17 - Das Konzil der Verdammten
benutzen. Ein paar Eimer Wasser stellen sie uns auch zum Waschen hin. Nicht ein einziges Mal habe ich in der Woche nach draußen gedurft. Allen ist es so gegangen, seit sie hier wie Verbrecher eingesperrt sind.«
Fidelma war entsetzt. »Das ist doch unmenschlich.«
»Für Sklaven nicht.«
Fidelma unternahm den Versuch aufzustehen und stützte sich dabei auf Valretrades Arm. »Hilf mir, hier im Gewölbe ein paar Schritte zu machen, damit ich mein Gleichgewicht wiederfinde.«
Langsam gingen sie auf und ab, und Fidelma musste sich überzeugen, dass es Zeitvergeudung war, nach Fluchtwegen zu suchen. Immerhin half ihr die Bewegung, sich wieder normal zu fühlen. Der Kopfschmerz ließ nach, Schwindel und Benommenheit verschwanden.
»Vielleicht bietet sich unterwegs eine Gelegenheit«, schlug ihre neue Gefährtin vor.
»Im Hellen kommt Verbas sofort dahinter, wer ich bin«, erwiderte Fidelma. »Von Beretrudes Villa aus wird er uns vermutlich durch die Stadt treiben, noch ehe es Tag wird. Deshalb sollen wir uns für den Aufbruch vor Morgengrauen bereithalten. Das heißt, sie wollen nicht, dass jemand in der Stadt merkt, was sie vorhaben. Das könnte uns nützlich sein.«
Valretrade blickte sie verwundert an. »Wie meinst du das?«
Fidelma schaute in die Runde, einige Frauen horchten schon auf. »Lass uns leise reden, Valretrade. Wir müssen uns erst selber klarwerden, was sich tun lässt, ehe wir andere mit hineinziehen.«
»Schon gut«, flüsterte das Mädchen.
»Überlegen wir mal. Was könnte ihre Absicht sein? Wollen sie uns zum Fluss schaffen und von dort auf ein Schiff? Wenn dem so ist, hätten sie zwei Möglichkeiten. Entweder sie pferchen uns in einen Planwagen, oder sie zwingen uns, durch die Straßen der Stadt zu laufen. Von einem Gefährt zu entkommen, dürfte schwierig sein, aber wenn wir zu Fuß unterwegs sind, hätten wir zumindest eine Chance.«
Valretrade hatte ihre Zweifel. »Wahrscheinlich ketten sie uns aneinander – vermutlich mit Handschellen. Ich habe so etwas auf Sklavenmärkten gesehen.«
»Wenn sie wollen, dass wir rasch laufen, werden sie uns nicht an den Füßen fesseln. In den engen Straßen der Stadt und in der Dunkelheit vor dem Morgengrauen … Das könnte die einzige Möglichkeit sein. Kennst du dich in diesem Viertel aus?«
»Sehr gut sogar. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Aber selbst wenn es uns gelingt zu entkommen … Was dann? Wo können wir hin? Bestimmt nicht zurück zur Abtei; wie sollen wir wissen, wer dort Freund und wer Feind ist?« »In der Abtei habe ich Freunde, die uns beistehen werden. Dort ist auch Bruder Sigeric. Aber soweit sind wir noch nicht; erst müssen wir fliehen, und dann können wir überlegen, wohin danach.«
»Eine Hilfe gibt es vielleicht. Ich habe eine Schwester, die hier in der Nähe wohnt. Ich bin sicher, die gewährt uns Unterschlupf, wenn wir es erst mal bis zu ihr schaffen. Von dort könnten wir deine Freunde benachrichtigen. Ihr Mann ist einer der Hufschmiede im Ort.«
Fidelma nickte. »Viel hängt auch davon ab, welche Route wir nehmen. Verbas von Peqini kommt aus dem Osten. Der Krieger hat gesagt, wir werden in den Süden geschafft, also zum Mittelmeer hin.«
»Dann dürfte die Reise einige Tage dauern. Die meisten Kaufleute fahren mit dem Schiff. Ich glaube, man wird uns zum Fluss schaffen.«
»Fließen denn Flüsse durch diese Gegend?«, fragte Fidelma. »Ich dachte, sie entspringen im Gebirge, mehr in der Mitte des Landes.«
»Wir müssten auf dem Liger stromaufwärts fahren. Meistens ziehen Maultiere die Boote in Richtung Süden bis zur Stadt Rod-Onna, das ist ein gallischer Name. Bis dort ist der Liger schiffbar. Danach kommen enge Schluchten, durch die sich der Fluss vom Zentralmassiv her windet. Große Schiffe kommen da nicht mehr durch.«
»Und ist man dann schon nahe am Meer im Süden?«
»Nein. Aber von dort gelangt man auf Nebenflüssen und Verbindungskanälen vom Liger zur Stadt Lugdunum«, erklärte Valretrade.
»Und von Lugdunum?«
»Die Stadt liegt am großen Strom Rhodanus, auf dem Schiffe stromabwärts in wenigen Tagen das offene Meer erreichen können.«
»Rhodanus?« Fidelma musste lächeln. »Das ist ein gutes Omen, denn das bedeutet Große Danu. Danu war die Mutter aller heidnischen Götter unseres Landes.«
Valretrade schwieg. Sie wollte Fidelma beim weiteren Nachdenken nicht stören.
»Sind wir erst einmal auf dem Meer im Süden, dann sind wir verloren«, stellte Fidelma schließlich fest. »Der schwächste Punkt des
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