten mit ihrem Gang dorthin dafür, daß der Flüssigkeitsspiegel immer hoch genug blieb, damit die Ätze in die Kanäle abfließen konnte. Die geschicktesten Baumeister hatten das System nach den Anweisungen der Rechengenies erbaut. Diese Art der Abwehr hatte nur einen Nachteil. Die Ätze löste die Körper auf, es blieb nichts übrig, was als Nahrung genießbar war. Den einzigen Hoffnungsschimmer für die Hoas stellten die ungeheuren Mengen an Grwan dar, die aus den Fluten stiegen und auf die Wälle zueilten, um ein Gebiet zu erobern, in dem sie überleben konnten.
Was die vielen Toten anging, die nicht alle auf einem Platz verzehrt werden konnten, gab es die größten Probleme. Ein Verteilernetz für Kadaver befand sich erst im Aufbau, Düngerstationen wurden errichtet, die dazu benutzt werden sollten, Teile des Waldlandes zu regenerieren und die pflanzliche Natur zu neuem Wachstum anzuregen.
Doch schlußendlich fügte die Natur des Planeten es anders, als es die Grwan und die Rechenmeister der Hoas erwarteten.
*
Die Katastrophe zerriß einen Teil des verödeten Waldlandes und hinterließ einen riesigen dampfenden Krater.
Sie tötete zwei Millionen Grwan und dreieinhalb Millionen Hoas. Sie vernichtete das noch intakte Zentrum des Waldlandes und zwang alle Überlebenden zur Flucht ins Felsenland. Vier Millionen retteten sich ohne Verletzungen in das kahle Gebirge, während sich hinter ihnen ein riesiger Koloß aus dem Ozean hob und aufwärtsstieg, bis sie selbst von den Spitzen der Berge keine Sicht mehr auf das Meer hatten.
Das war das Ende des bisherigen Weges, und als sie sich unter der Last der Ascheregen und der glühenden Funken zu kleinen Gruppen zusammenfanden, wußte keiner mehr, wer ein Grwan und wer ein Hoa war. Sie fielen über die Alten, Schwachen und Verwundeten her, sättigten sich an ihnen und legten mit den Resten Kurzzeitdepots an.
Hier konnten sie nicht bleiben. Das wenige Kleingetier, das sich im Felsenland angesiedelt hatte, reichte nicht aus, um wenigstens den schlimmsten Hunger zu stillen. Die Wächter standen ratlos auf den Kuppen und drehten ihre Körper unentschlossen hin und her. Die Späher kehrten erschöpft und dezimiert zurück und berichteten, daß es bis an Ende der Landmasse keinen einzigen Baum mehr gab und keinen einzigen Grashalm.
Also hungerten sie vor sich hin und vertrieben sich die Zeit mit Liebesspielen von teils tödlichem Ausgang. Die Ausschreitungen der Geschlechter hielten sich die Waage. Es gab Männer, die ihre Frauen oder deren Brut oder beide zusammen töteten und fraßen. Ebenso oft töteten Frauen Männer, die sich zu nahe an das Nest wagten und im Liebestaumel ihre klaren Sinne einbüßten. Die Frauen verwendeten ihre Opfer zur Aufzucht der Brut.
Die kleinen Überlebensgruppen begannen sich untereinander zu bekriegen und sich die Reviere streitig zu machen. Dies war jedoch nur ein Vorwand.
Das Felsenland war groß genug für sie alle, zumindest vorläufig. Es ging einzig und allein um die Nahrung, und so lebten sie von den Kämpfen und ernährten sich von den Toten und Verwundeten.
Sie fraßen manche Brut als Leckerbissen, selbst Frauen machten sich über ihre eigenen Kinder her. Sie zerrten wahllos Männer in ihre Liebesnester und gebaren immer häufiger, um sich selbst am Leben zu erhalten.
Die Zahl der Bewohner des Felsenlandes verdoppelte und verdreifachte sich rasch. Der letzte Grashalm zwischen den Steinen und das letzte Moosbüschel in einer schier unerreichbaren Nische an den Steilwänden war ein Opfer des Hungers geworden, und meist sättigte sich nicht der waghalsige Kletterer damit, sondern die, die unten warteten, bis er mitsamt seiner Errungenschaft abstürzte und zerschellte.
Und über alldem hing ein dunkler, ascheschwangerer Venro, und immer häufiger tobten Gewitter, schlugen Blitze in die Felsbastionen ein, entfalteten ihre Energien und riefen die Aufmerksamkeit der großen Rechner und Kombinierer hervor. Ein toter Vogel fiel zwischen sie, der letzte, der sich in diese Region verirrt hatte und der glühenden Asche hoch oben in der Luft zu nahe gekommen war.
Sie untersuchten ihn und erkannten, daß es einen solchen
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