1655 - Die »Heiligen« von London
Kopf gezielt. Die Kugel traf den Zwerg tief in der Schulter. Gory erhielt einen mächtigen Schlag, der ihn um die eigene Achse schleuderte. Seine rechte Hand fuhr nicht nach unten. Der Arm wurde in die Höhe gerissen, während Gory ins Taumeln geriet und auf den Boden fiel.
Für Suko war er im Moment uninteressant. Er konzentrierte sich auf Greg, den Zwerg mit dem dünnen Oberlippenbart, weil er damit rechnete, dass er ebenfalls eine Waffe ziehen würde.
»Beweg dich nicht!«
Greg lachte. Er riss seine kurzen Arme hoch und wollte dokumentieren, dass mit ihm alles okay war.
Terence Haies Atem ging keuchend und heftig. Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck, der kaum zu beschreiben war. Als hätte jemand dort die nackte Todesangst hinein gezeichnet.
Suko wusste, dass es nicht leicht war, die Lage unter Kontrolle zu halten. Jetzt fehlte ihm John schon sehr. Er wollte sehen, was mit Gory passiert war und ob die Kugel ihn tatsächlich getötet hatte.
Der Zwerg war auf den Rücken gefallen. Suko trat ihm zuerst das Messer aus der Faust, dann kümmerte er sich um Greg.
Er zielte mit der Beretta auf dessen Kopf. »Du wirst jetzt genau das tun, was ich sage!«, flüsterte er.
Greg lächelte, was Suko wohl unsicher machen sollte. Er rechnete auch damit, dass noch längst nicht alles vorbei war.
»Leg dich auf den Boden!«
Greg tat es nicht. Er lächelte noch immer.
Sukos Geduld war nicht mehr vorhanden. Er trat Greg in die Kniekehlen, sodass dieser einfach fallen musste. Er kippte zurück, und auf dem Weg nach unten schlug Suko noch mal kurz zu. Der Waffenlauf erwischte den Kopf des Zwerges, der schwer aufschlug und sich nicht mehr bewegte. Suko warf einen Blick in die Augen des anderen, aber sie hatten keinen anderen Ausdruck angenommen. Das wäre bei einem normalen Menschen anders gewesen, und in Suko läuteten weiterhin die Alarmglocken.
Haie hatte alles mit ansehen müssen. »Was - was - passiert denn jetzt? Ist der Killer tot?«
»Das werde ich gleich wissen.« Suko ging neben Gorys kleiner Gestalt in die Knie. Er tastete nach Herz- und Pulsschlag.
Da war nichts mehr zu spüren. Gory musste tot sein. Die Kugel hatte ihn hoch in der Brust getroffen. Das Loch in dem hellen Hemd war genau zu sehen.
»Ist er tot?«
Das Ja wollte Suko nicht so leicht über die Lippen kommen. Seine Antwort klang vorsichtiger.
»Ich denke schon.«
Damit gab sich Terence Haie zufrieden. Es war zu hören, wie er schluchzend aufatmete.
Suko dachte daran, die beiden Zwerge aneinander zu fesseln. Das klappte auch mit einer Handschelle. Zuvor allerdings wollte er wissen, was mit diesem Greg passiert war. Suko glaubte nicht an dessen Ableben, obwohl Greg in derselben Position lag wie Gory. Er war nicht von einer Kugel getroffen worden. Der Schlag musste ihn in die Bewusstlosigkeit geschickt haben.
Es gab keine Unterschiede zwischen den beiden. Auch Greg sah wie ein Toter aus. Konnte das sein?
Suko war plötzlich unsicher geworden. Aber er wollte sichergehen, und da gab es nur einen Weg. Er musste Greg ebenso kontrollieren wie seinen Kumpan. Puls- und Herzschlag!
Suko wollte dem ersten Eindruck nicht glauben. Er konzentrierte sich noch mal, hielt selbst den Atem an und kam zu keinem anderen Ergebnis.
»He, was ist denn mit dem?«, meldete sich Terence Haie.
Suko nahm sich Zeit, bevor er die Antwort gab. »Ich denke, er ist ebenfalls tot.«
»Was?«
»Ja, verflucht!«
»Aber das kann nicht sein.« Haie war plötzlich aufgeregt. »Er hat nur einen Schlag gegen den Kopf bekommen.«
»Das weiß ich selbst.«
»Und jetzt?«
Suko erhob sich wieder. »Ich kann es nicht ändern, Mr. Haie. Wir müssen uns damit abfinden.«
»Was gar nicht schlecht ist - oder?«
»Könnte man so sagen.«
»Was wollen Sie denn jetzt tun? Die beiden abtransportieren? Oder sollen sie hier liegen bleiben?«
»Das entscheide ich nicht allein. Ich muss es mit John Sinclair absprechen.«
»Der ist doch bei Gayle Dawson.«
»Ich weiß. Er soll herkommen.« Suko holte sein Handy hervor. Es vergingen nur Sekunden, bis sich der Geisterjäger meldete.
»Wo steckst du, John?« Suko hörte die Antwort und war zufrieden. »Dann komm so schnell wie möglich hoch. Wir warten.«
Mehr sagte er nicht. Dafür hörte er die Frage des Verletzten. »Und? Kommt er?«
Suko steckte das Handy weg. »Ja, er hat die Frau soeben verlassen und ist auf dem Weg.«
»Sehr gut.«
Suko hörte die Antwort und erlebte in der gleichen Sekunde das glatte Gegenteil, denn plötzlich
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