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1680 - Moira

Titel: 1680 - Moira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Bilder zur Qual. Ihm war bekannt, welche Schuld sein Volk in der Vergangenheit auf sich geladen hatte. Aber er hatte geglaubt, daß diese Schuld schon längst getilgt sei. Diese schrecklichen Zeiten noch einmal in Originalaufnahmen vorgezeigt zu bekommen, das machte ihm schwer zu schaffen. Er durchlebte in diesen Stunden die Hölle. Und Moira war gnadenlos. Sie schenkte ihm nichts, ließ keine der Grausamkeiten aus, deren sich die Vorfahren der Haluter einst schuldig gemacht hatten.
    Endlich, nach etlichen Stunden, war die Vorführung beendet. Das lemurische Imperium war zerstört. Die meisten Lemurer hatten sich nach Andromeda geflüchtet. Einige Splittergruppen verkrochen sich vor dem Völkermord in sicheren Schlupfwinkeln innerhalb der Milchstraße.
    Icho Tolot hatte diese Dokumentation als Bestrafung und späte Sühne für die Verbrechen der Bestien angesehen. Aber Moira meinte es offenbar anders. „Überkommt dich nicht Wehmut, wenn du die Bilder einer glorreichen Vergangenheit siehst?" fragte Moira. „Was ist nur aus euch Halutern geworden? Gelegentlich mal eine kleine Drangwäsche - das ist alles, was ihr euch noch gönnt. Was seid ihr denn dekadent geworden! Mit dir zu kämpfen, das war eine laue Sache, Haluter. Wenn ich mich daran erinnere, wie mich deine Vorfahren in vielen ähnlichen Situationen gefordert haben, dann überkommt mich Wehmut."
    „Willst du dich mit den Bestien wirklich auf eine Stufe stellen, Moira?" fragte Icho Tolot. „Ich kann nicht glauben, daß du ihre Grausamkeiten wirklich mehr schätzt als den Intellekt ihrer Nachfahren."
    „Ich habe die Bestien als Gegner geschätzt."
    „Nichts sonst? Hast du nicht versucht, etwas gegen dieses Unrecht zu unternehmen? Konntest du beim Vernichtungsfeldzug der Bestien gegen die Lemurer tatenlos zusehen? Das würde dich allerdings auf eine Stufe mit den Bestien stellen."
    „Ich habe den Lemurern meine Hilfe angeboten", sagte Moira fast trotzig. „Doch sie wollten sie nicht haben. Sie jagten mich einfach davon. Moira ist nicht rachsüchtig. Aber ich habe daraufhin bloß zugesehen und nichts Entscheidendes gegen die Bestien unternommen. Die Lemurer haben sich ihren Untergang selbst zuzuschreiben, weil sie meine Hilfe ausgeschlagen haben. Mein Preis wäre längst nicht so hoch gewesen wie der, den sie schließlich zahlen mußten ... Ich habe auf meine Lemurer-Trophäe verzichtet."
     
    *
     
    Schon zu Beginn des Überfalls der Bestien auf das Lemurer-Reich hatte Moira einige Tamräte entführt, um ihnen ihre Qualitäten vorzuführen. Moira brachte sie mit der STYX zu einer lemurischen Welt, die gerade von den Horden der Bestien überrollt wurde.
    Nach der Landung bat Moira ihre unfreiwilligen Gäste, dem folgenden Geschehen ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken. Dann stieg sie aus und stellte sich den Bestien zum Kampf.
    Diese von den Okefenokees gezüchteten Kampfmaschinen sahen in der gut ein Drittel kleineren Kriegerin zuerst wohl keinen ernsthaften Gegner. Denn sie versuchten, sie einzeln und wie nebenbei aus dem Weg zu räumen. Aber als Moira einige Dutzend solcher Einzelgänger besiegt und sich ihre verblüffende Kampfkraft unter den Bestien herumgesprochen hatte, formierten sich diese zu größeren Rotten. Aber auch in der Hundertschaft holten sich die Bestien blutige Köpfe. Horde um Horde wurde von Moira aufgerieben.
    Schließlich sammelten sich die verbliebenen Bestien zu einem Heer. Hunderte von ihnen bildeten einen Ring, in dem Moira eingekesselt war. Wie ein Mann stürzten sich die Bestien mit allen zur Verfügung stehenden Kampfmitteln auf ihr vermeintliches Opfer. Aber Moira trat als Unsichtbare aus dem Kreis der Bestien, ließ sie sich teilweise gegenseitig töten und rollte ihre Reihen von innen und aus ihrem Rücken auf.
    Da dies alles andere als ein ehrlicher und in Ehren geführter Kampf war, war auch Moira in ihren Mitteln nicht wählerisch. Sie warf alle Machtmittel in das Gemetzel, die ihr Kampfanzug zu bieten hatte. Und das war nicht wenig.
    Als Moira nach etlichen Tagen zur STYX zurückkam, meinte sie in ihrer etwas naiven Kriegermentalität, daß die Tamräte, die das Geschehen hatten live miterleben dürfen, ihr Hochachtung zollen und sie um ihren Beistand gegen die Bestien anflehen würden.
    Doch weit gefehlt. Statt dessen wandten sie sich mit Entsetzen von ihr ab!
    Moira schickte sie im Zorn heim.
    Und sie schwor sich, keine Hand für die Lemurer gegen die Bestien zu rühren, wie auch immer diese Sache ausgehen mochte.

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