170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo
befürchtet, sich den Kriegern in einem Kampf stellen zu müssen. Nun jedoch stand sie wie erstarrt in der Hütte. Sie war kaum noch in der Lage, sich zu bewegen oder ihren Onkel in Sicherheit zu bringen. Keelin wusste, dass sie, die Tochter des Eocaidh O’Shea, in der Falle saß.
„Hörst du die Stimmen, mein Mädchen?“
Sie nickte bloß und hatte ganz vergessen, dass Tiarnan sie nicht sehen konnte.
Zumindest entdecken sie Ga Buidhe an Lamhaigh nicht, dachte sie. Die Lanze ruhte wieder in dem Versteck, und niemand sollte je von Keelin erfahren, wo sie zu finden war. Wenn das Heiligtum jetzt in die Hände der Mageeans fiel, stand das größte Unheil bevor.
Marcus wollte sich in diesen Stunden keinesfalls von seinem unbändigen Zorn leiten lassen, obgleich das Verlangen beinahe übermächtig war, zusammen mit Kirkham und dessen Mannen die Barbaren im Wald zur Strecke zu bringen. Aber es war seine Pflicht, sich zuallererst um das Wohlergehen des jungen Adam zu kümmern. Behutsam trug er seinen Vetter den Hügel hinab. Die kleine Hütte lag weiter weg, als er gedacht hatte, doch vielleicht kam es ihm auch nur so vor, da er den verletzten Jungen in seinen Armen trug. Seine Gedanken waren einzig und allein darauf gerichtet, ihn in Sicherheit zu bringen und seine Wunde zu versorgen. Jeder andere Gedanke an den schrecklichen Vorfall im Wald würde nur erneut seinen tiefen Schmerz aufwühlen.
Vier seiner Männer waren tot, zwei weitere ernsthaft verletzt. Die anderen hatten kleinere Wunden davongetragen. Einige Längen hinter Marcus trugen die Männer aus Wrexton, die weitgehend unversehrt geblieben waren, den toten Grafen und die anderen gefallenen Krieger.
Warum hat man uns angegriffen?, fragte sich Marcus immer wieder. Er konnte sich nicht erklären, warum sich eine Horde fremder Krieger auf englischem Boden aufhielt und eine friedliche Reiterschar überfiel. All das ergab keinen Sinn.
Es war ein Glücksfall gewesen, dass Nicholas Hawken, der Marquis Kirkham, mit seinen Getreuen aufgetaucht war und die wilde Horde in die Flucht geschlagen hatte. Mochte der Marquis auch großspurig und anmaßend sein, so wusste Marcus doch, dass er sich bei Gefahr stets auf seinen Nachbarn verlassen durfte. Ohne Hawkens beherztes Eingreifen wäre die kleine Reiterschar aus Wrexton völlig aufgerieben worden.
Einer der Ritter klopfte an die Tür der kleinen Hütte. Eine junge Frau öffnete, blieb jedoch im Schatten des Eingangs stehen. Marcus trug Adam in den düsteren Raum und bettete den Jungen mit Hilfe eines Ritters behutsam auf eine Schlafstatt. An der gegenüberliegenden Wand ruhte ein alter Mann mit weißem Bart schweigend auf einem Strohlager.
„Ich brauche heißes Wasser“, sagte Marcus, als er sein Messer hervorholte. Dann begann er, das gefütterte Wams des Jungen aufzutrennen. „Und saubere Tücher. Edward, nehmt seine Arme. Roger, haltet seine Beine fest, während ich den Pfeil herausziehe.“
Keelin bedauerte den armen Jungen, dessen Körper von einem Pfeil durchbohrt war, dankte jedoch dem Allmächtigen, dass es nicht Mageeans Horde war, die vor der Hütte aufgetaucht war. Sie spürte zwar, dass die Söldner in der Nähe sein mussten, aber es bestand keine unmittelbare Gefahr.
Keelin stand neben Tiarnans Lager und sah schweigend zu, wie der englische Edelmann sich um den Jungen kümmerte und Anweisungen gab. Der Mann war groß, er hatte beim Betreten der Hütte sogar den Kopf einziehen müssen. Selbst als er neben dem verwundeten Jungen kniete, schien es, als ob seine Gestalt die Hälfte der Behausung einnahm.
Mit geschickten Fingern löste der Mann seinen Umhang, und einer seiner Gefährten half ihm beim Ablegen des schweren Kettenhemdes, sodass seine breiten Schultern nur noch von einem schweißgetränkten, fein verzierten weißen Leinenhemd bedeckt waren. Er schob die Ärmel hoch und beugte sich über den Verwundeten, wobei Keelin die kräftigen Unterarme nicht verborgen blieben. Dann bekreuzigte er sich in stillem Gebet und sprach leise zu dem bewusstlosen Jüngling.
„Was ich jetzt machen muss, mein Junge, fällt mir schwer“, sagte er mit fester Stimme, „aber wir haben keine andere Wahl. Du musst sehr tapfer sein.“ Und dann sprach er leise zu sich: „Genau wie ich.“
Keelin war mit dem Herzen bei diesem Mann, der so erschüttert wirkte. Die Ankömmlinge waren jene Engländer, die sie an diesem Morgen in ihrer Vision gesehen hatte, und wenn sie auch nicht ihre Gesichter wiedererkannte,
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