1701 - Templer-Mirakel
zweitausend Jahre zurücklag, allerdings bei den Kreuzzügen wieder ans Tageslicht geholt worden war.
Es ging um eine Gruppe von Männern, die sich die Hüter der Apokalypse nannten und einem Extrakt nachjagten, der wie Blut sein sollte, aber keines war. Woher diese Flüssigkeit genau stammte, hatte mir Alvarez nicht sagen können, aber er hatte die richtige Spur gefunden. Leider war er dann vor der Kirche, in der wir uns getroffen hatten, erstochen worden. Und zwar von einem Komplizen des Mannes, der jetzt vor mir stand. [1]
Ich wusste nicht viel, aber mir war bekannt, dass die Templer eine Rolle spielten, und deshalb hatte ich mich auch mit meinem Freund Godwin de Salier in Verbindung gesetzt, ihn jedoch nicht erreichen können, was bei mir mehr als ein ungutes Gefühl hinterlassen hatte.
Zudem musste ich meinen Frust hinzuzählen. Ich war an einem toten Punkt angelangt. Bis es eben zu diesem Treffen zwischen Aubry und mir gekommen war und ich seinen Vorschlag gehört hatte.
Noch standen wir uns gegenüber. Ich hatte noch immer nicht erfahren, warum wir zu dieser Templer-Kirche fahren sollten, in der ich die Gräber gefallener Templer finden würde. Ich wusste genau, wie die Kirche aussah, obwohl ich lange nicht mehr dort gewesen war. Und jetzt sollte ich wieder hin.
War es eine Falle?
Es gehörte zu meinem Beruf, dass ich immer darauf gefasst sein musste. Auch jetzt steckte ich voller Misstrauen. Mein Gegenüber schien meine Gedanken zu erraten, denn er sagte zu mir: »Es ist keine Falle, ich will Ihnen nur helfen. Ihnen ganz allein, verstehen Sie?«
»Aber Sie sind auf der anderen Seite. Wie kommen Sie dazu, mir helfen zu wollen?«
»Das ist allein meine Sache. Ich habe meinen Mini in der Nähe geparkt. Wir können sofort hingehen, einsteigen und wegfahren. Es bringt Ihnen nichts, wenn Sie mich verhaften. Es ist Ihre einzige Chance, Sinclair. Wenn Sie die nicht nutzen, stehen Sie im Regen.«
Das wollte ich auch nicht, und ich hatte mittlerweile den Eindruck, dass Aubry es ehrlich meinte.
Deshalb nickte ich und sagte: »Gut, fahren wir …«
***
Die Fahrt verlief zunächst schweigend. Hin und wieder warf mir Jacques Aubry einen Blick zu. Dann sah er so aus, als wollte er im nächsten Moment eine Frage stellen, überlegte es sich jedes Mal anders und hielt den Mund.
Schließlich war ich es, der ihn ansprach. »Kennen Sie die Kirche genauer?«
Er nickte nur.
Das war mir zu wenig, denn ich fragte: »Und weiter? Was halten Sie von ihr?«
»Sie ist sehr interessant.«
Diese Antwort hätte jeder geben können. Ich präzisierte sie. »Diese Kirche ist nicht nur sehr alt, sie ist auch eine Begräbnisstätte für Templer. Und nicht nur für rechtschaffene.«
»Ist mir bekannt.«
»Gehören Sie zu den Templern? Man weiß ja, dass sich der Orden bis heute gehalten hat.«
»Nein.«
»Wer sind Sie dann?«
Er schüttelte ärgerlich den Kopf. »Seien Sie froh, dass ich an Ihrer Seite bin und Sie führe.«
»Darüber freue ich mich auch. Allerdings frage ich mich, was Sie, einen Mörder, dazu gebracht hat, mit einem Polizisten in ein Boot zu steigen, wo Sie doch damit rechnen mussten, festgenommen zu werden. Darüber muss ich weiterhin nachdenken.«
Es erfolgte keine Antwort. Allerdings hatte ich mich getäuscht, denn nach einer Weile sprach er doch.
»Es gibt manchmal Dinge im Leben, die sind wichtiger als ein Menschenleben.«
»Sorry, aber da komme ich nicht ganz mit. Ich weiß nicht, was das bedeuten soll. So habe ich nie gedacht, denn bei mir steht ein Menschenleben immer an erster Stelle.«
»Kann sein. Menschen haben eben verschiedene Moralvorstellungen. Ich habe meine auch, und davon profitieren Sie.«
»Wieso denn das?«
Aubry gab noch keine Antwort. Außerdem mussten wir anhalten, um einen Notarztwagen vorbeizulassen, der mit heulender Sirene über die Straße jagte.
Als wir angefahren waren, gab er die Antwort auf meine Frage. »Was ich getan habe, das ist Verrat.«
»Ach …«
»Ja, Sinclair, ich bin ein Verräter. Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen, aber es stimmt. Ich habe jemanden verraten.«
»Und wen?«
»Das werden Sie noch herausfinden.«
»Gut. Ich bin damit einverstanden, frage mich allerdings, warum Sie jemanden verraten haben.«
»Das ist meine Sache.«
»Mag sein. Oder sind Sie zu einer Einsicht gekommen?«
»Vielleicht.«
Ich sagte noch einen Satz und glaubte nicht daran, dass ich eine Antwort erhalten würde. »Könnte es sein, dass Sie etwas wieder
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