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17 - Das Konzil der Verdammten

17 - Das Konzil der Verdammten

Titel: 17 - Das Konzil der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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sie neben dem großen Sarkophag, der die Mitte der kleinen Kammer in den muffigen Katakomben einnahm, die sich unter der Abtei nach allen Richtungen zu erstrecken schienen. Von alters her war das die Totenstadt. Sie war uralt, hatte schon bestanden, bevor die Abtei erbaut wurde. Nachdem der Neue Glaube ins Land gekommen war, hatte man die Stätte geweiht, und nun hatten schon Generationen von Äbten hier ihre letzte Ruhestätte gefunden.
    Abgesehen von Wassertropfen, die irgendwo in der Ferne fielen, war es völlig still. Die Luft war dumpf und stickig. Ein schwaches Leuchten durchdrang die unterirdischen Höhlungen und verlieh der Dunkelheit schwache Umrisse, so dass man das eine oder andere nur durch den Wechsel von Licht und Schatten erahnen konnte. Die beiden Gestalten verharrten reglos auf ihrer Stelle, fast als wären sie selber Teil der Grabsteine.
    Dann wurde das schwache Geräusch des Tropfenfalls überlagert von sachtem Schlurfen; es klang wie Leder, das sich an Stein rieb. Eine der Gestalten zuckte zusammen, als ein Lichtschimmer in die Kaverne drang und Schatten hin und her tanzen ließ. Zwischen den Gräbern tauchte eine dritte Person auf, die eine Kerze hielt.
    Auch sie trug eine Kutte mit Kapuze. Vor dem Mausoleum blieb sie stehen. »Ich komme im Namen des heiligen Benignus«, ließ sich eine kratzige Stimme vernehmen.
    Von dem im Dunkeln wartenden Paar wich die Spannung. »Willkommen im Namen von Benignus, geheiligten Namens und Angedenkens«, erwiderte eine weibliche Stimme leise. Man verständigte sich auf Latein.
    Der Ankömmling trat rasch ins Mausoleum und stellte die Kerze auf das Marmorgrabmal.
»Nun?«, fragte die zweite der wartenden Gestalten. »Hat er es noch?«
»Er bewahrt es bei sich in der Kammer auf«, erwiderte der Neue rasch.
»Dann können wir es leicht an uns bringen. Es wäre ein Zeichen, dass Gott unser Unterfangen segnet«, meinte der andere.
»Aber wir müssen rasch handeln. Der Gesandte aus Rom hat bereits mit ihm darüber gesprochen. Wenn wir es, sobald die Zeit heran ist, als unser Feldzeichen nutzen wollen, müssen wir es jetzt verschwinden lassen.«
»Soll es unserer Absicht dienen und den Aufstand des Volkes auslösen, darf er nicht erst die Wahrheit über dieses große Symbol verbreiten. Die Menschen müssen ernsthaft daran glauben, dürfen keinerlei Zweifel hegen.«
»Sind wir bereit, zu tun, was wir tun müssen?«, fragte wieder die weibliche Stimme.
»Es dient dem Nutzen aller«, sagte ihr Begleiter feierlich.
»Deus vult!« ergänzte der Neue ernst. Gott will es.
»Sind wir uns also einig?«, drängte die Frau mit fast erstickter Stimme.
»Noch heute Nacht muss es vollbracht werden«, bestimmte der Neue.
Die drei schauten einander im Dämmerlicht an und murmelten unisono: »Virtutis Fortuna comes!« Den Mutigen steht Fortuna bei.
Ohne ein weiteres Wort trennten sich die drei schemenhaften Gestalten und gingen in verschiedene Richtungen durch die dunklen Gewölbe der Katakomben von dannen.
    »Die Anmaßung dieses Menschen ist unerträglich!«
    Erstaunt schwiegen alle in der Kapelle, während die Stimme in den steinernen Gewölben des Hauses widerhallte. Die Äbte und Bischöfe, die vor dem Hochaltar in dunklen, mit Schnitzereien verzierten Eichensesseln saßen, blickten wie auf Geheiß zu ihrem erbosten Kollegen. Der war zwar nicht aufgestanden, wies aber mit ausgestrecktem Arm auf einen Geistlichen in der Runde.
    »Beruhige dich, Abt Cadfan«, ermahnte ihn Bischof Leodegar, der die Zusammenkunft leitete. Man hatte die Kapelle so ausgestattet, dass sie auch als Sitzungssaal dienen konnte. »Wir sind hier zusammengekommen, um die Zukunft unserer Kirchen zu erörtern, die gegenwärtig in Sprache und Ritus voneinander getrennt sind. Es mögen unverblümte Worte fallen bei dem Suchen nach Pfaden, auf denen wir zueinander finden wollen, um zur Einheit zu gelangen. Doch bedenkt bitte, solche Worte sollten nicht als persönliche Beleidigungen aufgefasst werden.«
    Er bediente sich sicher und gewandt des Lateinischen, das alle beherrschten.
Abt Cadfans Unmut wuchs. »Verzeih meine unverblümte Redeweise, Leodegar von Autun, aber ich weiß sehr wohl eine Beleidigung von einer in lebhafter Debatte vorgebrachten Ansicht zu unterscheiden. Beleidigungen von den Feinden meines Bluts und meines Volkes werde ich keinesfalls dulden.« Der ältere grauhaarige Geistliche, der Abt Cadfans zur Rechten saß, legte seinem Gefährten beschwichtigend eine Hand auf den Arm. Es war Abt Dabhóc

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