1710 - Im Bann der schönen Keltin
es sie gedanklich beschäftigen würde, was sie ganz und gar nicht gebrauchen konnte.
Sie musste einem Job nachgehen, und der war nicht einfach. Er verlangte ihre volle Konzentration, da konnte sie keine Ablenkung gebrauchen. Schon gar nicht am nächsten Tag, wenn sie vor Gericht stand und jemanden verteidigen musste. Da konnte sie sich keinen Fehler erlauben.
Es war sogar ein wichtiger Prozess, und sie wusste, dass er all ihre Konzentration verlangte. Wenn ihr stets das in den Sinn kam, was sie geträumt hatte, war das für ihren Job eine Katastrophe.
»Mein Gott, was ist nur mit mir los?«, fragte sie flüsternd und versuchte die Augen zu schließen und zu schlafen.
Es gelang ihr nicht sofort. Erst weit nach Mitternacht schlief sie ein, aber es war alles andere als ein ruhiger Schlaf, weil Birgitta ahnte, dass das nächtliche Erlebnis erst der Anfang war …
***
Die Staatsanwältin Purdy Prentiss saß in ihrem Büro und schaute noch mal den Aktenstapel durch, den man ihr auf den Schreibtisch gelegt hatte. Es war einer dieser Fälle, die sie nicht mochte, die sie trotzdem durchziehen musste.
Angeklagt war ein gewisser Stuart Gorman. Ein Mann, der eine große Nummer im Autogeschäft werden wollte. Allerdings nicht auf dem legalen Weg, sondern auf einem, der illegal war, denn Gorman ließ die edlen Karossen stehlen und verkaufte sie in alle Welt. Länder wie China standen hoch oben im Kurs. Auch der Orient war vertreten und natürlich der Ostblock.
Eine Sonderkommission hatte sich über ein Jahr lang mit Gorman beschäftigt und ihm nach vielen Mühen etwas nachweisen können. Die Männer hatten es auch geschafft, ihn an der Flucht zu hindern. Er war sogar aus einer startbereiten Maschine geholt worden.
Und nun stand er vor Gericht, ihm wurde der Prozess gemacht, der sich lange hinziehen würde, das wusste Purdy Prentiss. Die andere Seite war finanziell gut bestückt und würde die besten Anwälte aufbieten. Die Kanzlei, die Stuart Gorman vertrat, hatte in der Branche sogar einen guten Namen. Sie galt als seriös, und Purdy fragte sich, warum sich die Leute gerade um diesen Verbrecher kümmerten, bei dem die Beweislast schon erdrückend war.
Sie wusste es nicht, es war ihr letztendlich auch egal, und so wartete sie auf den Prozessbeginn, der für zehn Uhr morgens angesetzt war. Sie ging davon aus, dass er bereits spätestens nach einer Stunde unterbrochen werden würde, dafür würden schon die Anwälte der Gegenseite sorgen.
Man kannte sich in Juristenkreisen, und so wusste Purdy Prentiss auch, wer diesen Gorman verteidigte. Die Kanzlei würde mindestens zwei Vertreter schicken, wenn nicht noch mehr.
Ein Mitglied der Kanzlei kannte sie gut. Sie waren sich öfter auf beruflicher Ebene begegnet, hatten aber auch hin und wieder mal ein Glas zusammen getrunken.
Die Anwältin hieß Birgitta Quayle, und Purdy hatte schon längst mit ihr wegen des neuen Falls Kontakt aufgenommen. Dabei hatte sich Birgitta sehr kooperativ gezeigt und einem Treffen kurz vor dem Prozess zugestimmt.
Es sollte um neun Uhr stattfinden. Birgitta wollte zu Purdy ins Büro kommen, wahrscheinlich mit der Absicht, die Möglichkeit eines Deals auszuloten.
Jetzt war die Zeit erreicht. Purdy schaute auf die Uhr und sah, dass sich Birgitta bereits um zehn Minuten verspätet hatte. Das wunderte sie, denn so etwas war nicht ihre Art.
Hatte sie das Treffen vergessen? Daran wollte die Staatsanwältin nicht glauben. Es musste ihr etwas dazwischen gekommen sein. Aber dann hätte sie zumindest anrufen können.
Drei Minuten nach diesen Gedanken klopfte es an der Tür, und Birgitta Quayle trat ein. Sie trug einen braunen Ledermantel, der innen gefüttert war, und darunter das übliche Businesskostüm aus grauem Stoff.
»Entschuldige, Purdy, aber ich habe verschlafen.«
Die beiden Frauen kannten sich so gut, dass sie sich duzten. Man hätte sie sogar für Schwestern halten können, denn beide waren ungefähr gleich alt und auch in der Haarfarbe glichen sie sich. Purdy Prentiss trug ihr Haar halblang und glatt, sodass es manchmal an einen Helm erinnerte.
Birgitta Quayles Haar ließ sich nur schlecht bändigen. Man konnte es schon als einen Wildwuchs bezeichnen, der bis zu den Schultern reichte.
»Kein Problem, das passiert mir auch schon mal.«
»Aber mir ist es peinlich.«
»Macht nichts.« Purdy stand auf, als die Anwältin ihren Mantel ablegte. Sie begrüßten sich mit einer kurzen Umarmung, dann nahm Birgitta auf dem Besucherstuhl
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