1683 - Aus der Hölle entlassen
sondern in der Zukunft, denn dort werden wir beide uns wiedersehen und uns gegenüberstehen.«
Moreno sagte nichts. Er glotzte nur. Er musste meine Worte verkraften, lehnte sie nicht völlig ab, sondern fragte: »Warum sollte das geschehen?«
»Weil eine Rechnung noch nicht beglichen worden ist. Es wird der Teufel sein, der dir den Weg zeigt. Dieses grausame Spiel wird hier kein Ende finden. Es wird erst beginnen.«
Andreas Moreno starrte mich mit seinem einen Auge an. Es war schwer für ihn, dies zu begreifen. Dass er nur in eine Richtung dachte, war für mich verständlich, und von ihr würde er auch nicht abweichen, das machte er mir klar. Es fing damit an, dass er sich erhob und dabei den Kopf schüttelte.
Ich wartete gespannt ab, was geschehen würde. Für ihn war ich plötzlich uninteressant geworden. Mit einem langen Schritt ging er auf seine Begleiter zu, die zugehört und nicht eingegriffen hatten. Das war vorbei. Ein Befehl reichte.
»Packt ihn!«
Darauf hatten sie gewartet. Ich kam nicht mehr dazu, nachzudenken. Sie waren sofort bei mir, und sie kannten sich aus. Ich hatte damit gerechnet, dass sie sich auf mich stürzen würden, doch das taten sie nicht. Sie umklammerten meine Fußknöchel, rissen meine Beine in die Höhe und schleiften mich auf die Tür zu und dann nach draußen zu dem Ort, an dem ich sterben sollte …
***
Glenda Perkins war in ihrer Wohnung geblieben, in der es warm wie in einer Sauna war. Sie wusste, was sie tun musste, und sie wusste auch, dass es keine Alternative gab, um John zu finden und zu retten.
Das Kreuz hatte sie bereits an sich genommen. Sie fühlte sich dadurch sicherer, es gab ihr ein gutes Gefühl, und doch war sie ihrem Ziel noch keinen Schritt näher gekommen.
Sie brauchte die Konzentration. Dieses tief in sich hineingehen, um das zu mobilisieren, was in ihr steckte. Diese geheimnisvolle und auch mächtige Kraft des Serums, die sie zu einer Person machte, von der andere Menschen träumten.
Für sie war es Fluch und Segen zugleich!
John musste zurückgeholt werden, und Glenda musste ihn erst mal finden. Sie hoffte, dass es durch das Kreuz geschah, dass es die Verbindung zu dem Geisterjäger schuf, denn er war der rechtmäßige Besitzer und zugleich der Sohn des Lichts.
Als Ort hatte sich Glenda das Wohnzimmer ausgesucht. Dort saß sie auf der Couch und wirkte wie eine Statue, in der sich kein Leben mehr befand. Sie hielt die Augen nicht geschlossen, denn sie wollte sofort erkennen können, wenn sich die Veränderung anbahnte.
Noch geschah nichts. Sie blieb einfach nur sitzen, aber sie spürte, dass sich in ihrem Körper etwas veränderte. Das Blut strömte schneller durch ihre Adern. Das Zimmer blieb gleich, aber nach einer Weile veränderte es sich doch, was Glenda nicht verborgen blieb. Sie erlebte eine Verzerrung der Perspektive, denn der Raum zog sich zusammen. Wenn sie gegen den Boden schaute, sah sie die ersten Wellen, und auch die Wände blieben nicht so, wie Glenda sie kannte. Sie rückten näher, und auch die Decke fing an zu schwanken.
Glenda war bereit.
Aber wo steckte John Sinclair?
Noch hatte sich die Tür zu ihm nicht geöffnet, doch das würde sich ändern. Sie saß auf ihrem Platz, hielt die Augen offen, das Kreuz umklammert, dachte an John und hoffte, durch das Kreuz den Strahl zu finden, der zu ihm führte.
Ihr Zimmer war nicht mehr ihr Zimmer. Es hatte sich verändert. Es zog sich immer mehr zusammen und Glenda spürte die andere Kraft, die ihr durch das Serum gegeben worden war, immer stärker werden.
Plötzlich ging alles schnell. Sie hörte ein saugendes Geräusch und spürte dann nichts mehr, denn es kam ihr vor, als hätte sie sich aufgelöst.
Und das war auch so, denn dort, wo Glenda gesessen hatte, war die Couch von einem Moment zum anderen leer …
***
Vierteilen!
Es war ein schrecklicher Begriff, und er wollte mir nicht aus dem Kopf. Das war einfach nicht zu fassen. Ich war von der Gegenwart in die Vergangenheit geschleudert worden, um hier auf eine grausame Weise zu sterben. Noch immer war mir nicht klar, welch ein Sinn dahintersteckte. Moreno wusste nicht, wer ich in Wirklichkeit war, das hatte er mir hier gezeigt. Aber in der Zukunft schien er über mich informiert gewesen zu sein.
Wieso? Warum? Fehlte da noch etwas? Oder hatte ich nicht alles mitbekommen?
Diese Fragen lenkten mich von meinem schrecklichen Ende ab, das jedoch wieder allgegenwärtig wurde, als wir die unmittelbare Nähe der Tür erreichten und
Weitere Kostenlose Bücher