1655 - Die »Heiligen« von London
erfasste ihn ein wahrer Kälteschock. Er fuhr herum, sah etwas vor sich, das er nicht glauben wollte, und verspürte noch im selben Moment einen Stich, der wie eine Feuerklinge durch seinen Körper raste.
Suko brach auf der Stelle zusammen. Das letzte Bild, das er gesehen hatte, nahm er mit in seinen neuen Zustand.
Es waren zwei düstere Todesengel gewesen…
***
Sukos Anruf hatte mich zwar nicht eben in Alarmstimmung versetzt, aber ich war schon leicht beunruhigt. Das hatte am Klang seiner Stimme gelegen. Von den beiden Killern hatte er nichts gesagt. Ich lief so rasch wie möglich die Stufen hoch. Für mich war dieses Heim auch weiterhin ein düsteres Gebäude, in dem man sich alles andere als wohl fühlen konnte. Wer hier ausbrach, der konnte mit meinem Verständnis rechnen. Ein wenig außer Atem blieb ich vor Haies Wohnungstür stehen, klingelte und rechnete damit, dass Suko öffnete.
Er tat es nicht.
Das wunderte mich nicht nur, es machte mich auch nervös. Warum ließ er mich vor der Tür stehen? Das Klingeln war nicht zu überhören gewesen. Ich probierte es auch nicht ein zweites Mal, sondern griff zum Handy und rief Suko an. Ja, er befand sich in der Wohnung. Es war sogar so still, dass ich die Melodie seines Apparates schwach hörte. Aber er meldete sich nicht.
Mir schoss das Blut in den Kopf. Das sah alles andere als gut aus. Irgendetwas war passiert, und ich musste so schnell wie möglich handeln und in die Wohnung. Da gab es nur eine Möglichkeit. Noch während mir der Gedanke durch den Kopf schoss, holte ich meine Beretta hervor. Ich trat einen kleinen Schritt zurück und zielte auf das Türschloss.
Dann drückte ich zweimal ab.
Das Splittern war nicht zu hören, weil der Knall zu laut war. Aber ich sah, dass ich Erfolg gehabt hatte. Einen Tritt gegen die Tür brauchte ich noch, um sie ganz zu öffnen. Dann betrat ich die Wohnung mit gezogener Beretta…
***
Ich hatte den Eindruck, eine Gruft zu betreten, so still war es in der Wohnung. Da regte sich nichts. Ich hörte keine Stimmen, mir kam auch niemand entgegen, und meine Sorgen stiegen immer mehr an.
Sekunden später hatte ich das größte Zimmer erreicht. Auf der Schwelle hielt ich an und musste nur einen Blick in das Zimmer werfen, um einen Schock zu bekommen. Drei Menschen lagen auf dem Boden.
Ich sah Suko, und ich sah die beiden Heiligen, die sich ebenfalls nicht mehr rührten. Sah ich hier drei Leichen?
Mein Gott, nur das nicht! Mein Herz klopfte schneller, als ich neben Suko in die Knie ging und ihn untersuchte. Ich betete darum, seinen Herzschlag zu spüren, und ich hatte Glück.
Das Herz meines Freundes schlug und auch sein Atem strich über meinen Handrücken. Er lag nur in tiefer Bewusstlosigkeit.
Dann ging ich zu den Killern.
Zuerst fiel mir das Messer auf, das nicht weit von einer schlaffen Hand entfernt lag. Ich schaute lange auf die Klinge und war froh, dass sie keine Blutspuren zeigte. Ein Einschussloch fiel mir auf. Wahrscheinlich steckte im Körper des Heiligen eine geweihte Silberkugel. Ich musste davon ausgehen, es hier mit einem Toten zu tun zu haben.
Und was war mit dem anderen, dem Killer mit dem dünnen Bart auf der Oberlippe? Ich untersuchte auch ihn. Ein Einschussloch sah ich nicht, aber sein Zustand war kein anderer, denn auch bei ihm deutete nichts mehr auf ein Lebenszeichen hin. Dafür entdeckte ich seitlich an der Stirn eine Beule.
Das ließ darauf schließen, dass diese Person von Suko niedergeschlagen worden war, bevor es ihn selbst erwischt hatte.
Ich dachte an Terence Haie. Um ihn zu erreichen, musste ich in den Hintergrund des Zimmers. Dort lag er in den beiden Sesseln und gab auch kein Lebenszeichen von sich. Ich bewegte mich weiterhin durch die Stille und schaute mir Terence Haie an. Er war tot!
Im Gegensatz zu den Leichen der Brüder Sanders war bei ihm kein Tropfen Blut zu sehen. Dabei stand sein Kopf in einem unnatürlichen Winkel vom Hals ab. Irgendeine Kraft hatte ihm das Genick gebrochen und ihn letztendlich doch noch zur Rechenschaft gezogen, wenn man den Gedanken der Heiligen folgte.
Nur Suko lebte noch…
Es war schwer für mich, die Umstände zu begreifen. Niemand konnte mir erklären, was hier passiert war. Ich machte mir Vorwürfe. Alles hätte anders laufen müssen, es hätte längst ein Arzt hier sein müssen, dann wären die Dinge nicht so gelaufen. In meinem Kopf staute sich das Blut. Suko lebte noch. Ich fragte mich, warum man ihn nicht getötet hatte, und dachte daran, dass
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