170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo
„Dann werden Isolda und ich ihm nichts mehr bedeuten.“
Keelin schüttelte ungeduldig den Kopf. Jeder wusste doch, dass sie vorhatte, nach Kerry zurückzukehren. Wie dem auch sei, je länger sie sich mit dieser widerwärtigen alten Frau aufhielt, desto weiter entkam der Dieb – und mit ihm Ga Buidhe an Lamhaigh . Bei allen Heiligen, es ging ihr überhaupt nicht um die Brosche und den Dolch, sie musste zuallererst die Lanze wieder in ihren Besitz bringen.
„Sagt mir, was Ihr noch über diesen elenden Schurken wisst, der mich beraubt hat!“, rief Keelin und baute sich drohend vor der alten Zofe auf.
„Er sagte, dass es da einen Ort gäbe, ein altes Gehöft in einem Tal, westlich der Burg …“
Die Vision! In ihrer Vorahnung hatte Keelin eine Hütte gesehen. Es war ein verfallenes Gebäude aus Fachwerk, mit einem undichten, strohgedeckten Dach. Sie fragte sich, ob es ihr gelänge, diesen Ort ausfindig zu machen.
Die Zofe wusste nichts Wichtiges mehr zu berichten. Keelin schauderte bei der Boshaftigkeit, die von dieser Frau ausging. Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen und wandte sich dann von Beatrice ab, da sie Marcus unten in der Großen Halle suchen wollte. Deshalb sah sie nicht mehr, dass die Augen der Zofe gefährlich funkelten.
Es schien, als hätten die Komödianten gerade ihren Mummenschanz beendet, denn nun saßen sie schwatzend beieinander, während die Spielleute die Instrumente zur Hand nahmen und eher halbherzig eine Melodie anstimmten. Einige der Gäste tanzten noch, andere bereiteten in der Nähe des Feuers Schlaflager, um die übermüdeten Kinder zu Bett zu bringen. Baron Selby und seine Angehörigen waren nicht zu sehen, und so nahm Keelin an, dass die erlauchten Besucher sich bereits zurückgezogen hatten.
Weder Marcus noch seine Ritter waren in der Großen Halle.
Keelin war äußerst beunruhigt und wandte sich an mehrere Diener, um zu fragen, ob sie Lord Wrexton gesehen hätten, doch niemand konnte ihr eine Auskunft geben. Sie überlegte verzweifelt, wohin er mit seinen treuen Gefährten gegangen sein mochte.
Als sie schließlich einen Kammerdiener fand, der mehr als die anderen wusste, erfuhr sie, dass Marcus und seine Ritter wegen eines Unglücks zu den Jagdfalken gelaufen seien. Keelin machte sich Sorgen, was dort vorgefallen sein mochte, eilte zurück in ihre Kammer, zog sich wärmere Kleidung an und hüllte sich in ihren Umhang.
Dann lief sie in den Burghof, traf dort jedoch weder auf Marcus noch seine Ritter, obgleich sie sah, dass mehrere Leute in dem Gebäude der Greifvögel beschäftigt waren.
Was sollte sie nun tun? Sie lief zu Tür des Falknerraumes.
„Ach, Gerald!“, rief sie bestürzt, als man sie in das Gebäude ließ. Sie sah die Unordnung in dem Raum und bemerkte die Wunde am Kopf des Falkners. „Bei allen Heiligen! Was ist hier geschehen?“
„Diebe, Mylady“, antwortete Gerald, als Keelin dem Falkner vorsichtig das blutrote Leinentuch von der Stirn nahm, das er bislang gegen die klaffende Wunde gepresst hatte. „Sie haben Guinevere und Cleo mitgenommen und eine Anzahl kleinerer Falken …“
„Oh nein …“ Verzweifelt und kraftlos sank sie neben Gerald auf eine Bank. Marcus war gewiss am Boden zerstört über den Verlust seiner wertvollen Tiere. Wenn die Diebe nicht nur auf eine wertvolle Beute aus gewesen waren, sondern obendrein bewusst beabsichtigt hatten, den Grafen empfindlich zu treffen, hätte ihre Wahl nicht besser ausfallen können.
War Ga Buidhe an Lamhaigh vielleicht von denselben Dieben entwendet worden? Keelin hielt es für wahrscheinlich. Denn nicht alle Fremden, die sich im Bergfried aufhielten, waren Schurken. Die meisten waren ehrliche Leute, die mit ihren Familien in der Burg Schutz gesucht hatten und sich im Augenblick im Rittersaal schlafen legten.
Entsetzt schüttelte sie den Kopf. Wenn derselbe Mann, der in ihre Kammer eingedrungen war, für das Unglück bei den Jagdvögeln verantwortlich war, hatte er seine Vorgehensweise auffallend verändert.
Wie auch immer, sie brannte darauf zu handeln, mochten auch mehrere Diebe zugeschlagen haben. Sie, Keelin O’Shea, war die Hüterin der Heiligen Lanze. Ga Buidhe an Lamhaigh war fort, genau wie die übrigen Wertsachen und Marcus’ kostbare Vögel.
Hier konnte sie nichts mehr tun. Keelin sah sofort, dass die Wunde an Geralds Stirn nicht genäht werden musste, und darüber hinaus waren bereits mehrere Männer damit beschäftigt, das Durcheinander aufzuräumen.
Im Augenblick
Weitere Kostenlose Bücher