1683 - Aus der Hölle entlassen
umdrehte, stand Glenda Perkins vor mir.
»Komm mit«, sagte sie nur …
***
Und wieder erlebte ich innerhalb einer kurzen Zeitspanne eine Überraschung. Ich hatte nichts gegen Glenda, wahrlich nicht, aber ich hatte in der letzten Zeit nicht mehr an sie gedacht.
Sie jedoch an mich, und sie hielt den Gegenstand fest, an dem mein Herz hing.
Es war das Kreuz!
Ich kannte es gut. Als ich es in Glendas Hand sah, schlug mein Herz schneller, denn mir fiel ein, dass auch Hector de Valois das Kreuz besaß.
Es gab das Kreuz nur einmal. Aber in diesem Fall war es zweimal vorhanden.
Paradox und doch wahr.
»Ich kann nicht, Glenda.«
»Du musst.«
»Aber ich habe hier noch zu tun.«
»Nein, das ist nicht mehr nötig. Du hast in dieser Welt nichts verloren. Die Vergangenheit darf dich nicht einbeziehen. Wenn das geschieht, könntest du für immer ein Gefangener dieser Zeit sein. Du musst mit mir nach Hause kommen, John …«
Nach Hause!, dachte ich. Ja, Glenda hatte recht. Das hier war nicht mein Zuhause, aber ich hatte die Chance, mehr über Hector de Valois zu erfahren, der in mir wiedergeboren war. Es war fast nicht zu glauben, und ich zweifelte.
Glenda zog mich weiter. Sie hielt mich fest umklammert und meine Gegenwehr hielt sich in Grenzen. Ich stolperte ihr praktisch nach und konnte erst wieder einen klaren Gedanken fassen, als ich das Freie verlassen hatte und mich wieder in der Gaststätte befand. Da sah ich, dass Glenda mit der freien Hand nach meiner Beretta griff und sie vom Tisch nahm.
Dann hörte ich den Schrei. Wer ihn ausgestoßen hatte, wusste ich nicht.
Aber ich drehte den Kopf, um einen Blick durch die Tür zu werfen.
Das helle Licht kannte ich.
Und ich hörte Hector de Valois' Stimme. »Fahr endlich zur Hölle!«
Es war das Letzte, was ich hörte, denn plötzlich zog sich die Welt um mich herum zusammen, sodass ich den Eindruck hatte, von ihr verschluckt zu werden.
Ich wusste nichts mehr …
***
Es tat gut, das mit kaltem Mineralwasser gefüllte Glas zu umfassen. Das erste hatte ich schon leer getrunken. So hielt ich bereits das zweite in der Hand und sah Glenda Perkins an, die mir gegenübersaß und die Lippen zu einem Lächeln verzogen hatte.
Mir ging es gut. Und es war auch ein gutes Gefühl, das mich erfüllte. Hinter mir lag etwas Unwahrscheinliches und auch Unbegreifliches, wenn man nicht selbst zu einem gewissen Kreis gehörte und eine bestimmte Vergangenheit besaß wie ich.
Glenda hatte die Fenster geöffnet. Es war Nacht. Wind war aufgekommen, in der Ferne war ein dumpfes Grollen zu hören. Vorbote eines Gewitters, das sich bald über der Stadt entladen würde.
Wir hatten kaum miteinander gesprochen. Ich wollte erst mal zu mir selbst finden und genoss das Wasser in kleinen Schlucken. Dabei fiel mein Blick immer wieder auf das Kreuz, das Glenda zwischen uns auf den Tisch gelegt hatte.
»Hector hat ihn besiegt«, sagte ich mit leiser Stimme.
»Ja, so muss es gewesen sein.«
Ich sprach weiter. »Er hat sein Versprechen gehalten und schickte ihn in die Hölle …«
»Und weiter, John?«
Ich sah Glenda an. »Dort ist Moreno nicht für alle Zeiten geblieben. Der Teufel hat ihn entlassen und zu mir geschickt.«
»Du kennst auch den Grund – oder?«
»Ich denke schon.«
»Und was denkst du?«
Ich hob meine Augenbrauen an. »Es ist eigentlich nicht schwer«, sagte ich mit leiser Stimme. »Hector hat ihn getötet und zur Hölle geschickt. Ob das mit dem Töten so stimmt, weiß ich nicht. Da, wo er landete, hat man ihn wieder aufgebaut, und er hat nicht vergessen, wie er in diese Lage geraten ist und wer ihn zum Teufel schickte. Er hat nicht nur Hector de Valois gehasst, sondern auch die Waffe, die ihm den Weg in die Hölle bereitet hat. Eben das Kreuz.«
»So denke ich auch.«
»Und jetzt, Glenda, hat er den Teufel bekniet, ihn wieder zu entlassen, damit er das Kreuz vernichten kann. Da waren mittlerweile mehr als zweihundert Jahre vergangen, obwohl in der Hölle die Zeit keine Rolle spielt. Das Kreuz gab es noch. Nur existierte sein damaliger Besitzer nicht mehr. Es befand sich jetzt in anderen Händen, und zwar in meinen. So bin ich sein Feind. Es ist alles ganz einfach, wenn man es weiß.«
»Ja, wenn …« Glenda hob die Schultern. »Und warum hat er dich in die Vergangenheit geholt?«
»Das war sein Spiel. Asmodis hat ihm freie Hand gelassen und ein Zeitfenster für ihn geöffnet. Es wäre wohl nicht gelungen, wenn ich das Kreuz am Körper getragen hätte. So
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