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1665 - In der Totenstadt

1665 - In der Totenstadt

Titel: 1665 - In der Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Zeitverschwendung gewesen. Der Wald lockte und damit auch das, was in ihm versteckt lag. Bis zum Rand war es nur ein kurzes Stück Weg, aber wir mussten dabei einen schmalen Graben überspringen. Am Himmel ließ sich kein Mond blicken, der ein helles Licht geschickt hätte. Die Sterne waren ebenfalls hinter dichten Wolken verborgen.
    Wir übersprangen den Graben und tauchten im dichten Unterholz unter. Das ging nicht geräuschlos ab. Zu viel altes Holz lag auf dem Boden und zerknackte unter unseren Schuhen.
    Ein normales Geradeausgehen war nicht möglich. Und so sahen wir uns gezwungen, einen Zickzackkurs einzuschlagen, weil wir immer wieder Ästen und Zweigen ausweichen mussten.
    Der Wald schlief, aber er war nicht stumm. Wenn wir stoppten und den Atem anhielten, waren leise Geräusche zu hören. Zumeist ein Rascheln oder auch mal ein kurzes helles Fiepen oder Zischen. Kleine Tiere, die in der Nacht erwachten. Wir hatten Fuller den Vortritt überlassen. Ihm war zumindest die Richtung bekannt, die er auch beibehielt. Ab und zu musste er sich woanders hinbewegen, aber es war schon okay, wie er uns führte.
    Innerhalb des Waldes gab es kleine Lichtungen, und auf einer von ihnen hielt Fuller an. Ich machte einen Schritt auf ihn zu und schaute in sein leicht verzogenes Gesicht.
    »Warum haben Sie angehalten?«
    »Deshalb!«, sagte Suko. Er hatte bei seiner Antwort die Nase hochgezogen. Ich tat es ihm nach und brauchte nur Sekunden, um zu wissen, dass wir uns in der Nähe des Ziels befanden, denn uns stieg ein typischer Ghoulgeruch in die Nasen.
    »Dann sind wir ja fast da«, murmelte ich.
    Fuller schüttelte den Kopf. »Da stimmt was nicht.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Eigentlich hätten wir den Geruch nicht wahrnehmen dürfen. Ehrlich nicht. Wir sind noch zu weit weg. Dass er jetzt allerdings zu riechen ist, sehe ich als ungewöhnlich an.«
    Suko und ich mussten nicht lange nachdenken, was das zu bedeuten hatte. Ich sprach es mit leiser Stimme aus.
    »Könnte es sein, dass die Ghouls ihre Stadt verlassen haben und nun durch den Wald patrouillieren?«
    Fuller hob die Schultern. »Ausschließen will ich das nicht. Sie werden wissen, dass ich geflohen bin und müssen sich demnach vorsichtiger verhalten.«
    Da war was dran. Noch war der Ghoul weder zu hören oder in Sichtweite. Wir verhielten uns entsprechend still, um ihn kommen zu lassen. Sollte tatsächlich ein Leichenfresser unterwegs sein, dann würde ihn sein Weg automatisch zu uns führen, denn die verfluchten Ghouls riechen Menschenfleisch. Da ähnelten sie den Zombies, nur dass sie uns erst töten würden, bevor sie mit ihrer schrecklichen Mahlzeit begannen.
    Eine Geduldsprobe war angesagt, die Suko und mir nicht viel ausmachte, denn wir waren so etwas gewohnt. Nicht Fuller. Er hatte seine Coolness verloren, stand zwar auf dem Fleck, aber sein Kopf bewegte sich schon von einer Seite zur anderen. Er wollte den Ghoul so schnell wie möglich erkennen.
    Suko hielt sich in meiner Nähe auf. Um mich anzusprechen, musste er nur flüstern.
    »Der Gestank wird stärker.«
    Ich nickte und fragte dann: »Kannst du schon die Richtung feststellen?«
    »Noch nicht. Aber lange kann es nicht mehr dauern.«
    »Davon gehe ich auch aus.«
    Wir sprachen nicht mehr. Auch Fuller hielt den Mund und wahrscheinlich auch den Atem an. Die Sekunden verrannen. Es verstrich nicht mal eine halbe Minute, da stieß mich Suko an.
    »Er ist fast da!«
    »Wo?«
    »Schräg vor uns, leicht links.«
    »Gut. Und jetzt?«
    »Ich habe die Peitsche. Nimm du mal die Lampe.«
    »Alles klar.«
    Meine kleine, jedoch lichtstarke Leuchte hatte ich längst hervorgeholt. Ich drückte die rechte Hand ein wenig nach links, dann schaltete ich die Lampe ein. Der Strahl glich einem hellen Speer, als er die Dunkelheit zerschnitt. Ich hatte Glück, er traf genau das Ziel, was ich wollte. Es war der Ghoul, und beide - Suko und ich - bekamen große Augen…
    ***
    So kannten wir die Leichenfresser nicht. Wir waren es gewohnt, die schleimigen, klumpigen Körper zu sehen, doch was in diesem Fall vor uns stand, sah völlig anders aus.
    Zwar raubte uns der Gestank beinahe den Atem, aber der Ghoul hatte sich angezogen. Das hörte sich vielleicht lächerlich an, doch es war so. Vor unseren Augen stand jemand, der aussah, als wolle er in einen Gifttrank steigen, um ihn zu reinigen. Deshalb war er in einen Schutzanzug gestiegen und hatte über seinen Kopf eine Maske gestreift, deren Augen wie zwei kleine Räder aus Glas

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