1626 - Die Nymphe
Gegenteil, er wollte das Gleichgewicht gewisser Kräfte beibehalten.
»Diesmal stehen wir zusammen, John. Ich werde mir das holen, was Aibon bereits in diese Welt geschickt hat. Und ich werde dafür sorgen, dass sich das Tor wieder schließt.«
»Danke.«
Ich blickte ins Wasser. Das Gesicht schien die gesamte Breite der Höhle einzunehmen. Es bildete den Mittelpunkt eines Wasserwalds, dessen Bäume und Pflanzen sich die restlichen Trolle holten und mit ihrer Kraft zerrissen.
Ich war Zuschauer, und ich erlebte, wie das Bild schwach und schwächer wurde. Schon bald gewann das Wasser seine alte Klarheit zurück. Nur ein paar wenige Unterwasserpflanzen wiegten sich auf dem Grund.
»John, was ist los? Was geschieht da unten?«
Ich drehte mich zu Judy um. Dabei lächelte ich. »Du kannst davon ausgehen, dass es vorbei ist.«
»Wie?«
»Ja, wir können fahren.«
Es dauerte, bis sie ihre Sprache erneut gefunden hatte. »Und was ist da passiert?«
Ich hob die Schultern.
Damit gab sie sich nicht zufrieden. »Kann man denn von einem Wunder sprechen?«
Da hatte sie mir ein Stichwort gegeben, weil ich ihr die Wahrheit nicht sagen wollte.
»Ja, das kann man.«
Judy sagte nichts mehr. Dafür bekreuzigte sie sich. Ich schaute dorthin, wo ich hinter dieser Felswand die Schatten aus einer anderen Welt gesehen hatte.
Es gab sie nicht mehr.
Aibon hatte sich zurückgezogen.
Und so konnte ich mit ruhigem Gewissen den Motor starten…
***
Wir erreichten das Bootshaus und stiegen wenig später in den Rover.
Beide waren wir noch nass, was uns nichts ausmachte, denn wir waren noch am Leben.
Judy May konnte das noch immer nicht fassen. Auch jetzt, da wir uns auf dem Weg zum Kloster befanden, schüttelte sie immer wieder den Kopf und suchte nach einer Erklärung, die ich für mich behielt, denn ich wollte sie auf keinen Fall noch mehr verunsichern.
»Ich werde nie mehr auf den See hinaus fahren, John, darauf kannst du dich verlassen.«
»Das ist auch besser so.«
Sie sprach ein anderes Thema an. »Glaubst du denn, dass Melissa jetzt ihre ewige Ruhe gefunden hat?«
»Das will ich doch hoffen. Wir werden im Kloster die Wahrheit erfahren.«
»Ja, da bin ich gespannt.«
Und wir erfuhren im Kloster die Wahrheit. Martha Lee, die bereits auf uns gewartet hatte und uns freudig empfing, ließ uns ein und erklärte dann, dass sie unten im Keller gewesen war.
»Gibt es Melissa noch?«, fragte ich.
»Ja.« Auf dem Gesicht zeichnete sich eine Gänsehaut ab. »Es gibt sie. Aber ich würde keinem Menschen raten, sie sich anzuschauen. Sie sieht jetzt so aus, wie sie aussehen muss.«
»Dann hat sie ihren Frieden gefunden«, erklärte Judy.
Dem war nichts hinzuzufügen…
ENDE
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