Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
türkischen Wali und seine Untergebenen. Diese Leute haben hier in den Bergen nicht die geringste Macht. Die Bergbewohner sind in die Stämme geteilt, welche ganz unabhängig sind – sowohl voneinander als auch von der türkischen Herrschaft. An der Spitze eines jeden Stammes geht ein Barjactar, welcher mit Hilfe einiger Dschobars und Dovrans den Stamm regiert. Alle an einer Privatperson begangenen Verbrechen werden nicht von dem Staat, sondern von dem Beschädigten und dessen Familiengliedern bestraft, weshalb ja hier die Blutrache noch heute in vollster Blüte steht. Übergebe ich einem solchen Barjactar die Rüstung, so bin ich sicher, daß er sie nicht unterschlagen wird, selbst wenn sie das Eigentum des Angehörigen eines andern Stammes ist.“
    „Und wo findet Ihr einen solchen Barjactar?“
    „Das werde ich gleich im nächsten Dorf erfahren. Übrigens brauche ich mir diese Mühe gar nicht zu geben. Ich werde mir schon hier den Namen des Besitzers nennen lassen.“
    „Von wem?“
    „Von dem Köhler. Er hat die Sachen versteckt und muß also wissen, wem sie abgenommen worden sind. Halef, Osco und Omar mögen ihn gleich einmal herbeiholen.“
    „Das geht nicht, Sihdi“, meinte der Hadschi.
    „Warum nicht?“
    „Weil ich doch das Feuerchen vor der Höhle angezündet habe. Wir können nicht hinein.“
    „So löschest du dieses Feuerchen wieder aus, mein Lieber.“
    „Gut! Aber später werde ich es wieder anzünden.“
    Die drei gingen und brachten nach einer Weile den Köhler herbeigetragen. Sie warfen ihn nicht eben sanft zu Boden, wobei er einen lauten Schrei ausstieß, wohl weniger wegen des Schmerzes, welchen diese unsanfte Behandlung ihm verursachte, als vielmehr vor Schreck über das, was er erblickte. Wir waren ja in seine Schatzkammer gedrungen. Er preßte die Zähne zusammen, so daß sie knirschten, und ließ einen wütenden Blick über uns und über die auf der Erde liegenden Gegenstände schweifen. Als dieser Blick dann an der offenen Grube haften blieb, ging ein eigentümliches Zucken über sein Gesicht, welches ich mir so deutete, daß die Grube noch irgend etwas enthalten müsse, was wir nicht gefunden hatten.
    „Ich habe dich zu uns bringen lassen“, sagte ich zu ihm, „um Auskunft über diese Gegenstände von dir zu erhalten. Wem haben sie gehört?“
    Er schwieg; auch auf eine Wiederholung meiner Frage gab er keine Antwort.
    „Legt ihn auf den Bauch und gebt ihm die Peitsche so lange, bis er spricht“, befahl ich.
    Er wurde augenblicklich in diese Lage gebracht, und Halef zog seine Peitsche. Als Scharka sah, daß es uns Ernst sei, rief er:
    „Halt! Ihr sollt es erfahren!“
    „So sprich, aber schnell!“
    „Diese Rüstung gehört mir.“
    „Kannst du das beweisen?“
    „Ja. Ich habe sie stets gehabt.“
    „Und du vergräbst sie? Ein rechtmäßiges Eigentum braucht man nicht zu verstecken.“
    „Wenn man so allein im Wald wohnt, muß man es tun, wenn man nicht will, daß die Diebe es sich holen.“
    „Diese Diebe sind ja deine Freunde; du hast sie nicht zu fürchten. Auf welche Weise bist du denn in den Besitz dieser Rüstung gekommen?“
    „Ich habe sie geerbt.“
    „Von deinen Vätern? Sollten die Vorfahren eines Kohlenbrenners einer so reichen und hervorragenden Familie angehört haben?“
    „Ja, meine Ahnen waren berühmte Helden. Von ihren Reichtümern ist leider nur die Rüstung auf mich gekommen.“
    „Andere Schätze hast du nicht?“
    „Nein.“
    „Wollen sehen!“
    Ich brannte einen neuen Span an und leuchtete in die Grube hinab. In einer Ecke da unten lagen zwei in Lumpen gewickelte Päckchen, welche unter dem Sack verborgen gewesen waren. Halef mußte hinabsteigen und sie uns heraufreichen. Er schüttelte sie – es klang wie Geld.
    „Sie sind schwer“, sagte er. „Ich denke, daß sie hübsche Piaster enthalten werden.“
    Der Köhler stieß einen grimmigen Fluch aus und rief:
    „Vergreift euch nicht an diesem Geld! Es ist mein Eigentum!“
    „Schweig!“ antwortete ich ihm. „Es kann dir unmöglich gehören, denn du hast soeben behauptet, außer der Rüstung keine weiteren Schätze zu besitzen.“
    „Habe ich etwa nötig, euch alles mitzuteilen?“
    „Nein; aber es wäre für dich geraten gewesen, aufrichtig zu sein. Deine Lügen beweisen doch nur, daß diese Sachen dir nicht gehören.“
    „Soll ich euch meine Habe zeigen, damit ihr sie mir rauben könnt?“
    „Wir sind ehrliche Leute und würden dir nicht einen Para nehmen, wenn wir überzeugt

Weitere Kostenlose Bücher