1652 - Das Eiszeit-Erbe
Meister. Ist das klar für Sie?«
»Ja, aber…«
»Kein Aber. Wir bleiben so lange hier, bis gewisse Dinge geklärt worden sind.«
Terry atmete scharf durch die Nase. Einen solchen Ton war er nicht gewohnt, aber er wusste, wo seine Grenzen lagen. So gab er klein bei und trat zurück. Ich hatte das Geschehen nur am Rande mitbekommen. Etwas anderes interessierte mich mehr. Die beiden Hände der nicht verwesten Leiche lagen aufeinander. Als mein Blick sie schräg von der Seite traf, da sah ich etwas, das mich schon leicht irritierte. Unter den Fingerspitzen der unten liegenden Hand schaute etwas hervor, das sich farblich abhob und wahrscheinlich mir nur deshalb aufgefallen war. Meine Neugierde war erwacht.
Mit den Fingerspitzen fasste ich das an, was eine hellbraune Farbe aufwies. Ich zupfte, und trotz des Drucks der Hände glitt es langsam vor, sodass ich erkannte, um was es sich handelte.
Es sah aus wie ein Stück altes Papier, aber das war es nicht, denn es fühlte sich auf keinen Fall so an. Es zerriss auch nicht, was bei dem Alter eigentlich hätte sein müssen.
War es Leder?
Ja, ein Stück Leder, das sich gut gehalten hatte. Es war nicht brüchig geworden, und deshalb zerbröselte es nicht.
Suko stand jetzt neben mir. »Was ist das?«
»Ein Ledertuch. Mehr weiß ich auch noch nicht. Aber das kann ja noch kommen.«
»Okay…«
Ich zog weiter, und ich ging dabei sehr behutsam vor. Noch einige Male zupfen, dann lag es frei.
Ich war enttäuscht, weil ich nichts sah. Keine Nachricht, die man darauf hinterlassen hätte. Warum war das Leder dem Toten dann mitgegeben worden? Da musste es doch einen Grund gegeben haben.
Ich war ziemlich ratlos und wusste im Moment nicht, was ich davon halten sollte.
»Dreh das Ding doch mal rum«, meinte Suko.
Dann lag das Stück Leder auf der anderen Seite, und unser beider Augen weiteten sich. Auf der Oberfläche stand ein Text. Er war mit einer dunklen Flüssigkeit geschrieben worden, und die hatte sich im Laufe der Zeit gehalten und war nicht verwischt worden.
Ich musste das Leder nur näher an meine Augen bringen, um den Text lesen zu können. Er war in einem alten Englisch geschrieben worden und recht blumig ausgeschmückt.
Ich las ihn leise vor, damit auch Suko etwas mitbekam.
»Möge der Allmächtige verhüten, dass dieser grausame Mensch noch einmal erwacht und seinen Höllenkräften freien Lauf gibt. Verflucht sollst du sein, Brian Sinclair…«
Etwas geschah mit mir. Irgendetwas störte mich. In meinem Kopf fanden die Gedanken nicht mehr richtig zusammen, aber eines stand fest. Da war ein Name erwähnt worden. Der Name des Toten.
BRIAN SINCLAIR!
»O Gott«, flüsterte ich und war bleich geworden, als ich Suko mein Gesicht zudrehte.
»Du hast es gehört?«
Er nickte. »Ja, der Tote heißt Brian Sinclair und könnte ein Verwandter vor dir sein.«
»Nein, ein Ahnherr höchstens.«
»Aber er heißt nicht Henry Sinclair.«
Ich winkte ab. »Der Name Sinclair war schon damals ziemlich verbreitet.« Ich musst mich erst mal fassen. »Nicht alle Sinclairs scheinen auf der richtigen Seite gestanden zu haben.«
»Klar. Nicht alle waren auch Templer.«
»Eben, aber Brian Sinclair schon. Nur ist er den falschen Weg gegangen. Deshalb hat man ihn aus dem Verkehr gebogen. Ich könnte mir vorstellen, dass er fetenry Sinclair auf seiner Reise begleitet hat. Und der hat ihn loswerden wollen und ihn im ewigen Eis abgesetzt, damit er nie wieder gefunden wird.«
Suko hob die Schultern. »An eine Erderwärmung hat damals wohl noch niemand gedacht.«
Ich nickte.
»Und jetzt haben wir ein Problem, John.« Suko lachte und schlug mir auf die Schulter. »Es ist dein Verwandter, mein Lieber. Du musst dich darum kümmern. Das bist du ihm schuldig.«
Mir war nicht nach Scherzen zumute. Im Prinzip hatte Suko schon recht. Ich musste mich um diese Gestalt kümmern. Vor allen Dingen musste ich einen Ort finden, wo der Tote sicher aufbewahrt werden konnte.
Der Tote…
Über meinen Rücken lief plötzlich ein Kribbeln.
War er wirklich tot oder existierte noch ein gewisses abartiges Leben in ihm? Automatisch kam mir der Gedanke an einen Zombie.
Ich hatte keine Ahnung, aber ich behielt den Gedanken in meinem Hinterkopf. Eine Wunde sah ich nicht. Es war deshalb nicht zu erkennen, wie er ums Leben gekommen war. Möglicherweise würde das anders aussehen, wenn wir ihn entkleideten, aber damit wollte ich jetzt nicht anfangen. Erst musste er mal weggeschafft werden.
Auf eine gewisse
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