1683 - Aus der Hölle entlassen
machen. Die Falltür wurde nicht mal eingedrückt. Es sah optimal aus.
Es war geschafft. Ich hatte meinen Teil erfüllt. Aber wie ging es weiter?
Das war die große Frage, auf die mir der Wirt auch keine Antwort geben konnte. Ich verließ den Platz hinter der Theke und stellte mich an der anderen Seite hin.
»Möchtet Ihr was trinken?« Mary hatte gefragt und schaute mich dabei kokett an.
»Das wäre nicht schlecht.«
»Wein?«
»Es kann auch Wasser sein.«
Sie verzog die Lippen. »Das will ich nicht empfehlen. Es ist leider nicht frisch und schmeckt abgestanden.«
»Dann einen Schluck Wein.«
»Ich hole ihn.«
Den Wirt sah ich im Moment nicht. Es war sowieso still geworden hier oben. Deshalb waren auch die Stimmen der Gefangenen zu hören, die in ihrem Keller keinen Spaß hatten. Wenn mich nicht alles täuschte, fluchten sie um die Wette.
Mir war das egal. Ich wollte nur Ruhe haben, um über meine Zukunft nachdenken zu können. Dass ich mich in einer anderen Zeit befand, daran hatte ich mich gewöhnt, und ich hatte hier meine Spuren hinterlassen. In meiner Nähe hielten sich Mörder auf, der abgeschlagene Kopf des Templers war dafür der beste Beweis.
Aber welcher Gerechtigkeit konnte ich sie zuführen? Wer hatte hier das Sagen?
Schloss Windsor sollte in der Nähe liegen. Wahrscheinlich würde ich dort eine Antwort finden.
Aus dem Hintergrund kam Mary. Sie hatte den Wein in einen Krug gefüllt und hielt ihn in der rechten Hand. Einen Becher nahm sie von der Theke und füllte ihn.
»Ist gut«, sagte ich, »denn ich möchte nicht betrunken werden.«
»Das war ich schon öfter.« Sie kam lächelnd näher und reichte mir den Becher. »Ich liebe Helden, bei ihnen werde ich schwach, und Ihr seid ein Held!«
»Ist das sicher?«
»Das spüre ich. Ihr seid ein Kämpfer und ein Held. Ich kenne keinen Mann, der es gewagt hätte, sich dieser Bande entgegenzustellen.«
»Ich hatte nur Glück.«
Mary holte einen zweiten Becher und goss sich ebenfalls ein.
»Wollen wir nicht trinken, Sir?«
»Gern.«
»Dann trinken wir auf alle Helden dieser Welt.«
Wenn sie das wollte, sollte es so sein. Ich hatte nichts dagegen. Es war diesmal ein Rotwein, den sie eingeschenkt hatte. Nun bin ich kein großer Rotweinkenner, aber ich konnte schon unterscheiden, ob ein Wein zu dünn oder gehaltvoll war.
Dieser war mir zu dünn. Als ich das Glas absetzte, sagte sie: »Hat es Euch gemundet, Sir?«
»War nicht schlecht.«
Sie lächelte verlegen und hob die Schultern. »Nun ja, Ihr seid Besseres gewohnt, aber …«
»Nein, nein, das will ich damit nicht gesagt haben. Es ist nur …« Ich stoppte meinen Redefluss, weil mich etwas abgelenkt hatte. Und das war hinter mir passiert. Es war ein Geräusch, es war ein Geruch und beides warnte mich irgendwie.
Ich stellte den Becher ab. Das heißt, ich wollte ihn abstellen, kam aber nicht mehr dazu. Ich hielt ihn noch in der Hand, sah das Grinsen im Gesicht der Frau vor mir, dann traf mich der wuchtige Schlag in den Nacken und löschte erst mal die Lichter bei mir aus …
***
Echos!
Dumpf, hart und irgendwie schmerzvoll, denn sie sorgten dafür, dass durch meinen Kopf Blitze oder Stiche zuckten, die dafür sorgten, dass ich allmählich wieder erwachte.
Mein Bewusstsein kehrte zurück, und damit auch mein Denken. Ich brauchte nicht lange nachzudenken, um zu spüren, dass ich auf einem harten Untergrund lag. Die Echos blieben, und ich wusste jetzt, dass sie von Schritten verursacht wurden. In meiner Nähe mussten sich Menschen bewegen, die auch noch rochen, und diesen Geruch kannte ich.
Die Bande um Andreas Moreno hatte ihn abgegeben, und als mir dieser Name einfiel, da war mir klar, dass ich mich in einer Lage befand, die ich selbst meinem schlimmsten Feind nicht gewünscht hätte.
Meine Erinnerung kehrte zurück. Sie bestand aus den letzten Bildern vor meinem Abtreten. Mary war da, der Wein ebenfalls, und wir hatten uns zugeprostet. Ich hatte einen Schluck probiert und festgestellt, dass mir der Wein alles andere als gemundet hatte. Ich war abgelenkt gewesen, und nur so hatte mich jemand von hinten niederschlagen können. Für mich kam als Täter nur der Wirt infrage, und ich wusste nun, dass er auf der anderen Seite stand. Er hatte es sich mit den Mördern nicht verderben wollen, und ich war nun der Gelackmeierte.
Ich konnte deshalb so gut denken, weil sich die Schmerzen in meinem Kopf in Grenzen hielten. Sie hatten sich mehr auf den Nacken konzentriert, denn dort war
Weitere Kostenlose Bücher