Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
166 - Sohn dreier Welten

166 - Sohn dreier Welten

Titel: 166 - Sohn dreier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
und um Daa'tan nicht unnötig zu belasten, tauchte der Daa'mure noch einmal in die Tiefen des jungen Gehirns. Er suchte nach allen Synapsenknoten, die das Wort Duu'da gespeichert hielten, und löste sie auf.
    Als sich Grao'sil'aana mit seinem Schützling wenig später auf den Weg machte, war jede Erinnerung an die selbst gewählte Bezeichnung spurlos erloschen. Daa'tan hatte jetzt seinen Namen. Was noch fehlte, war eine Persönlichkeit. Sie keimte aber schon…
    ***
    Im 20. Jahrhundert hatte sich die Einwohnerzahl Karachis innerhalb von fünfzig Rotationen verzehnfacht.
    Vor dem Kometeneinschlag hatte die Stadt zu den größten der Welt gehört und mit den gleichen Problemen gekämpft wie alle anderen Megalopolen: Luftverschmutzung, Verkehrschaos, Kriminalität und Infiltration durch gesuchte Terroristen.
    Zudem hatten sich in diesem Moloch die Angehörigen jeder nur vorstellbaren ethnischen Gruppierung gegenseitig umgebracht. Die Fanatiker und Spinner hatten mehr Menschen auf dem Gewissen als das organisierte Verbrechen.
    Kaum überschaubar war auch der Gegensatz zwischen Reich und Arm gewesen: Die Begüterten hatten einen Lebensstandard genossen, der dem von Dubai nicht nachstand.
    Die Armen hatten in Pappkartons gewohnt. Missverhältnisse dieser Art hatten das Wirken eingesickerter Terroristen aus Afghanistan begünstigt: Wie immer, wenn jemand versprach, er werde die Ungerechtigkeit abschaffen, hatten die Slumbewohner jedem Scharlatan Unterschlupf gewährt.
    Um ausländische Aufrührer zu bekämpfen und die eigenen Investitionen zu beschützen, waren die US-Amerikaner mit
    »Einverständnis« der Begüterten ins Land gekommen – und die Katastrophe von 2012 hatte ihre Rückkehr in die Heimat verhindert. Also waren sie im Land geblieben und hatten sich mit ihren überlegenen Waffen schnell einen Platz in der Hierarchie erkämpft…
    Offenbar auch in der Unterwelt.
    »He, ihr da, wollt ihr was kaufen?« Eine abgerissene Gestalt mit zerzaustem Haar und einer Augenklappe schob mitten auf der Straße den Kopf aus einem runden Loch im Boden und streckte Quart'ol eine schmutzige Hand entgegen.
    Buki'pa schrie erschreckt auf und machte einen Luftsprung.
    Quart'ol winkte ab und zog seinen Gefährten weiter. Schon tauchte der runde Turm mit dem Stern auf dem Dach vor ihnen auf, von dem der Krieger am Bach ihnen erzählt hatte.
    »Das muss Qasims Heilstätte sein!«
    Quart'ol verharrte vor Tür. Sie war aus dicken Bohlenbrettern und metallenen Beschlägen und Scharnieren gefertigt. Er empfand ein großes Glücksgefühl: Je weiter sie in die Stadt vorgedrungen waren, desto größer waren seine Zweifel geworden, ob es gut gewesen war, sich gegen Buki'pa zu stellen. Doch nun hatten sie ihr Ziel erreicht. Jetzt brauchten sie Qasim nur noch zu sagen, dass eine große Menge wichtiger Heilmittel in einer Unterwasserhöhle an der Küste auf ihn und die anderen Heiler der Stadt wartete.
    Natürlich würde Qasim fragen, wer sie waren und wie er zu dieser Ehre kam. Bisher hatte es aber nie Probleme gegeben: Jeder Medikus freute sich, wenn mildtätige Mönche ihm etwas schenkten.
    »Los, komm.« Quart'ol trat gegen die Tür. Es rumste hohl.
    Nach kurzer Zeit öffnete sich die Pforte mit einem leisen Quietschen und ein junger Mann lugte ins Freie. Er hatte eine kleine Himmelfahrtsnase, einen schütteren Kinnbart und schaute die vermummten Fremden aus großen schwarzen Knopfaugen an. Das pechschwarze Haar, das unter seinem roten Fez hervorlugte, war schulterlang.
    »Porea delpr shayuna?«
    »Was sagt er?«, fragte Buki'pa.
    Quart'ol ging nicht darauf ein. Fiel es seinem Gefährten eigentlich nicht auf, dass er alle Nase lang dasselbe fragte?
    »Sprichst du die Sprache der Wandernden Völker, mein Freund?«, wandte er sich an den jungen Mann.
    Der nickte zaghaft. Sein Blick huschte von einem Hydriten zum anderen. Er wirkte nicht argwöhnisch, nur ein wenig erstaunt. Offenbar hatte er um diese Stunde nicht mit dem Besuch kleiner Menschen gerechnet. »Was wollt ihr?«
    »Wir sind Mönche aus dem Norden und im Namen des Herrn unterwegs«, brummte Quart'ol in seinen künstlichen Bart. »Wir wollen den Heiler Qasim sprechen. Es ist wichtig.«
    »Oh…« Der junge Mann öffnete die Tür weiter. »Kommt herein. Mein Name ist Rajeed. Ich bin Qasims Novize. Ihr seid bestimmt vom Volk der Narod'kratow; ich habe schon von euch gehört …« Er musterte Buki'pa neugierig, der den Kopf gesenkt hielt, damit ihr Gastgeber sein Gesicht nicht

Weitere Kostenlose Bücher