1673 - Die Offenbarung der Veego
Erwachsenen konnten den Jugendlichen kaum mehr entkommen. Die Aktiven wurden oft von einer ganzen Horde junger Veego begrüßt, wenn sie einmal wieder aus der Ferne zurückkehrten, und ein Kreativer, der sich zwischendurch von seiner Arbeit am Modell ausruhen wollte, mußte sich schon verstecken, um auch wirklich allein zu bleiben.
Den Erwachsenen kam die Dauer des Lebensabschnitts der Lernenden nun ab dem letzten Drittel sehr lange vor, während er für die Jugendlichen fast zu rasch verging.
Ab ihrem vierzigsten Lebensjahr begannen sie zu spüren, daß etwas mit ihnen vorging.
Sie wuchsen nun auf die fast endgültige Größe von zwei Metern heran und leuchteten in intensivem Blau. Sie waren keine Kinder mehr, aber auch noch nicht erwachsen, in einem seltsamen Zwischenstadium, das sie nicht zur Ruhe kommen ließ.
So manch alter Veego, der die vor Energie übersprudelnden Jugendlichen aus der Ferne betrachtete, wie sie über die ganze Welt tobten, dachte bei sich, daß dies das Alter war, in dem sie alle am schönsten und reinsten waren, innerlich wie äußerlich.
Manche von den Jungen konnten an dieser Vorbereitung auf die nächste Stufe nicht mehr teilnehmen, da ihre Energie sich manchmal aus ungeklärten Gründen rapide aufbrauchte und nicht mehr regeneriert werden konnte. Sie lösten sich vorzeitig auf; wohin, wußte keiner der Veego. Vielleicht gingen sie in den Himmel ein, vielleicht gaben sie der Erde auch ihre Energie wieder zurück.
Doch es gab immer genug Überlebende, die für den Fortbestand sorgen konnten und den nächsten Lebensabschnitt erreichen würden, der sie zu Aktiven und Reisenden machte.
Zu diesen gehörte auch Alpari.
Er war inzwischen fast zur Legende geworden, denn er war der erste Veego, der völlig anders war als alle anderen und sich dennoch zu einem prachtvollen, mächtigen Energiewesen entwickelte. Er hielt kaum Kontakt zu den anderen, auch nicht zu seinen Altersgenossen; zwar zeigte er sich bei zufälligen Begegnungen stets freundlich, aber sehr zurückhaltend, manchmal sogar richtig scheu.
Yingansu, der ihm einst so viele Fragen beantwortet und der inzwischen viele Reisen unternommen hatte, besuchte ihn eines Tages unerwartet. „Erinnerst du dich noch an mich, Freund?" fragte er.
Er hatte lange vergeblich nach Alpari gesucht, bis ihm der Einfall gekommen war, zu jenem See zu fliegen, an dem ihre erste Begegnung stattgefunden hatte - und dort fand er ihn tatsächlich, ganz sacht auf und ab schwebend. „Ja, ich erinnere mich an dich", antwortete Alpari. Sein Tanz und sein Farbengesang waren voller Sanftmut und Schönheit, von einer Leichtigkeit und Anmut, wie sie Yingansu nie zuvor erblickt hatte. „Du bist immer noch auf großen Reisen, nicht wahr?"
„Ja, und ich habe seither viele Dinge gesehen und aufgezeichnet."
„Willst du mir davon erzählen?"
„Ich kann es nicht in Worte fassen, Alpari. Es ist so ... unglaublich fremd. Du mußt es selbst sehen."
„Oh, gesehen habe ich auch schon viel", meinte Alpari träumerisch.
Yingansu unterbrach die Unterhaltung für einen Moment; er wußte nicht, was er von Alparis Worten halten sollte oder wie sie zu verstehen waren. Er mußte den Geschichten recht geben: Alpari war in der Tat ein seltsamer Einsiedler geworden, und das in einem Alter, in dem er noch nicht einmal richtig zu leben begonnen hatte. „Man sagt, daß du viele seltsame Fragen stellst", wagte er dann schließlich den direkten Vorstoß. „Ich halte sie nicht für seltsam", erwiderte Alpari. „Du selbst hast diese Fragen in mir ausgelöst. Ich denke darüber nach, weshalb wir an diesem Großen Modell arbeiten, wann und warum es begonnen hat und was sein soll, wenn es fertig ist."
Yingansu wurde fast dunkelblau vor Erschütterung. „Alpari, solche Fragen stellt niemand! Es war immer so, und es wird immer so sein. Was sollen diese Fragen bedeuten?"
„Eben darum stelle ich sie. Hast du nie darüber nachgedacht?"
„Nein. Weshalb auch? Es gibt keine Antworten darauf. Wir sind, was wir sind. Kannst du das nicht einfach akzeptieren?"
Alpari wiegte sich mit einer seltsamen Melancholie. „Nein, Yingansu. Ich denke mir, etwas muß dahinter sein. Wie hinter den schwarzen Löchern am Firmament, die noch keiner ergründet hat. Vielleicht liegen dort die Antworten." Ein Seufzen lag in seinem Farbengesang. „Ich muß bald selbst auf die Reise gehen, Yingansu. Ich muß die Antworten finden."
„Alpari, es sind noch drei Jahre bis zur nächsten wunderbaren Umkehr
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