1654 - Das Versagen der Ennox
Ergebnisse.
7.
Am späten Vormittag des nächsten Tages schloß Shauny Target ihre Tests in Station-2 ab.
Besonderheiten hatte es nicht gegeben. Und Gucky hatte sich erwartungsgemäß auch noch nicht gemeldet oder gar selbst blicken lassen.
Auch Robert Gruener hatte sich nicht weiter geäußert.
Nach der Mittagsruhe war die ominöse Station-3 an der Reihe, die Shauny nach dem letzten Besuch mit dem Mausbiber nicht mehr aufgesucht hatte.
Aze erledigte noch ein paar unwichtige Arbeiten in Station-2, da machte sich Shauny schon nach einer verkürzten Mittagspause auf den Weg. Sie wollte den Raum noch einmal persönlich inspizieren.
Die Kamera hatte sie griffbereit dabei, als sie eintrat. Die geringen Spuren des feinen Sandes vor dem Lüftungsschacht waren nach wie vor vorhanden. Shauny meinte sogar, die Schicht sei etwas dicker geworden. Sie fertigte drei Bilder davon an, um gegebenenfalls ein Beweismittel in der Hand zu haben.
Noch während sie damit beschäftigt war, hörte sie ein leises Geräusch in ihrem Rücken, also in Richtung der Steuerpulte. Sie schaltete die Kamera auf automatische Daueraufnahme, drehte sich um, so schnell sie konnte, und hielt das Objektiv in die Richtung den vermeintlichen Geräuschs.
Wieder glaubte sie, einen Schatten zu erkennen, der sich irgendwo zwischen den zwergenhaften Einrichtungsgegenständen und Steuerpulten bewegte. Ob sie Bilder davon eingefangen hatte, konnte sie nicht sagen.
Das Geräusch war verstummt.
Shauny versuchte, es noch einmal in ihrem Kopf gegenwärtig werden zu lassen, um es später Gucky beschreiben zu können.
Ein Rascheln, ein leises Tapsen, ein sanftes Trommeln.
So behielt sie das Geräusch in der Erinnerung.
Sie wartete noch etwa eine halbe Stunde, ohne sich zu bewegen, aber es geschah nichts Ungewöhnliches mehr. Dann betrachtete sie die Bilder, die der Apparat fertiggestellt hatte.
Die Sandspuren waren ganz deutlich zu erkennen. Also hatte sie keine Halluzinationen! Das war tröstlich.
Interessanter waren die Serienbilder. Drei aufeinanderfolgende Aufnahmen zeigten in der Tat einen sich bewegenden Schatten. Die Konturen waren sehr unscharf, das Objekt mußte sich also extrem schnell bewegt haben.
Feststellen ließ sich eigentlich nur, daß es - im Gegensatz zum grauen Hintergrund einer Schaltkonsole - einen leichten Grünschimmer und auch einen Gelbschimmer aufwies. Die Form ließ sich nicht feststellen, aber die ungefähre Größe.
Das Ding war etwa 30 Zentimeter hoch. Die Breite des ovalen Objekts mußte zwischen fünf und zehn Zentimetern liegen.
Theoretisch konnte es sich um einen Androgyn-Roboter handeln, der für spezielle Zwecke gebaut worden war, sagte sich Shauny Target.
Sie aktivierte einen Kontrollmechanismus am Eingang, der ihr verraten würde, ob jemand die Station bis zum nächsten Besuch betreten hatte. Dann begab sie sich zu Station-2, wo Aze die restlichen Arbeiten gerade erledigt hatte. „Ich möchte Bilder sehen", sagte sie zu Aze. „Bilder von allen Androgyn-Robotern deines Stammes. Zeige sie einzeln und jeden Typ nur einmal."
Aze klappte einen Spalt auf. Er fuhr ein 3-D-Display aus und kippte es so, daß die Frau auf die Bildfläche sehen konnte. An der Unterseite erschien ein Schriftzug: A-12-1. Darüber wurde der Typ abgebildet.
Dann folgte A-12-2 mit Bild. Und so ging es weiter.
Shauny schaute sich alle Darstellungen in Ruhe an. Es war nicht eine dabei, die nach der ungefähren Form, der Farbe oder der Größe dem Schatten entsprach, den sie beobachtet und fotografiert hatte. Es konnte also kein Androgyn-Roboter gewesen sein.
Das Objekt hatte aber sehr lebendig gewirkt, auch wenn sie es nicht genau hatte erkennen können. Daraus folgte schlüssig, daß sich ein fremdes Ding, vermutlich ein Lebewesen, an Bord der Raumstation befand.
Shauny Target wußte, daß das eigentlich völlig unmöglich war. Coma-11 war nie mit einer bewohnten Welt in Berührung gekommen. Die Bauteile waren hermetisch verschlossen in den riesigen Hangarräumen der BASIS mitgeführt worden. Da konnte sich über die Zeitspanne von dreieinhalb Jahren kein Lebewesen erhalten haben.
Es war ihre Pflicht, die Beweise sofort Robert Gruener vorzulegen, denn schließlich konnte ein Schaden durch das Fremde eintreten. Aber genau das beabsichtigte die Kommunikationsspezialistin nicht. Der Kybernetiker hatte sie einmal nicht ernst genommen. Und noch einmal blamieren wollte sie sich nicht. Da vertraute sie lieber auf Gucky und hoffte auf
Weitere Kostenlose Bücher