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166 - Sohn dreier Welten

166 - Sohn dreier Welten

Titel: 166 - Sohn dreier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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nicht nur deswegen, weil sie Ausländer sind, sondern auch Ungläubige. Die Anhänger der Einzig Selig Machenden Religion werden auch von den Jüngern des Bärtigen Propheten gehasst, weil ihre Bärte zu kurz sind und deswegen Zweifel an ihrer Frömmigkeit aufwerfen.« Rajeed ächzte. »Dann gibt es noch einige radikale Kirchen wie die der Vegaaner, die sich nur von Gras und Blättern ernähren und alle Fleischesser verachten. Ach ja, und die Maomiden. Ihre Weiber praktizieren Vielmännerei, obwohl der Sultan es verbietet, es angeblich unmoralisch ist. Dann sind da noch die Aatisten, die für jeden religiösen Glauben nur Spott übrig haben. Und…«
    Quart'ol winkte ab. Er hatte genug gehört. Diese Region schien ihm ein interessantes Forschungsgebiet für Psychologen, Soziologen und Psychiater zu sein. Vielleicht sollte er bei seinem nächsten Vortrag vor dem HydRat oder der Akademie einen solchen Vorschlag machen. »Danke, Rajeed. Kommen wir nun zum Grund unseres Hierseins…«
    »Ach ja!« Rajeed musterte ihn und den stummen Buki'pa interessiert. Ihm schien erst jetzt aufzugehen, dass er die Gesichter der Besucher noch nicht gesehen hatte, denn er rutschte von der Tischplatte und beugte sich zu Buki'pa vor, der sofort die in weiten Ärmeln steckenden Flossen vor sein Gesicht riss.
    »Bitte nicht, Rajeed«, sagte Quart'ol schnell. »Bei uns Narod'kratow-Mönchen ist es die schlimmste Beleidigung, jemandem ins Gesicht zu schauen.«
    »Oh, Entschuldigung, das wusste ich nicht.« Rajeed wich zwar zurück, ließ Buki'pa aber nicht aus den Augen.
    Quart'ol dachte an den bionetischen Rechner unter seiner Kutte, an Qasim und den Techno, den der Heiler angeblich kannte. Wenn er Rajeed den Lageplan der Medikamente aushändigte, würde Buki'pa keine Notwendigkeit mehr sehen, Qasim aufzusuchen.
    »Kommen wir zum Grund unseres Besuches«, sagte der Hydrit, griff in eine Innentasche seiner Kutte und entnahm ihr die Glassitrolle mit dem Pergament. »Als wohltätiger Orden bringen wir den Bewohnern dieser Stadt Medikamente und Hilfsgüter. Es unterliegt dem obersten Medikus, die Waren gerecht zu verteilen.«
    »Oh, das ist wirklich edelmütig von euch.« Der Novize verbeugte sich höflich.
    »Ihr könnt euch vorstellen, dass Medizin knapp ist in solchen Zeiten.«
    »Auf diesem Plan –«, Quart'ol hielt ihm die Rolle unter die Nase, »– ist verzeichnet, wo ihr sie finden könnt. Ich muss ihn Qasim persönlich übergeben.«
    »Ich kann euch zeigen, wo er wohnt. Vielleicht habt ihr ja Glück und trefft ihn zuhause an.« Rajeed trat ans Fenster.
    »Kommt her, man kann das Haus von hier aus sehen. Es ist nur einen Bolzenschuss entf-«
    Glas klirrte. Buki'pa schrie auf und warf sich zu Boden.
    Quart'ol, der wie paralysiert dastand, spürte, dass Glassplitter um seinen Kopf flogen.
    Dann erst nahm er die geborstene Scheibe wahr.
    Und dann erst sah er Rajeed, der sich an die Kehle fasste und taumelte. Er war aschgrau im Gesicht. Seine Augen brachen.
    Dann ging es wieder Pffff-Pffft-Pffft! Drei weitere Bolzen zischten durch das zerbrochene Fenster und warfen den Heiler gegen die Wand.
    ***
    September 2521
    Fünf Wochen waren vergangen, seit aus Duu'da dem Fragenden Daa'tan der Zwölfjährige geworden war. Der stellte keine Fragen mehr. Er wusste grundsätzlich alles besser.
    Daa'tan widersetzte sich allen Befehlen, hatte keine Lust aufzustehen, fühlte sich ständig ungerecht behandelt und zahlte Grao'sil'aana das ganze Leid der Vorpubertierenden heim, indem er diesem Erwachsenen jeden Respekt verweigerte.
    Der Daa'mure kommunizierte inzwischen fast täglich mit seinem Sol. Er war davon überzeugt, dass Daa'tans erheblicher Wachstumsschub eine Fehlentwicklung ausgelöst hatte. Also ordnete der Sol umfassende Recherchen bei den Primärrassenvertretern an – und fand heraus, dass Daa'tans Verhalten völlig normal war! Grao'sil'aana erhielt den Auftrag, ihn genau zu beobachten. Vielleicht waren die gewonnenen Informationen noch einmal von Nutzen.
    Und Grao'sil'aana beobachte. Seit fünfunddreißig Tagen schon! Der Daa'mure sah aus wie immer, was allerdings daran lag, dass er seinen Wirtskörper nach Belieben kontrollieren konnte. Wäre Grao'sil'aana ein Mensch gewesen, hätte man erste graue Haare an ihm entdeckt.
    (Daa'tan! Ich wünsche, dass du mit mir auf mentaler Ebene kommunizierst! Das sage ich jetzt zum letzten Mal!)
    »Gut! Dann ist das Thema ja endlich abgeschlossen!«, sagte Daa'tan frech. Er schlurfte neben Grao'sil'aana eine

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