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1648 - Die Spiegelgeborenen

Titel: 1648 - Die Spiegelgeborenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Mädchen hoch im Kurs stand. Es machte sie darum stolz, mit ihm ein Rendezvous zu haben. Es war nicht das erste. Sie hatte sich schon ein paarmal nachts aus dem Haus geschlichen, wenn die Mutter ihren Vergnügungen nachging - mit einem Raumfahrer namens Cadfael Benek, wie sie jetzt wußte. „He, laß das!" beschwerte sie sich, als Bob an ihr herumzufummeln begann. „Du weißt, daß so was bei mir verboten ist."
    „Hab dich doch nicht so, Nadja."
    Sie rangelten eine Weile herum, und Nadja hatte eigentlich ihren Spaß daran. In ihr regte sich jedesmal ein seltsames Gefühl, wenn sie Bob nahe war. Es waren vollkommen andere Empfindungen als die, die sie in der Nähe ihrer Zwillingsschwester hatte - geringer eigentlich, aber doch ganz anders und aufregend. Als Bob aber wieder an ihr herumzumachen begann, da hatte sie schlagartig genug.
    Sie sagte es ihm mit aller Bestimmtheit. Aber er tat ihre Einwände mit albernen Plattheiten ab und wollte nicht von ihr lassen. „Und daß du es weißt", schleuderte sie ihm ins Gesicht. „Wir wandern aus der Provcon-Faust aus, und ich will dich nie wiedersehen!"
    „Im Ernst?" Er glaubte ihr nicht. „Wenn das so ist, möchte ich zum Abschied zumindest ein Pfand. Wie war's mit einem letzten Kuß? Oder mit dem da?"
    Ehe sie sich's versah, hatte er ihr den Entfernungsmesser vom Handgelenk gerissen und hielt ihn wie eine Trophäe hoch, während er sich rückwärts gehend von ihr entfernte. „Gib mir das Gerät sofort zurück!" verlangte sie, während sie ihm folgte. „Du weißt, wie wichtig es für mich ist."
    „Wie wichtig? Was bist du bereit, mir dafür zu geben?"
    Er sagte es lachend, und sie dachte, er treibe lediglich seine dummen Spaße mit ihr. Immerhin hatte sie ihm anvertraut, durch unsichtbare Bande unzertrennlich an ihre Schwester gebunden zu sein und daß sie sich nicht weiter als etwa einen Kilometer von ihr entfernen durfte.
    Er ließ sie immer wieder an sich herankommen, hielt ihr den Entfernungsmesser wie einen Köder hin, um dann nach ihr zu grapschen, wenn sie ihn angeln wollte. Wenn sie sich seinem Zugriff entwand, dann lief er wieder ein Stück davon,' und sie folgte ihm notgedrungen.
    Das ging einige Male so, ohne daß Nadja klar wurde, wie weit sie gegangen war. Das merkte sie erst, als sich in ihrem Kopf ein dumpfes Pochen bemerkbar machte, das unvermittelt in eine Explosion zu münden schien. „Mila!" rief sie entsetzt. Augenblicklich waren Bob und das blöde Gerät zur Messung von Entfernungen vergessen. Nadja machte kehrt und rannte, so schnell sie konnte, zum Haus zurück - getrieben von einer Kettenreaktion von Explosionen, die Milas Qualen in ihrem Kopf verursachten.
    Als sie endlich das Haus erreichte und die Treppe hochstolperte, da waren die Explosionen abgeklungen, und sie verspürte nicht einmal mehr ein leises Pochen. Milas Zimmer war leer.
    Sie fand ihre Schwester schließlich im Freien. Sie kam einem Schlafwandler gleich aus Richtung der Schnellbahnstation. Nur bekleidet mit ihrem Nachthemd. Das schweißnasse Haar aufgelöst, das Gesicht mit wirren Strähnen verklebt. Von Schüttelfrost gerüttelt. Schaum vor dem Mund.
    Bei Nadjas Anblick schluchzte sie auf und fiel ihr kraftlos in die Arme. Nadja hatte Mühe, sie zurück zum Haus und hinauf in ihr Zimmer zu schleifen.
    Als Mila rücklings im Bett lag, starrte sie Nadja mit stumpfem Blick an. Plötzlich" fuhr ihre Hand in Nadjas Nacken und verkrampfte sich in ihren Haaren. „Warum?" brachte Mila mühsam hervor. „Nie wieder", versprach Nadja. „Ich schwöre es. Nichts soll uns mehr trennen. Ich werde zeit meines Lebens nicht von deiner Seite weichen."
    „Egal, wie viele Lichtjahre von hier?"
    „Egal, wie weit wir gehen, wir werden es gemeinsam tun. Unzertrennlich sein für immer."
    Mila fiel, die Hände weiterhin in die Haare der Schwester verkrallt, in einen ohnmachtsähnlichen Schlaf der Erschöpfung, und Nadja hielt, den Kopf auf Milas Brust gebettet, an ihrem Lager Wache.
    Nadja mußte an ihre Mutter denken und ihre unausgesprochene, aber deutlich zur Schau gestellte Hoffnung, daß die Unzertrennlichkeit ihrer Töchter mit dem Quadrat der Entfernung zur Provcon-Faust nachließ. In diesem Moment teilte Nadja diese Hoffnung. Denn das Schlimmste wartete noch auf sie, wenn Mila ihr in allen Einzelheiten schildern würde, was sie während der kurzen Trennung Schreckliches durchgemacht hatte.
    Nadja wollte auch diese Erfahrung mit ihrer Schwester teilen. Aber vielleicht blieb ihnen beiden

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