1647 - Engelstadt - Höllenstadt
überrascht hatte, denn eine derartige Aktion hatten sie ihr wohl nicht zugetraut. Und so standen sie weiterhin auf dem Vorsprung, schauten in die Tiefe und überlegten, was sie tun sollten.
Zwei, nicht mehr!
Waren es wirklich nur zwei Feinde, mit denen wir es hier zu tun hatten?
Das konnte ich nicht glauben. Ich drehte mich um, um Carlotta danach zu fragen, doch das konnte ich mir sparen, denn über unseren Köpfen entstand ein Geräusch, das ich sehr gut kannte.
Es war ein Schwappen, vermischt mit einem Rauschen, das sich uns immer mehr näherte. Ich warnte Maxine und Carlotta durch einen knappen Ruf, bevor ich einen Schritt zur Seite trat und dabei beinahe auf einem glatten Knochen ausgerutscht wäre. Soeben konnte ich mich noch fangen.
Zwei andere Nephilim hatten uns fast erreicht. Sie hatten inzwischen stark an Höhe verloren. In der Luft kamen sie mir vor wie zwei riesige Zeltplanen, die auf uns niedersanken.
Ich zog meine Waffe.
Dann die Schüsse.
Ich hatte mich breitbeinig aufgebaut, drückte zweimal ab und dachte dabei an meine erste Begegnung mit ihnen. Da hatte mir das Kreuz geholfen, aber auch nur indirekt, denn die eigentliche Gefahr für die Nephilim war von den Erzengeln ausgegangen.
Leider steckte das Kreuz noch in meiner Tasche. In dieser Umwelt, die mich sehr mitgenommen hatte, war mir der Gedanke nicht gekommen, es ins Freie zu holen.
Beide geweihten Silbergeschosse hatten getroffen. Ob die Nephilim dadurch auch vernichtet wurden, musste sich erst noch herausstellen.
Jedenfalls entsprach ihre Reaktion die eines normalen Menschen.
Die Kugeln hatten ihren Angriff gestoppt. Einer der pervertierten Engel kippte nach rechts weg, der andere nach links. Die Kugeln steckten in ihren Körpern, aber als sie landeten, stürzten sie nicht zu Boden.
Schwankend hielten sie sich auf den Beinen.
Es war für mich faszinierend, ihnen zuzuschauen und zu sehen, was meine Geschosse angerichtet hatten. Genau dort, wo sie ein Loch in die Körper gestanzt hatten, zeigte die graue Haut eine Veränderung. Nicht nur, dass sie aufgerissen war, es geschah noch etwas anderes. Die Stellen leuchteten auf und wurden sogar durchsichtig, als würde Licht hindurchscheinen.
Das war verrückt, aber es vernichtete die Nephilim nicht. Es schwächte sie nur. Sie hatten mit sich zu kämpfen.
Ich wollte es zu einem Ende bringen und hielt meine Beretta jetzt mit beiden Händen fest. Es war nicht einfach, die zuckenden Köpfe zu treffen, denn die hatte ich mir als neues Ziel ausgesucht.
Maxine und Carlotta waren zur Seite getreten und weg aus der unmittelbaren Gefahrenzone. Ich hatte freies Schussfeld und ich ging noch näher an die beiden heran. Der erste Schuss.
Die Silberkugel jagte über der flachen Nase genau in den Schädel hinein. Etwas spritzte auseinander, es sprühten sogar Funken, und das lenkte mich bei meinem zweiten Schuss etwas ab.
Genau in dem Augenblick, als ich abdrücken wollte, drehte sich der pervertierte Engel zur Seite. Es sah aus, als wollte er wegfliegen, obwohl ihn das geweihte Silber geschwächt hatte.
Carlotta reagierte schneller. Aus dem Stand sprang sie der Gestalt entgegen und hakte sich an einem Flügel fest.
Ich hörte einen bösen Schrei und sah, dass der Nephilim zur Seite kippte. Er schlug mit seinen Flügeln um sich, ohne sich allerdings erheben zu können, weil Carlotta an ihm hing.
»Los, John!«
Das stinkende Geschöpf drehte sich mir entgegen, ohne dass es von meiner Helferin losgelassen wurde.
Ich starrte in das böse Gesicht, in die kalten Augen ohne Ausdruck, und jagte die Kugel genau in die Stirn hinein. Die Silberkugel zerschlug die Knochen, ließ sie splittern. Eine eklig riechende zähe Masse quoll aus dem Schädel.
Carlotta ließ den Nephilim los, und er brach vor uns zusammen.
Er stand nicht mehr auf. Kein Zucken der Glieder, keine Bewegungen der Flügel, da war nichts mehr, nur die Starre.
Hatten wir gesiegt?
Ich wollte es nicht glauben, denn ich dachte an die beiden Nephilim auf der Plattform, von der Carlotta gestartet war. Mein erster Blick flog dorthin, und ich musste leider feststellen, dass sie leer war.
Maxine hatte meinen Blick bemerkt.
Sie konnte nichts sagen und hob nur die Schultern.
Auch Carlotta hatte nichts gesehen, sagte jedoch: »Sie sind bestimmt geflohen, als sie gesehen haben, was mit ihren Brüdern geschah.«
Ich hob die Schultern.
»Bist du anderer Meinung, John?«
»Ja. Ohne allerdings sagen zu können, was sie wirklich vorhatten. Da
Weitere Kostenlose Bücher