1683 - Aus der Hölle entlassen
das schrille Wiehern der draußen wartenden Pferde an meine Ohren drang.
Das war wie ein Schlag unter die Gürtellinie. Noch immer hielten mich die Hände gepackt. Ich erlebte sie wie Eisenklammern, die sich in meine dünne Haut festgefressen hatten. Längst war ich aus der Hütte geschleift worden. Der Erdboden war nicht so glatt wie der im Haus. Durch das Schleifen spürte ich jeden Stein, der sich durch die Kleidung drückte.
Das Wiehern der Pferde blieb. Sie stampften mit ihren Hufen auf. Sie schienen sich auf ihre neue Aufgabe zu freuen, während mein Körper noch weiter geschleift wurde. Ich wühlte Staub auf, ich erlebte, dass Blätter in die Höhe gedrückt wurden und dabei über meinen Körper glitten.
Dann wurden meine Fußknöchel losgelassen.
Meine Beine prallten zu Boden.
Ich blieb auf dem Rücken liegen.
Ich dachte wieder daran, wie man mich aus meiner Zeit geholt hatte. Moreno war erschienen. Er hatte mit dem Feuer gespielt und dessen Magie eingesetzt, um mich in die andere Zeit zu schaffen. Hier aber war ich ihm unbekannt gewesen, hier hatte ich einen Moreno erlebt, der noch normal lebte und nicht aus der Hölle entlassen und mit anderen Kräften ausgestattet worden war.
Was war dazwischen passiert? Und war es ein großer Fehler gewesen, das Kreuz abzugeben? Normalerweise hätte ich zugestimmt, in diesem Fall nicht, denn da fehlte mir der letzte Rest an Wissen.
Mein Gefühl sagte mir, dass noch etwas geschehen würde, aber noch lag ich hier hilflos auf dem Rücken.
In der Nähe stand Moreno, der mich bewachte. Seine Leute kümmerten sich um die Pferde, die sie zu mir bringen mussten. Die Seile hielten sie bereit. An Armen und Beinen wurde ich gefesselt, um dann mit den Tieren verbunden zu werden.
Die Pferde zeigten sich ungewöhnlich wild und zugleich sperrig. Sie bockten, sie wollten nicht, und zwischen ihrem schrillen Wiehern hörte ich die Flüche der Männer.
Auch Moreno war es leid. »Was ist denn, ihr Idioten? Werdet ihr nicht mit den Gäulen fertig?«
»Sie sind zu wild.«
»Ihr kennt sie doch!«
»Irgendwas stört sie.«
»Ich sehe nichts.«
Nach wie vor lag ich auf dem Rücken. Aber ich hatte den Kopf leicht angehoben, um besser sehen zu können. Auch ich wunderte mich darüber, dass sich die Tiere so verhielten. Es glich schon einem kleinen Wunder, dass sie nicht wegrannten.
»Muss ich denn alles selbst machen?«, brüllte Andreas Moreno. »Das ist zum Kotzen.«
Er wollte losgehen. Mich sah er nicht mehr an und schaute in eine andere Richtung. Weit kam er nicht. Schon nach dem zweiten Schritt hielt er an. Sein Blick war auf etwas gefallen, was mir noch verborgen blieb, und plötzlich wurde es still. Als hätte jemand den Geräuschen befohlen, zu verstummen.
Ich hörte das Geräusch von Schritten. Nur eine Person kam. Ja, sie kam, denn es war nicht Moreno, der ging. Der schaute in die Richtung, aus der er das Geräusch gehört hatte.
Ich versuchte durch das Anheben meines Kopfes, etwas mehr zu erkennen. Das traf dann zu, denn ich sah eine Gestalt, die sich aus dem Hintergrund hervorschälte und sich in recht langsamen Schritten näherte. Es war ein Mann, das sah ich wohl. Er trug auf seinem Kopf einen Hut, ging noch drei Schritte weiter und trat in eine Stille hinein, denn selbst die Pferde waren ruhig geworden.
Andreas Moreno schrie auf. Dann brüllte er weiter, aber aus seinem Mund drang eine Frage.
»Wo kommst du her, Hector de Valois?«
***
Nein, das war verrückt. Das konnte nicht stimmen. Das bildete ich mir ein. So konnte das Leben einfach nicht spielen. Da lief alles quer, und ich musste mich verhört haben.
Aber ich hörte eine Antwort, und sie passte zu dieser verworrenen Geschichte.
»Ich habe dich gejagt, Moreno. Ich war dir auf der Spur. Du hast zu viele Menschen im Namen der Hölle getötet. Damit ist es jetzt vorbei, ich bin gekommen, um dich zur Hölle zu schicken.«
Ich hatte den Eindruck, über meinem Körper würde alles Mögliche zusammenschwappen. Was da durch meinen Kopf tobte, das begriff ich einfach nicht, obwohl ich in meinem Leben schon genug erlebt hatte.
Hector de Valois!
Schon der Gedanke an diesen Namen löste bei mir einen Schauer aus, denn er und ich waren gewissermaßen eine Person. Er war vor mir der Besitzer des Kreuzes gewesen, also der Sohn des Lichts, und ich war praktisch seine Wiedergeburt.
Ich hatte ihm schon mal gegenübergestanden. Das war eine andere Situation gewesen, und jetzt sah ich ihn wieder, und er war ein Feind
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