17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
wären, daß das Geld dir wirklich gehört. Übrigens kann es dir ganz gleichgültig sein, ob wir uns dieser Sachen bemächtigen oder nicht. Du wirst sie ja doch nicht mehr besitzen, denn deiner wartet jetzt der sichere Tod.“
Unterdessen waren die Lumpen aufgebunden und die Beutel geöffnet worden. Letztere bestanden aus Wildleder und waren mit einer schönen Perlenstickerei versehen, in deren Mitte wir auf beiden Beuteln den Namen ‚Stojko Wites‘ lasen. Es waren Buchstaben des russischen Alphabetes, dessen man sich auch in Serbien und in den an dasselbe grenzenden Bergländern bedient. Wites ist das deutsche Wort ‚Ritter‘. Es war leicht zu schließen, daß der Eigentümer dieses Geldes den Namen Wites trug, weil seine Ahnen Ritter gewesen waren. Aus ihrer Zeit stammte die Rüstung. Noch heute sieht man in jenen Gegenden zuweilen einen Ketten- oder Schuppenpanzer, welcher nur bei friedlich-festlichen Gelegenheiten getragen wird, weil er den heutigen Schußwaffen nicht widerstehen könnte.
„Kannst du lesen?“ fragte ich den Köhler.
„Nein“, antwortete er.
„Du heißt Scharka. Das ist dein Vorname. Wie aber lautet dein Familienname?“
„Visosch.“
„Und deine Ahnen haben ebenso geheißen?“
„Sie gehörten alle dieser berühmten Familie an, und ein Visosch hat auch den Panzer anfertigen lassen.“
„Das ist Lüge. Jetzt hast du dich gefangen. Diese Rüstung und dieses Geld gehört einem Mann, welcher Stojko Wites heißt. Willst du das leugnen?“
Er starrte mich in maßlosem Erstaunen an. Er hatte nicht gewußt, daß die Stickerei Buchstaben bildete, und konnte sich nun unmöglich erklären, wie ich auf diesen Namen gekommen sei.
„Du hast den Teufel!“ stieß er hervor.
„Und du fährst zum Teufel, wenn du mir nicht sofort sagst, wo dieser Stojko zu finden ist.“
„Ich kenne keinen Menschen, welcher diesen Namen führt, und die Sachen gehören mir. Ich kann das mit allen Eiden beschwören.“
„Nun, dann muß ich es dir freilich glauben, und wir haben also kein Recht, dich von diesem deinem Eigentum zu trennen. Es mag mit dir untergehen. Nimm es mit zu deinen berühmten Ahnen, welche sicherlich in der Dschehennah wohnen!“
Ich rollte das Pulverfäßchen in seine Nähe und zog den Stöpsel heraus. Dann schnitt ich mit dem Messer den unteren Saum von dem erwähnten Kaftan los und drehte denselben zu einer Schnur zusammen, deren eines Ende ich in das Faß steckte, während ich das andere Ende mittels des brennenden Spanes zum Glimmen brachte.
„Herr, was willst du tun?“ schrie er erschrocken.
„Dich mit dem Haus und allem, was es enthält, in die Luft sprengen. Kommt rasch fort, ihr andern, damit wir weit genug weg sind, um nicht von den Steinen getroffen zu werden.“
Ich tat, als ob ich wirklich gehen wollte, und die andern folgten mir. Die Lunte glimmte langsam, aber sicher weiter.
„Halt, halt!“ brüllte Scharka uns nach. „Das ist ja schrecklich! Habt Erbarmen!“
„Auch du hast kein Erbarmen für deine Opfer gehabt“, rief Halef ihm zurück. „Fahre zur Hölle! Wir wünschen dir schnelle Reise!“
„Kommt zurück, kommt zurück! Ich will alles sagen, alles! Nehmt die Lunte weg! Die Sachen gehören nicht mir.“
Ich hatte schon das Freie erreicht, kehrte nun aber schnell zurück, um zu fragen:
„Wem denn?“
„Eben diesem Stojko Wites, dessen Namen du vorhin nanntest. Nimm aber nur die Lunte weg!“
„Nur unter der Bedingung, daß du uns die Wahrheit mitteilst!“
„Ja, ja! Nur fort mit dem Feuer vom Pulver!“
„Schön! Ich kann die Lunte ja wieder anzünden. Halef, drücke die Funken aus! Aber ich sage dir, Scharka, wenn ich dich nochmals auf einer Lüge ertappe, so brennen wir die Zündschnur wieder an, und dann wird all dein Bitten vergeblich sein. Wir haben nicht Lust, mit uns spielen zu lassen. Also wo hast du das Geld und die Rüstung diesem Stojko abgenommen?“
„Hier.“
„Ah! Er war nicht allein, denn ohne Begleitung führt man in dieser Gegend keine solchen Schätze mit sich.“
„Sein Sohn war bei ihm und ein Diener.“
„Du hast sie getötet?“
„Den Alten nicht. Sie wehrten sich und zwangen uns, sie niederzuschießen.“
„So lebt also Stojko noch?“
„Ja.“
„Und wo?“
„Im Karaul bei Rugova.“
„Ich verstehe. Er soll gezwungen werden, Lösegeld zu zahlen?“
„Ja, der Schut will es haben. Wenn er es bekommt, darf ich diese Sachen für mich behalten.“
„Und wenn er es nicht bekommt?“
„So muß
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