1626 - Die Nymphe
damit, es umzukippen. Es war zu breit, dazu kam unser Gewicht.
Sie tauchten nicht mehr auf. Ich hatte zwei von ihnen vernichtet, das hatten sie wohl nicht vergessen. Sie kämpften unter Wasser. Von unten erfolgten ihre Angriffe. Immer wieder wurde das Boot angehoben.
Ich dachte an den Außenborder. Da wir uns am Bug befanden, musste ich über die nass gewordenen Planken zum Heck rutschen, um ihn zum Laufen zu bringen.
Bevor ich das in Angriff nahm, schaute ich über die Ränder. Im Moment war kein Troll zu sehen. Dass sie aufgegeben hatten, glaubte ich nicht, doch genau danach fragte mich Judy.
»Sind sie weg?« Sie saß zitternd auf dem Boden des Bootes und hielt sich an den Rändern der Planken fest.
»Das hoffe ich«, sagte ich. »Aber sicher können wir uns nicht sein.«
»Der Motor, nicht?« Sie nickte mir heftig zu und atmete keuchend.
»Ich werde es versuchen.«
»Mach schnell. Das Boot schaukelt schon wieder.«
Da hatte sie recht. Und es waren nicht die Wellen, die daran die Schuld trugen. Unser Boot erhielt von unten einen weiteren Stoß, sodass es erneut von einer Seite zur anderen schaukelte. Ein normaler Kahn wäre längst gesunken. Wir konnten dem Himmel danken, dieses Schlauchboot gefunden zu haben.
Ich hatte das Heck noch nicht erreicht, als ich Judys Schrei hörte. Sofort drehte ich den Kopf.
Jetzt war es passiert!
Einem Troll war es gelungen, das Boot zu entern. Noch hing er halb über dem Wulst. Er wollte sich die junge Frau holen, die aber wehrte sich mit dem Mut der Verzweiflung. Es war ihr gelungen, nach einem Paddel zu greifen. Damit schlug sie wuchtig auf den Kopf des Trolls ein und hatte bereits einen Teil des Gesichts zerschmettert.
Er wollte sie trotzdem packen. Die Schläge schienen ihm nichts auszumachen.
Ich holte die Beretta hervor.
Der Schuss bellte auf. Dann steckte die Kugel in dem hässlichen Kopf.
Der Troll kippte weg und tauchte unter.
Judy schrie mir zu. »Beeil dich! Mach doch schneller!« Sie fuchtelte mit den Paddel herum, als würde sie auf weitere Gegner warten, die sie damit erschlagen konnte.
Ich betete innerlich, dass ich es schaffte, den Motor anzulassen. Und dass mich dabei niemand stören würde. Noch hatten ihn unsere Feinde nicht abgerissen, doch als ich die Kordel in der Hand hielt und daran zog, hörte ich nur ein Stottern. Zugleich fiel mir auf, dass das Wasser um uns herum dunkler geworden war. Eine Erklärung hatte ich nicht, da musste ich erst über die Bordwand schauen.
Ich sah keinen Troll mehr, obwohl ich nicht glaubte, dass sie sich zurückgezogen hatten. Es lag am Wasser, das längst nicht mehr so klar war. Vom Grund her hatte sich etwas in die Höhe geschoben. Es waren Arme, es waren Äste, es waren lange Pflanzen wie kräftige Lianen oder auch zu vergleichen mit den Tentakeln eines Riesenkraken.
Sie bewegten sich in alle möglichen Richtungen, griffen zu und fanden ihre Ziele.
Es waren die Trolle. Das Bild bot sich mir nur verschwommen, aber ich sah, dass dieser unterirdische Wald sich vermehrt hatte und zu unserem Helfer geworden war.
»Fahr doch!«, schrie mich Judy an.
»Nein!«, rief ich zurück.
»Was ist denn?«
Ich gab ihr keine Antwort, sondern schaute weiter auf das, was sich in der Tiefe abspielte. Man konnte von einem Drama sprechen. Natürlich nur für die Trolle, die von diesen Ästen, Lianen oder Zweigen geholt wurden. Wie Gummibänder schlangen sie sich um ihre Körper und gaben sie nicht mehr frei.
Das war nicht normal. Das musste einfach gesteuert sein. Irgendeine Macht, die ebenfalls sehr stark war, wollte nicht, dass wir starben. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, aber das Nachdenken dauerte nicht lange an, weil ich eine Antwort erhielt.
Ich hatte den Eindruck, dass innerhalb dieser unter Wasser ablaufenden Szenerie ein altes Gesicht erschien, das mal verschwommen und dann wieder klar aussah.
Ich kannte das Gesicht.
Aber ich wollte es nicht glauben, wurde jedoch eines Besseren belehrt, als ich die Stimme in meinem Kopf hörte.
»Deine Zeit ist noch nicht gekommen, John. Du weißt, dass ich die böse Seite von Aibon ebenso hasse wie du.«
Jetzt hatte ich den Beweis, und der Name kam mir flüsternd über die Lippen.
»Mandragoro…«
***
Mandragoro, ein Wesen, das nicht zu erklären und zu begreifen war. Ich hatte ihm den Namen Umwelt-Dämon gegeben, denn er griff oft dort ein, wo Menschen in ihrer Verblendung der Umwelt Gewalt antaten.
Er stand nicht auf der Seite des Dämonenfürsten Guywano. Im
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