1627 - Panik
Ich habe Hoffnung.« Er lächelte.
»Und Sie haben nicht darüber nachgedacht, was ihn in diesen Zustand hineingetrieben haben könnte?«
Dr. Kennedy warf den Kopf zurück und lachte. »Wie stellen Sie sich das vor? Dieser Mann war nicht mehr er selbst. Man konnte mit ihm nichts anfangen. Das hat sich bis zum heutigen Morgen gehalten. Gestern wurde er bei uns eingeliefert.«
»Wir möchten ihn trotzdem sehen«, sagte ich.
Mich traf ein nachdenklicher Blick. »Ich weiß nicht, ob das etwas bringt. Zudem möchte ich den Patienten nicht zu stark überfordern.«
»Das ist uns klar, Doktor. Allerdings sind wir nicht hier, um gleich wieder zu gehen, ohne mit dem Patienten gesprochen zu haben. Er muss etwas erlebt haben, das uns bisher ein Rätsel ist. Möglicherweise können wir es erhellen.«
Der Arzt überlegte. Er wollte wissen, ob wir medizinisch vorgebildet waren.
»Bestimmt nicht«, erklärte ich. »Da wir jedoch im Einsatz sind, könnte es sein, dass der Zustand dieses Mannes nicht auf einen rein medizinischen Grund zurückzuführen ist, sondern auf einen anderen.«
»Haben Sie denn einen Verdacht?«
»Nein, nur allgemein. Es kann sein, dass er mit Vorgängen in Berührung gekommen ist, die jenseits unseres normalen Vorstellungsvermögens liegen.«
»Das begreife ich nicht.«
»Überlassen Sie das nur uns.«
Dr. Kennedy presste für einen Moment die Lippen zusammen. Dann nickte er. »Gut, kommen Sie mit.«
Ich konnte mich in ihn hineinversetzen. Er war der Fachmann und fühlte sich ins Abseits gedrängt.
»Bitte, Doktor, nehmen Sie es nicht persönlich. Aber man kann sich nicht mit allen Dingen auskennen.«
»Wenn Sie das sagen, Mr. Sinclair…«
***
Vor der Zimmertür des Patienten blieben wir stehen. Wir hatten noch erfahren, dass hier nur Menschen lagen, die im Leben etwas Besonderes waren und im Blickpunkt der Öffentlichkeit standen. In dieser Etage hatten sie ihre Ruhe, und das war im Fall dieses hohen Polizeioffiziers unbedingt notwendig.
Es waren alles Einzelzimmer. Nach dem Eintreten sahen wir den Commissioner in dem breiten Krankenbett liegen. Es gab einen Tropf, der ihn versorgte, ansonsten war er an keine Apparate angeschlossen, da ihm körperlich nichts fehlte.
Unser Eintreten hatte er nicht wahrgenommen. Jedenfalls zeigte er keine Reaktion, die darauf hingedeutet hätte.
Wir wollten jedes Geräusch vermeiden und näherten uns mit kaum hörbaren Schritten seinem Bett. Durch ein breites Fenster fiel das Tageslicht herein. Damit es nicht zu hell war und den Patienten blendete, war ein Faltrollo vor die Scheibe gezogen worden. Ein Muster aus grauen und hellen Streifen breitete sich vor dem Fenster aus.
Albert Finch war ein Mann mit einem Gesicht, bei dem die hageren Wangen ebenso auffielen wie die kleine Nase. Es wirkte wie aus Beton gegossen, weil es nur aus Knochen zu bestehen schien, über die sich eine dünne Haut zog.
Die Augen hielt er geschlossen, doch ich konnte mir vorstellen, dass er durch die Schlitze etwas sah. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig. Der Mann schien sich nur hergelegt zu haben, um sich mal auszuruhen.
»So war er nicht immer«, erklärte der Arzt. »Es steht zwar nicht unter Drogen im eigentlichen Sinne, aber wir haben ihm schon einige Sedative spritzen müssen.«
»Wie sehr ist er denn weg?«, fragte ich. »Ist er in der Lage, die Umgebung normal wahrzunehmen?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich denke jedoch, dass er sich in einer Aufwach-und Erinnerungsphase befindet.«
Es war für uns wichtig, dass er mit uns redete. Wir wussten ja nichts. Es war uns nur bekannt, dass er durchgedreht war und sich völlig anormal verhalten hatte. Zudem gehörte er zu einer Gruppe, die man als Geheimnisträger ansehen konnte. Möglicherweise waren wir auch deshalb hergeschickt worden.
Doch das konnte nicht der einzige Grund sein, das sagte mir mein Gefühl. Jetzt war es wichtig, dass wir es schafften, ihn zu bewegen, uns mitzuteilen, was ihn hierher gebracht hatte.
»Haben Sie mit ihm reden können, Doktor?«
»Nicht wirklich.«
»Aber wir können es jetzt und hier versuchen.«
»Bitte.«
Ich wollte mich vorbeugen und suchte nach den richtigen Worten, um den Commissioner anzusprechen, aber er kam mir zuvor.
»Keine Sorge, ich bin wach.«
Das war eine Überraschung. Nicht nur für Suko und mich, sondern auch für den Arzt, der ungläubig schaute, als der Patient seine Augen öffnete.
Wir standen an der Seite des Bettes und so, dass er uns ansehen
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