168 - Der magische Bumerang
neben mir auf.
„Ich habe mich in die andere Zeitebene versetzt und den Urwald abgesucht", sagte sie schwer atmend. „Da benötigen wir Stunden, um den Strand zu erreichen."
„Es muß doch einen Ausweg geben. Kannst du nicht irgendeinen Zauber anwenden?"
„Dazu brauche ich Zeit", antwortete sie, „und die haben wir nicht."
„Vielleicht kann uns Rebecca helfen", meinte ich. „Ihre Geschöpfe könnten uns retten."
„Daran habe ich natürlich sofort gedacht", sagte sie. „Ich bekomme jedoch keine Verbindung mit ihr."
Die Hitze wurde nahezu unerträglich.
„Wir sind alle verloren", kreischte Ronald Fogleman.
Die anderen brüllten ebenfalls und drängten sich enger aneinander. Nur Unga und Jeff behielten die Nerven, aber ich merkte den beiden an, wie verzweifelt sie waren.
Coco dachte angestrengt nach, ihr Gesicht war ernst und angespannt. Plötzlich spielte ein leichtes Lächeln um ihre Lippen.
Sie kniete nieder, riß einen Zweig von einem Busch ab und malte Zeichen auf den Boden.
„Spiritus dei ferebatur super aquas", murmelte sie, „et inspiravit in faciem hominis spiraculum." „Wir sollten Cocos Beispiel folgen", schrie Lena. „Laß uns niederknien und beten."
„Haltet den Mund!" schrie ich.
Coco ließ sich von der Unruhe nicht beirren. Ich suchte den Boden ab und fand schließlich eine Vogelfeder, die ich Coco reichte. Mit Hilfe der Feder wurde der Spruch nach Eliphas Levi verstärkt. Ich wußte, was Coco vorhatte. Sie wollte Dalep, den Sylphen, rufen, dem sie die Freiheit geschenkt hatte. Allerdings konnte ich mir wirklich nicht vorstellen, wie uns dieser Elementargeist helfen konnte.
Dalep erschien tatsächlich in Form einer winzigen Rauchwolke.
Coco riß mich und Dalep in die andere Zeitebene, das war sehr klug von ihr, denn unsere Gefährten hätten uns bei der Unterhaltung mit dem Herrscher der Lüfte nur gestört.
„Ich danke dir, daß du gekommen bist, Dalep", sagte Coco. „Kannst du uns helfen?"
„Du hättest mich viel früher rufen sollen", brummte Dalep. „Jetzt ist es fast zu spät. Aber ich werde dich und deine Freunde retten. Danach werde ich eine Mondphase zur Erholung benötigen."
Rasch erklärte er uns, was er vorhatte.
Als wir uns in der normalen Zeit befanden, war der Luftgeist verschwunden.
„Hört mir alle zu!" schrie Coco. „Stellt mir keine Fragen, sondern tut, was ich euch sage."
Ihre Worte lösten bei allen - mit Ausnahme von Unga und Jeff - Verständnislosigkeit aus. Aber sie gehorchten. Sie kniete nieder, schüttelte ihr Haar wild durcheinander. Wir umringten sie, und jeder wickelte sich eine Haarsträhne um den rechten Zeigefinger.
Ich konnte mich an einen Bericht des Magus Frater Saturnius über die Beschwörung von Sylphen erinnern.
Blitz folgte auf Blitz.
„Laßt meine Haare nicht los!" schrie Coco.
Das Heulen des Windes ging in ein Kreischen über. Ein orgelndes Gedröhne übertönte nun alle anderen Geräusche. Über dem Meer hatte sich eine Wasserhose gebildet, die sich durch den brennenden Dschungel auf uns zu bewegte. Der Wirbelwind raste auf uns zu und verschlang uns.
Ich japste nach Luft, und da war schon der Spuk vorüber.
Wir fanden uns im seichten Wasser unweit der
Sacheen
wieder. Die Wasserhose schoß auf das offene Meer hinaus und riß das Wasser zu einem riesigen Gischtvorhang empor.
Alle brüllten nun durcheinander.
Nachdenklich löste ich die Haarsträhne von meinem rechten Finger. Ich nahm alles zurück, was ich je über die Geister der Lüfte gesagt hatte.
„Danke, Dalep", sagte Coco fast unhörbar.
Wir wateten auf die Jacht zu. Das Feuer breitete sich rasend schnell aus. Die Erde bebte weiterhin, und der Strand veränderte die Form und gab die Jacht frei.
Rasch kletterten wir an Bord. Die Apparate und Instrumente funktionierten wieder.
Fünfzehn Minuten später war die
Sacheen
eine Seemeile von Lebius' Insel entfernt. Noch immer brannte der Dschungel.
„Wollt ihr uns nicht endlich erklären, was wirklich geschehen ist?" fragte Lena.
Doch Coco, Jeff, Unga und ich hüllten uns in geheimnisvolles Schweigen.
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