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1619 - Krisenherd Bolan

Titel: 1619 - Krisenherd Bolan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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waren.
    Auf Bolan hatte es nie eine Armee gegeben, und die Ordnungstruppe war nur dazu da, dort zu helfen, wo Not am Mann war - eine Mischung aus Polizei, Feuerwehr und technischem Hilfsdienst. Die dem Regierenden Rat direkt unterstehende Garde war die nötig gewordene Antwort auf den plötzlichen Terror des Blauen Pfeils. Sie umfaßte nur hundert Männer und Frauen und war bis zu diesem Tag von der Bevölkerung mit gemischten Gefühlen betrachtet worden.
    Jetzt wurde sie gehaßt.
    Daccran von Umayn sah aus den Augenwinkeln heraus, wie Bewegung in den Vorsitzenden kam. Tenesch von Valvaar erhob sich, und der Tumult ringsum verstummte.
    Hoffnungsvolle Blicke hier, mißtrauische und abweisende dort richteten sich auf ihn. Offenbar wollte Tenesch jetzt eine öffentliche Erklärung abgeben, aber Daccran bezweifelte, daß dies noch viel Sinn hatte.
    Viel zu lange hatte er geschwiegen. Waren seine Gedanken bei seiner Frau Urun gewesen, die den Kampf gegen den Tod inzwischen gewonnen hatte? Und bei Vrana?
    Daccran wußte, wie schwer es war, die Trauer in den Hintergrund zu schieben. Er kam sich wie ein Verräter an Vrana vor, aber die Toten retteten die Lebenden nicht. Die Zeit zum Trauern kam erst noch.
    Tenesch hatte ihm geschworen, daß er der Garde keinen Befehl gegeben habe. Er war auch fest davon überzeugt, daß es keine Angehörigen der Eingreiftruppe gewesen waren, die die Massaker verübt hatten. Daccran glaubte es ihm, aber draußen, in den Städten, tat man es nicht.
    Die wenigen Besonnen hatten keine Chance gegen die aufgebrachten Bürger aus beiderlei Lagern, die sich in immer größerer Zahl auf den Plätzen und Straßen einfanden und wild protestierten. Daccran sah die Bilder auf der Infokomsäule. Es war bereits zu den ersten Zusammenstößen gekommen.
    Proarkonidische Bolaner prügelten sich mit proakonischen. Es war wie ein Alptraum, der einfach nicht enden wollte.
    Dann fielen die ersten Schüsse.
    Woher die Leute plötzlich Waffen hatten, konnte Daccran nicht begreifen. Er wußte nur, daß jetzt etwas geschehen mußte. Er mußte etwas tun. Teneschs Erklärung kam viel zu spät. Niemand schien sie mehr hören zu wollen. Die öffentliche Ratssitzung war schnellstens anberaumt worden, um die Wogen der Empörung zu glätten.
    Wenn sie überhaupt etwas erreicht hatte, dann eher das Gegenteil. „Bolaner", sagte Tenesch, „hört mich an!" Er sprach mit unerwartet fester Stimme, die nicht nur in die Häuser übertragen wurde, sondern von allen öffentlichen Kom-Säulen durch die Städte hallte. Daccran konnte sehen, daß einige der aufgebrachten Bürger innehielten und zuhörten. Tenesch von Valvaar war immer von ihnen verehrt worden, seine Frau und seine Tochter waren beliebt gewesen. Noch vor Stunden hatten diese Menschen mit dem Ratsvorsitzenden getrauert - und nun trauten sie ihm zu, sich blutig zu rächen. Daccran verstand seine Welt nicht mehr. Hatte dieser nun offen zutage tretende Haß, hatten diese unglaublichen Aggressionen viele Jahre lang in den Bolanern geschlummert, nur um jetzt so vehement auszubrechen? „Hört mir zu!" rief Tenesch. „Kein einziges Mitglied der Garde hat etwas mit dem Blutvergießen der letzten Nacht zu tun. Ich habe mit dem Kommandanten gesprochen und glaube ihm. Es ist nicht schwer, sich gelbe Uniformen anzufertigen, so, wie sie die Garde trägt. Ich habe nur Aufzeichnungen der Greueltaten gesehen, aber dennoch weiß ich, daß alles viel zu schnell ging, um sich auch nur ein Gesicht merken zu können.
    Ich appelliere an eure Vernunft, Mitbürger, und bitte euch, in eure Häuser und Wohnungen zurückzukehren! Wir werden die wahren Schuldigen finden und vor ein Gericht stellen. Ich glaube zu wissen, wer allein ein Interesse daran haben kann, daß Bolaner gegen Bolaner kämpfen, Freunde zu Feinden werden! Aber im Gegensatz zu gewissen anderen Personen halte ich mich mit einer Anklage zurück, bevor wir nicht..."
    „Sprich es ruhig aus!" fuhr im Zetthus Kon ins Wort. „Wen willst du beschuldigen? Durch dein Drumherumgerede schürst du sonst nur noch die Unsicherheit und das Mißtrauen, aus denen heraus das entsteht, was wir heute erleben müssen. Es ist der dunkelste Tag in der Geschichte unserer Welt!"
    „Ich werde nichts sagen, ohne Beweise zu haben", verteidigte der Ratsvorsitzende seinen Standpunkt. „Und ich fordere Neuwahlen!" schrie Harga Molesh, der dritte der BSA angehörende Rat. „Ich ..."
    Daccran hielt es nicht mehr auf seinem Stuhl. Er kannte Tenesch gut

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