1706 - Kibb
zu zeigen, daß sie auf die Gefühle der Galaktiker Rücksicht nehmen wolle. Aber das gelang ihr nicht so recht. Ihre Haltung wirkte nicht aufrichtig, die zur Schau gestellte Anteilnahme geschauspielert.
„Gib dir keine Mühe, Mitgefühl zu heucheln", sagte Atlan zu ihrem Empfang. „Wir wissen, daß dir der Tod der fünfhundert Männer und Frauen nicht nahegeht. Du stehst mit dem Tod auf du und du, du hast ihn tausendfach gesät. Erspar uns also diesen peinlichen Auftritt. In meinen Augen bist du ohnehin nur eine Mörderin, mehr nicht."
Moira erwiderte irgend etwas in ihrer Muttersprache. Sie sagte es in seltsam verklärtem und irgendwie tröstend klingendem Ton. Da Atlan und Rhodan im Moment keine Translatoren bei sich hatten, die mit dem Aylos, der Sprache der Ayindi, gespeichert waren, bekamen sie Moiras Worte nicht übersetzt.
„Was war das eben?" erkundigte sich Atlan. „Was hast du gesagt?"
„Ich habe nichts gesagt", erklärte Moira voll unschuldiger Überzeugung.
Atlan winkte ab.
„Nun, ich nehme an, es handelte sich wohl nur um irgendwelchen scheinheiligen Schmus."
„Du tust Moira unrecht, Arkonide". sagte die Ayindi mit immer noch gesenktem Haupt.
Während des Sprechens ließ sie sich auf die Knie sinken, um sich der Größe der beiden Galaktiker anzupassen. Sie sah kurz zu Rhodan hinüber. Dann fuhr sie fort: „Es ist nur so, daß Moira keine ist, die in Sachen Kondolenz geübt ist. Es stimmt, daß Moira früher, während ihrer Jagden durchs Parresum das Leben nicht viel bedeutete. Eure Seite des Universums ist so voll davon, sie bietet es im Übermaß und in unzähligen Variationen. Man begegnet ihm auf Schritt und Tritt, und selbst wenn man es pflückt und knickt, wird es nicht dezimiert. Es vermehrt sich uferlos und wuchert förmlich weiter. Moira konnte wildern und ihre Galerie der Erinnerung bedenkenlos mit Trophäen des Lebens füllen."
Moira machte eine kurze Pause, bevor sie in geändertem, ernsterem Tonfall fortfuhr: „Doch diese Einstellung hat sich mit der Rückkehr zu ihrem Volk geändert. Denn während das Parresum vor vielfältigem Leben überquillt, ist das Arresum so arm an diesem so kostbaren Stoff. Die Ayindi sind die einzige bekannte intelligente Lebensform auf dieser Seite des Universums. Und diese wird von der Abruse in ihrer Existenz bedroht. Diese Erkenntnis hat Moira gewandelt. Seit diesem Augenblick ordnet sie dem Leben den richtigen Stellenwert als höchstes und kostbarstes Gut des Universums zu. Der Tod der Galaktiker von der ODIN tut Moira leid. Sie macht sich auch Selbstvorwürfe, daß sie ihn nicht verhindern konnte. Aber andererseits wäre es ungerecht, sie dafür verantwortlich zu machen. Tatsächlich hatte Moira keine Chance, das Unglück abzuwenden."
Atlan wandte sich schnaubend ab und verdrehte die Augen.
Rhodan hob abwehrend die Hände und sagte: „Schon gut, Moira. Wir akzeptieren deine Erklärung, auch wenn die Begründung für deine Schuldlosigkeit nicht ganz einleuchtend ist.
Immerhin hast du von Anfang an gewußt, daß Galaktiker im Arresum nur kurzfristig überleben können. Darauf hättest du uns und die Mannschaft der ODIN vor der Flucht hinweisen müssen."
„Die Sache liegt etwas anders", erwiderte Moira. „Zu diesem Zeitpunkt wußte Moira nicht alles, worüber sie jetzt informiert ist.
Moira hätte euch ebensogut über die Abruse und ihre lebensfeindlichen kristallinen Strukturen aufklären müssen. Aber das kam ihr einfach nicht in den Sinn. Das Wissen darüber lag für Moira gewissermaßen hinter einem Nebel des Vergessens. Die Erinnerung strömte ihr nur allmählich und bruchstückhaft zu. Das hängt mit Moiras Erinnerungslücken zusammen, die sie euch nie so recht eingestanden hat."
Atlan betrachtete die Ayindi mißtrauisch. Er hatte schon von dem Zeitpunkt an, als sie ins Arresum verschla gen wurden, den Eindruck gehabt, daß irgend etwas mit Moira nicht mehr stimmte. Sie schien gelegentlich verwirrt und von Gegebenheiten überrascht, die ihr eigentlich hätten vertraut sein müssen.
Später hatte Atlan dies auf Erinne rungslücken zurückgeführt. Das war eine plausible Erklärung. Aber nun sah es so aus, daß Moira diese Gedächtnislücken als Ausrede benutzte, um sich von jeglicher Schuld reinzuwaschen.
„Machst du dieses Geständnis nicht nur, weil es dir in dieser Situation gerade in den Kram paßt, Moira?" fragte Atlan.
Moiras Kopf fuhr ruckartig hoch. Ihre violetten Augen richteten sich durchbohrend auf den
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