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1665 - In der Totenstadt

1665 - In der Totenstadt

Titel: 1665 - In der Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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glauben, dass dies auch so bleiben würde. Wenn sie näher darüber nachdachte, war es ihr nicht möglich, sich richtig auf die Freiheit zu freuen. Sie fühlte sich weiterhin als Spielfigur, mit der man machen konnte, was man wollte. Wenn sie ehrlich war, konnte sie auch Eve nicht unbedingt ihr volles Vertrauen schenken.
    Nur gab es keine andere Lösung.
    Ohne die Blonde war sie aufgeschmissen.
    Auf der Treppe jedenfalls wurden sie nicht angegriffen. Noch bevor sie die letzten Stufen hinter sich gelassen hatten, war das Licht zu sehen, das ihnen von unten her entgegen schimmerte. Es war ein blasses oder bleiches Licht. Eine Helligkeit, die fahl wirkte, aber auch so etwas wie eine Hoffnung in Jenny aufglühen ließ.
    »Sind wir dort unten am Ziel?«, wollte sie wissen und ärgerte sich darüber, dass ihre Stimme so zittrig klang.
    »Ja, von dort können wir nach draußen.«
    Es war der Satz, den Jenny erhofft hatte. Plötzlich konnte sie nicht mehr an sich halten. Sie schluchzte auf und blieb für einen Moment stehen.
    Eve tat nichts und ließ Jenny gewähren, die sich wenig später entschuldigte und über ihre Augen rieb.
    »Schon gut. Dafür habe ich Verständnis.« Sie streckte Jenny ihre Hand entgegen, führte sie die letzten Stufen hinab und hielt dann vor der Treppe an.
    Jenny Mason schaute sich um. Obwohl der schwierige Weg hinter ihr lag, fühlte sie sich nicht besonders gut. Noch immer rechnete sie mit einer Falle. Aber da gab es niemanden, der den schwachen Lichtschein durchbrach und sich auf sie stürzte. Sie suchte nach einem Ausgang, was auch Eve nicht verborgen blieb. »So, wir sind gleich draußen.«
    »Und wo?«
    »Komm mit.«
    Diesmal gingen die beiden Frauen forscher. Aber Jenny Mason war trotzdem etwas aufgefallen. In der oberen Etage war ihr der Geruch nicht so bewusst gewesen. Jetzt stieg der eklige Gestank wieder in ihre Nase und erinnerte sie daran, was unter Umständen noch vor ihr lag und dass sie es noch längst nicht geschafft hatte. Sie wollte auch nicht losgehen, was Eve auffiel.
    »Probleme?«
    Jenny nickte. »Es ist der Gestank.«
    »Den kann ich leider nicht wegzaubern.«
    »Sind sie denn da?«
    Eve griff nach ihrer Hand. »Mach dir keine Gedanken, Jenny. Komm einfach mit.«
    Sie senkte den Kopf. Es gab keine andere Möglichkeit. Eve kannte sich aus, und sie führte Jenny weiter wie die Mutter ihr kleines Kind. Sie passierten auch die Lampen. Jetzt erkannte Jenny die beiden großen Standscheinwerfer, die allerdings nur schwach brannten, sodass gerade ein Weg erleuchtet wurde.
    Das nächste Ziel war der Ausgang. Sie standen plötzlich vor einer geschlossenen Eisentür, die erst aufgezogen werden musste. Die Befürchtung, dass sie geschlossen sein würde, bewahrheitete sich nicht. Es war ein Griff vorhanden, den Eve mit beiden Händen umfasste, sodass sie die Tür aufziehen konnte.
    »Komm jetzt!«
    Jenny nickte. Plötzlich hielt sie wieder die Aufregung umklammert. Ihre Hoffnung erhielt neue Nahrung, als ihr eine bessere Luft entgegen wehte. Das roch nach Flucht und Freiheit.
    Zusammen mit Eve trat sie ins Freie und hatte schon vorher gesehen, dass es nicht so finster war, wie es eigentlich hätte sein müssen. Auch hier draußen gab es ein künstliches Licht, das wie ein silbriger Schein über den Boden rann, der mit einem unebenen Pflaster bedeckt war. Jennys Blick glitt vom Erdboden weg und in die Höhe. Es war nicht viel für sie zu erkennen. Nichts Neues. Ihr gegenüber wuchs eine weitere Hausfassade hoch, die allerdings mehr mit einer Baracke zu vergleichen war, was die Höhe anging. Und das war auch nicht das einzige Gebäude in der Nähe. Schnell stellte sie fest, dass sie in einer Straße stand. Zu beiden Seiten reckten sich unterschiedlich hohe Fronten oder Mauern hoch. Es gab sogar Seitengassen, und ihr kam der Verdacht, sich in einer nachgebauten Stadt zu befinden, die man für bestimmte Aktionen errichtet hatte.
    Der eklige Geruch war noch vorhanden, aber abgeschwächter. So kam ihr die Luft beinahe normal vor.
    »Und wo müssen wir hin?«
    Eve lächelte, bevor sie sagte: »Es spielt keine Rolle, in welche Richtung wir gehen.«
    »Gut. Und wo landen wir?«
    »In der Einsamkeit.«
    »Aber da muss es doch auch Häuser geben.«
    »Keine Sorge, die sind vorhanden.«
    »Jedenfalls will ich hier weg.«
    Jenny hatte sich geduckt und schaute sich furchtsam um. Noch immer war bei ihr der Eindruck vorhanden, sich als Figur in einem Spiel zu befinden, dessen Regeln sie nicht kannte.

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