1619 - Krisenherd Bolan
wünschte sich Daccran, Tenesch würde die Dinge nicht um des lieben Friedens willen treiben lassen, sondern energischer angehen, wenn es sein mußte.
Er selbst hatte Schwierigkeiten genug damit, wenigstens äußerlich ruhig zu bleiben und das zu unterdrücken, was ihn innerlich aufwühlte und ihn vor sich selbst erschrecken ließ. „Soll ich ihnen denn den Gefallen tun und selbst Feuer an die Lunte legen, die zu ihrem Pulverfaß führt?" fragte Tenesch. „Darauf warten sie doch, Daccran. Denn dann werden sie uns die Schuld an jeder weiteren Eskalation der Gewalt geben, und dann..."
Er winkte ab und bat Daccran, ihn jetzt mit Urun allein zu lassen. Er blieb jederzeit über Funk erreichbar, sollte sich etwas Neues ereignen.
Daccran verabschiedete sich und begab sich per Transmitter zurück in sein Haus am Strand des Ozeans. Er befahl seinem Servoroboter, den großen Wandbildschirm einzuschalten und einen Sender zu suchen, der gerade Nachrichten ausstrahlte.
Um sich umzuziehen und frisch zu machen, war er viel zu aufgeregt. Er ließ sich nur mitteilen, wer ihn in seiner Abwesenheit zu sprechen gewünscht hatte und warum.
Nichts war darunter, was nicht warten konnte - vier andere Ratsmitglieder, Presse, Bekannte und Verwandte, die ihm sagen wollten, wie leid ihnen alles tat.
Das alles konnte er sich auch morgen noch anhören.
Zwei Minuten später, nachdem sich Daccran mit einem Getränk etwas beruhigt hat, war dies ohnehin alles vergessen.
Er stieß einen Schrei aus und beugte sich in seinem Sessel weit vor, die Augen weit aufgerissen und ungläubig auf den Bildschirm gerichtet. Das Feld füllte die ganze Wand wie ein Panorama, das man beim Blick auf eine offene Hausseite vor sich hatte. „Nein", flüsterte er, einen dicken Kloß im Hals fühlend. „Bei den Göttern, das ist nicht wahr..."
Der Tag danach...
Sechs der neun Bolaner, die den Planetarischen Regierenden Rat bildeten, ließen sich zu jenen zählen, die den Status quo befürworteten und verfochten, also die Zugehörigkeit zum arkonidischen Imperium. Zu ihnen gehörten neben Tenesch von Valvaar und Daccran von Umayn die drei Frauen Jargil von Arkonak, Drusa von Caynas und Heyma von Valvaar.
Letztere war mit Tenesch nicht verwandt oder verschwägert.
Der dritte Mann der Sechserfraktion hieß Ooman von Duun und war der typische Vertreter des vollkommen vermischten Bolaners.
Jargil von Arkonak war fast, Drusa von Caynas noch völlig reinrassig arkonidisch. Bei Heyma von Valvaar überwog trotz ihrer Gesinnung und des Namens noch weitgehend das akonische Blut.
Harga Molesh, Zetthus Kon und Belal Minna bildeten die proakonische Fraktion. Sie gehörten alle drei der vor dreizehn Jahren neugegründeten Partei „Bolanische Söhne Akons" an und forderten vehement die Unabhängigkeit Bolans und des gesamten Pungin-Systems. In den letzten Monaten hatten sie ihren Standpunkt dahin gehend verschärft, daß sie in der Öffentlichkeit laut überlegten, ob nicht der Anschluß ans akonische Reich mehr Vorteile brächte als der herrschende Zustand, den sie als immer brisanter bezeichneten.
Der Hauptgrund, den sie dafür anführten, war die unübersehbare Aktivität des Neuen Imperiums von Arkon, das nach vielen Jahrhunderten des Dahindämmerns nun wieder zu einem galaktischen Machtfaktor erster Güte geworden war.
Und Munition in den immer heftiger werdenden Ratsdebatten und verbalen Attacken in der Öffentlichkeit lieferten ihnen die Gerüchte um eine neue, paramilitärische Geheimorganisation Arkons, die sich hinter der Bezeichnung GAFIF verbarg und angeblich nur der Förderung und Sicherheit der Wissenschaften diente. „Arkon ist auf Expansion aus!" rief jetzt auch Belal Minea aufgebracht. Der fast reinblütige Akone schüttelte die rechte Faust gegen das Kameraauge, das ihm am nächsten schwebte und durch ein Blinklicht anzeigte, daß es ihn gerade aufnahm.
Die Ratssitzung wurde aufgrund ihrer Bedeutung planetenweit übertragen. Die neun Ratsmitglieder saßen an einem weiten, kreisförmigen Tisch, in dessen Mitte eine pyramidenartige Infokomsäule Bilder von allen momentan wichtigen Schauplätzen Bolans zeigte. Ständig wurden neue Informationen gesendet. Eine entsprechende Technik sorgte dafür, daß jedes Ratsmitglied dabei nur die Nachrichten sah und hörte, die speziell für es von außen hereinkamen. „Arkon will die Galaxis beherrschen!" ereiferte sich Minea, der von seinem weitgeschwungenen Schalensitz aufgesprungen war und die Zuschauer
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