1664 - Der Henker von Sloughar
normale Andere. Der Henker hatte den Typus schon einmal gesehen, etwas kleiner als diese, aber vom gleichen Konstruktionsprinzip.
Die Anderen besaßen kräftige, grünlich gefärbte Körper auf sechs Beinen. Die Hinterläufe waren sehr stark ausgebildet und ließen vermuten, daß diese Wesen zu gewaltigen Sprüngen in der Lage waren. Fliegen konnten sie wahrscheinlich nicht - obwohl das wenig geändert hätte -, denn die silbrig schimmernden Flügel an den Körperseiten waren dafür viel zu klein und zu schwach.
Der Henker studierte die Frevler sehr genau, das gehörte zu seiner Arbeit.
Sie standen und gingen auf den hinteren Gliedmaßenpaaren, die Vorderläufe waren lang und feingliedrig, an ihren Spitzen waren feingebildete Greifwerkzeuge zu sehen, mit denen sie ihre Gerätschaften bedienten. Ihre Umwelt nahmen diese Geschöpfe wahrscheinlich auf zweierlei Weise wahr: zum einen mit den großen Facettenaugen an den Seiten des Kopfes, zum anderen mit den langen, biegsamen Fühlern, die oben aus dem Kopf wuchsen.
Der Henker hatte bereits dafür gesorgt, daß es keine Körperausdünstungen von ihm geben konnte, die man hätte wahrnehmen können.
Er sah, wie eines der Geschöpfe seine Flügel ein wenig hochreckte und die Spitzen über dem Körper aneinander zu reiben begann: Ein schrilles, nervendurchbohrendes Geräusch schallte über den Platz, und der Henker gestaltete seine akustische Wahrnehmung rasch um. Es wurde Zeit für einen ersten Test. Der Henker verschmolz mit seiner Umgebung; wenn er nicht gesehen, gerochen oder gehört werden wollte, dann wurde er auch nicht wahrgenommen. Dies war eine seiner zahlreichen ganz besonderen Fähigkeiten.
Einer der Frevler entfernte sich von dem Fahrzeug und drang, mit einem Scheinwerfer ausgerüstet, ein wenig in die Dunkelheit vor. Genau das, was der Henker brauchte.
Er drang vorsichtig in die Empfindungen seines Opfers ein.
Wäre er dazu imstande gewesen, hätte er gelächelt.
Da war es wieder: Angst.
Seltsam: Diese Empfindung war, wie der Henker spüren konnte, außerordentlich stark. Noch kurioser: Dieses Gefühl war offenbar eine seelische Abwehrreaktion der Anderen gegenüber jenem Zustand, in den der Henker schnellstmöglich wieder zurückkehren wollte. Während es ihn danach verlangte, nichts mehr wahrnehmen zu müssen, nicht einmal das eigene Inder-Welt-Sein zu spüren, schienen sich diese Geschöpfe genau davor mit jeder Faser ihrer selbst zu fürchten.
Der Henker intensivierte den Kontakt, er lotete die Angst aus, versuchte aus dem dumpfen Schaudern herauszuarbeiten, in welcher Gestalt sich das Schreckliche, das Gefürchtete am ehesten handfest darstellen ließ.
Nach kurzer Zeit hatte er eine Antwort gefunden.
Und er reagierte entsprechend darauf.
Langsam schlich er dem Anderen hinterher.
Wenn er die Empfindungen dieses Geschöpfs richtig deutete, dann fürchtete sich das Wesen am meisten davor, von einem riesengroßen Wesen mit acht dünnen, behaarten Beinen angesprungen und gebissen zu werden.
Und eben das bereitete der Henker vor.
Er brauchte nur einen gewaltigen Satz zu machen, dann saß er seinem Opfer im Nacken. Die grüne Außenhülle seines Opfers knackte leise, als der Henker seine Beißzange unmittelbar hinter dem Kopf der Beute zusammenschlug.
Das Opfer erstarrte vor Grauen, es zuckte leise. Seine klagenden Angstrufe löschte der Henker von Sloughar schnell und ohne Mühe aus. Aber er war imstande, das Entsetzen, das er im Denken des Geschöpfs vorfand, nach außen abzustrahlen und für seine Artgenossen wahrnehmbar zu machen.
Das tat der Henker jetzt, und er konnte spüren, wie sich das Grauen im Denken der anderen breitmachte und jede andere Empfindung erstickte.
Was dann noch zu tun war, ergab sich aus den grellen Angstphantasien des Opfers.
Der Henker von Sloughar hatte keinerlei Mühe, diese Vorstellung in die Wirklichkeit umzusetzen.
Seiner überlegenden Kraft hatte der Andere nichts entgegenzusetzen; selbst wenn er körperlich dazu in der Lage gewesen wäre – die Angstlähmung hätte jeden Widerstand erstickt. Mit raschen Bewegungen begann der Henker von Sloughar, den ersten Deliquenten in einem endlos langen Faden einzuwickeln, den er mit seinem Körper selbst erzeugte.
Nach kurzer Zeit war der Deliquent vollständig in dieses unzerreißbare Gespinst eingehüllt. Den Rest der Vollstreckung würde danach jedes Sekret ausführen, das der Henker – exakt den Pfaden des Grauens folgend, die er nach wie vor im Geist seines
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