1670 - Der Psychonauten-Gott
dass sie anfing zu zittern. Es war eine gewisse Urangst, die in ihr hochstieg und von ihr nicht bekämpft werden konnte.
Im Gesicht des Professors war das dritte Auge deutlich zu sehen. Es leuchtete auf der Stirn wie eine türkisfarbene Wunde. Er war voll und ganz von diesem uralten Geheimnis eingenommen worden. Die Folge davon war, dass er vor dieser dunklen Wand auf die Knie fiel.
Mit beiden Handflächen stemmte er sich dagegen. Er suchte den Kontakt zum Götzen - und fand ihn!
Es war für jeden sichtbar, was sich in diesem Spiegel tat. Die Verbindung zwischen den Zeiten hielt, der Götze hatte seinen Diener endlich gefunden, und er wollte beweisen, dass es ihn noch gab, denn innerhalb der Wand tat sich etwas. Es war nicht zu erkennen, ob an der Vorderseite oder in einer großen Tiefe, aber es war dort ein Licht zu sehen, das in einem kalten Gelb schimmerte. Und dieses Gelb blieb nicht an einer Stelle. Es wanderte und bewegte sich nach vorn, sodass aus dem Punkt allmählich etwas Konkretes wurde.
Ein Gesicht!
Ja, das war deutlich zu erkennen, selbst für die Patienten in der letzten Reihe. Aber dieses Gesicht war zugleich etwas Besonderes. Es hatte eine menschliche Form, nur konnte man nicht davon ausgehen, dass es auch aus einer normalen Haut bestand, dafür wirkte es zu starr. Man hätte es mit einer Maske aus Metall vergleichen können. Oben lief es ziemlich breit aus, das musste auch so sein, damit sich auf der Stirn das Auge zeigen konnte.
Nein, es sah nicht aus wie ein menschliches Auge. Zwar hatte es eine ovale Form, aber in ihrem Mittelpunkt gab es keine Pupille. Dort vereinigten sich unterschiedlich große Kreise.
Die äußeren schimmerten in einem kalten Gelb, während die nach innen laufenden Kreise allmählich einen grünen Farbton annahmen, der bis hinein in eine Schwärze ging, wie sie es nur im Weltall gab.
In der Mitte der Schwärze jedoch zeigte sich ein kalter gelber Punkt, als wäre er so etwas wie ein Magnet, der alles andere an sich zog.
Ein starres Gesicht. Kein Leben darin. Es zeigte sich nicht die kleinste Falte. Alles blieb glatt, so metallen, und das Licht, das die Maske umgab, war zweigeteilt. Eine Seite, die linke, schimmerte in einem hellen Gelb. Die andere zeigte eine bräunliche Farbe, als hätte sich dort Rost ausgebreitet. Und beide Seiten waren mit Augen bestückt, die auch zu einem Menschen hätten gehören können und deren stechender Blick nach vorn gerichtet war, als wollte er sein Gegenüber hypnotisieren. Er war da!
Und der kniende Mann richtete sich mit einer langsamen Bewegung auf. Allmählich straffte sich sein Körper, er hob die Arme an und spreizte die Hände.
»Du hast deine Anhänger nicht vergessen. Du bist der erste Psychonaut. Du kommst aus einer anderen Zeit. Du hast die Erde besucht, um den Menschen die Augen zu öffnen. Wir haben dich nicht vergessen, wir haben den alten Keim über die Jahrtausende hinweg weitergegeben, ohne dich je gesehen zu haben. Aber wir Psychonauten wissen, dass es einen Anfang gegeben haben muss. Dass ein Schöpfer da gewesen sein muss, und jetzt haben wir den Beweis. Du kannst sehen, was aus uns geworden ist, und wir versprechen, eine Herrschaft in deinem Sinne aufzubauen. Du hast nach uns gesucht und du hast drei von uns gefunden. Wir gehen den Weg mit dir gemeinsam.«
Er hatte laut gesprochen. Jeder sollte seine Botschaft hören. Auch Dagmar Hansen hatte sie verstanden. Dass sie zur Gruppe der Psychonauten gehörte, dafür konnte sie nichts. Das war ihr Schicksal. Doch sie dachte nicht daran, sich dem zu fügen, was Olsen gesagt hatte. Ihr Leben war anders verlaufen. Positiv. Sie hatte die Menschen nicht als Feinde angesehen. Sie hatte auch nicht versucht, sie für die Sache der Psychonauten zu überzeugen. Dagmar war immer froh gewesen, wenn sich ihr Erbe nicht meldete.
Wie von einem Band abgespult, drang die Antwort aus ihrem Mund. »Nein, es werden nicht alle mit dir gehen, Olsen. Ich bin dagegen!«
Er keuchte.
Dann drehte er sich um. Er schüttelte den Kopf und flüsterte: »Mitgegangen, mitgefangen. Du kannst nicht anders. Dein Erbe steckt in dir, verflucht.«
»Das mag sein. Aber ich bin es gewohnt, einen eigenen Weg zu gehen. Ich gehöre nicht zu den Psychonauten, die sich zu den Mystikern zählen. Ich bin positiv eingestellt und…«
»Hör auf!«, brüllte er und lief auf sie zu. »Das werden wir alle genau sehen!«
»Bitte!«
Er packte zu. Dagmar konnte und wollte nicht ausweichen und ließ sich auf die
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