17 - Das Konzil der Verdammten
fühlst.« «Mir ist der Mund wie ausgedörrt, und der Kopf tut weh.« Wieder wurde ihr der Becher an die Lippen gehalten, sie
nahm einen Schluck, der Becher wurde abgesetzt. Fidelma wimmerte vor Schmerz und glitt zurück auf das Strohlager. »Was ist mit mir passiert? Wo bin ich?«, fragte sie.
»Vor ein paar Stunden haben sie dich hierhergebracht. Ich bekam es schon mit der Angst zu tun, weil du gar nicht wach wurdest.«
Fidelma befühlte ihren Kopf. Da war ein Verband. Das Mädchen verfolgte ihre Bewegungen.
»Ich habe deine Wunde verbunden. Sie hat geblutet, ist aber nicht schlimm. Rundherum ist alles geschwollen. Du bleibst besser ruhig liegen. Wie ist es überhaupt dazu gekommen?«
»Jemand hat mich hinterrücks niedergeschlagen. Wo bin ich?«
»In einem Kellergewölbe«, erklärte ihr das Mädchen mit ernstem Gesicht. »Ich bin seit einer Woche hier, andere von uns schon an die drei Wochen.«
»Und wo genau das Kellergewölbe ist, weißt du nicht?«
»Doch, in der Villa von Gräfin Beretrude in der Stadt Autun.«
Mit einiger Mühe wandte Fidelma den Kopf und erkannte nun, dass da dreißig oder noch mehr Frauen waren, die an den Wänden saßen, und etliche Kinder. Alle hockten auf Strohschüttungen und unterhielten sich nur flüsternd. Möbel gab es nicht, nur einen Stapel Decken und mehrere Bündel Stroh, und in einer Ecke standen ein paar Krüge und Becher. Die meisten Frauen trugen ein einfaches Nonnengewand. Langsam fing Fidelma wieder an, folgerichtig zu denken.
»Du bist wie eine aus dem Ort gekleidet, dabei bist du doch gar nicht von hier, nicht wahr?«, fragte die junge Frau.
»Ich komme aus einem Land, das ihr Hibernia nennt. Ich bin Schwester Fidelma.«
»Eine Klosterschwester vom äußersten Rand der Welt.« Die Frau, die sich ihrer angenommen hatte, hielt ihr wieder den Becher mit Wasser hin. »Was sagtest du eben? Wie heißt du?«
»Fidelma. In meinem Land ist das ein üblicher Name.«
»Und warum trägst du die hiesige Tracht einer Frau vom Lande?« Neugierig nahm sie Fidelmas Kleidung in Augenschein.
»Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte sie. »Und wer bist du?«
»Ich heiße Valretrade.«
Erstaunt machte Fidelma große Augen. »Schwester Valretrade … aus dem domus feminarum ? Sigerics Freundin?«
Nun schaute das Mädchen verwundert drein. »Woher weißt du etwas über mich?«
»Ich kenne Bruder Sigeric. Ich habe versprochen, ihm bei der Suche nach dir zu helfen.«
»Sigeric? Geht’s ihm gut?«, fragte das Mädchen erregt.
»Ja, zumindest, als ich ihn das letzte Mal sah. Aber er verzehrt sich vor Kummer nach dir. Wie ist es dir ergangen? Äbtissin Audofleda hat verbreitet, du hättest dich vor einer Woche entschlossen, die Abtei zu verlassen. Weil du mit der Regula nicht einverstanden bist, hättest du dich entschieden, auf und davon zu gehen, und das auch in Abschiedszeilen zum Ausdruck gebracht.«
»Audofleda? Gottes ewiger Fluch möge sie treffen!« Valretrade stellte den Becher beiseite und sah Fidelma prüfend an. »Aber zu meiner Zeit warst du nicht im domus feminarum . Lange kannst du noch nicht in Autun sein. Ah ja, du bist wegen des Konzils hier.«
Fidelma brachte sich in eine bequemere Lage. So knapp es eben ging, erzählte sie der jungen Nonne, was sie nach Autun geführt und was man ihr angetragen hatte, wie sie Bruder Sigeric kennengelernt und folglich begonnen hatte, nach ihr zu suchen. Valretrade lauschte ihrem Bericht und unterbrach sie nicht.
»Ich fürchte das Schlimmste«, sagte sie schließlich.
»Würdest du mir bitte erklären, was das Schlimmste ist?«, bat Fidelma. Das Pochen im Hinterkopf war jetzt weniger heftig; sich auf ihre Geschichte zu konzentrieren, hatte geholfen, den Schmerz zu verdrängen.
»Das alles hier sind Ehefrauen von Mönchen und Priestern und ihre Kinder. Was mich betrifft, so fürchte ich, mir ist etwas zum Verhängnis geworden, was nicht für meine Augen bestimmt war. Wir wurden alle gewaltsam aus dem domus feminarum hierhergebracht, wie Gefangene mit verbundenen Augen.«
»Was hast du denn gesehen, und wie bist ausgerechnet du hier gelandet?«
»Während der letzten Wochen fiel mir auf, dass einige Frauen aus der Schwesternschaft nicht mehr da waren.«
»Hast du nachgefragt, wo sie geblieben sind?«
»Natürlich habe ich das getan. Uns wurde gesagt, sie hätten die Abtei verlassen, weil ihnen die neue Regula nicht passte.«
»Wer hat euch das gesagt? Die Äbtissin?«
Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Äbtissin Audofleda steht hoch über
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